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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Creutz, Max: Eine Kölner Schnitzerschule des XI. und XII. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0101

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1910. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.

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beziehungen auf Werden und Köln, wie denn
auch die zuletzt genannte Darmstädter Gruppe
auf Köln als Herkunftsort zurückgeht. Otto
von Falke13) hat hier den Zusammenhang her-
vorgehoben, der zwischen diesen primitiven
Schnitzereien und den fortgeschrittenen Figuren
an den Kölner Kuppelreliquiaren aus der
Pantaleonswerkstatt des Fredericus im Weifen-
schatz in Wien und im South-Kensington-
Museum besteht. Beide Gruppen entwickeln
sich in unmittelbarem Zusammenhange auch
mit den Werkstattarbeiten des Eilbertus und
Fredericus. Der Vorgang ist wohl so zu
denken, daß die überlegene Rogeruswerk-
statt, die ihre Anregung von Köln und
Werden empfangen hatte, anderseits auf
Köln wieder ihren Einfluß ausübte. So
ist die zackige Orna-
mentik des Fredericus
aus der Rogerusorna-
mentik zu erklären.
Auch die vollendeten
Bronzefiguren des
Annoschreines stehen
mit dieser Gruppe
noch im Zusammen-
hang.

In einer anderen
Richtung noch hat
das Elfenbeinatelier
des Rogerus weiter-
gearbeitet. In der
Sammlung Schnütgen befindet sich eine Tafel
mit Apostelfiguren aus Osnabrück, u). die
in derber niedersächsischer Auffassung an
Werke wie die Elfenbeintafel im Essener
Domschatze und das Kreuz im Kunstgewerbe-
museum in Frankfurt anknüpfen.15) Ein ver-
wandter Stil dieser Gruppe findet sich wieder
auf zwei kleinen Reliquienkästen im Dom zu
Hildesheim mit HalbfigurenI5) Christi, der
Apostel und Engel. Hierhin gehören auch
die Schnitzereien auf den Paderborner Buch-
deckeln des Trierer Domes. Auf einem Reli-
quienkasten der Schloßkirche zu Quedlinburg
kehrt dieser Stil dann in einer Reihe von
Apostelfiguren stark vergröbert wieder. —

") v. Falke, »Deutsche Schmelzarbeiten«, S. 33.

'*) Vgl. d. Verf., ,,Ein Reliquienschreinchen aus
dem Anfang des XI. Jahrh.", »Zeitschr. für christl.
Kunstt, 1909, S. 217.

15) Vgl. die Figuren der Seligpreisungen in der
Michaeliskirche in Hildesheim.

Abb. 6. Apostelfiguren im Dome zu Trier.

Die Kölner Schnitzerschule zeigt also ihre
Anfänge in Anlehnung an karolingisch-otto-
nische Traditionen in den Elfenbeinen von
Essen, St. Maria Lyskirchen und Darmstadt,
setzt sich einerseits fort, in Wechselbeziehung
zu einem Lütticher Atelier, in den fein-
gearbeiteten Figuren der Kuppelreliquiare von
Wien und London, vergröbert sich anderseits
durch einen derberen sächsischen Einschlag
der Rogeruswerkstatt zu dem Elfenbein des
South-Kensington-Museums16) und den vier
hier abgebildeten Elfenbeinen. Die Gruppe
dieser Kölner Arbeiten ist von um so
größerer Bedeutung, als ein starker Zusammen-
hang mit der rheinischen Monumentalplastik
in ihrer allerdings weiter fortgeschrittenen
Entwicklung besteht.

Völlig identisch
mit den stehenden
Apostelfiguren des
Kuppelreliquiars im
Weifenschatz aus der
Pantaleonswerkstatt
des Fredericus sind
die Apostelfiguren
des Trierer Domes
(Abb. 6) in der Art
der Kopf bildung und
der einheitlich her-
unterfließenden Ge-
wandung.

Mit der derberen
Schnitzerschule sind verwandt die Figuren des
Tympanonreliefs von St. Cäcilien in Köln,17) wo
der Engel über dem Haupte der hl. Cäcilia fast
kopiert ist von einem der Elfenbeine in London
(Abb. 2u. 4). Diesem Zusammenhange entspricht
auch der allerdings fortgeschrittene Gewandstil
des Cäcilientympanons. Von gleichem Meister
wie das letztere sind dann die Reliefs von
Gustorf und ein Relief mit Christus und vier
Heiligen im Wallraf-Richartz-Museum zu
Köln. Weiterhin gehört hierher die Grab-
platte der hl. Plektrudis in der Krypta von
St. Maria im Kapitol, die Werke von Brau-
weiler und Oberpleis u. a., eine Gruppe, die
an anderer Stelle behandelt werden soll.

Köln.

Max Creutz.

") Abb. »Zeitschr. für chtistl. Kunst«, 1908, Nr. 8,
Abb. 7.

") Abb. bei Renard, Köln, Fig. 58.
 
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