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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Beissel, Stephan: Wandgemälde katholischer Kirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0109

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153

1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 5.

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Wandgemälde katholischer Kirchen.

ie heute so sehr gesteigerte Zahl
der Maler und ihr Verlangen nach
künstlerischer Betätigung ruft im-
mer lauter den Wunsch wach, die
Wände der Kirchen mit Bildern zu verzieren.
Man kann vom kirchlichen Standpunkte dieses
Drängen nur als ein erfreuliches bezeichnen,
vorausgesetzt, daß die Leistungen zur Be-
lehrung und Erbauung des christlichen Volkes
und zum würdigen Schmucke des Gotteshauses
dienen. Die Geldmittel werden nicht fehlen,
wo immer das religiöse Leben im Besuche
des kirchlichen Gottesdienstes kräftig aufblüht.
Ein großes Hindernis steht jedoch der Aus-
malung der Kirchen in Deutschland entgegen:
das Klima. Wie im Morgenlande haben auch
in Italien Wandmalereien sich durch viele
Jahrhunderte trefflieh erhalten. Man erinnere
sich nur an die Malereien in S. Angelo in
Formis, zu Subiaco, Assisi und Padua, Florenz
und Rom. Bei uns in Deutschland ist ver-
hältnismäßig wenig bis auf unsere Zeit ge-
rettet worden. Den Versuchen der letzten
fünfzig Jahre in einer Reihe kölnischer Kirchen,
zu Trier in der Liebfrauenkirche, zu Aachen
im Kaisersaal von Rethel und Kleinertz, sowie
in der Marienkirche von Steinle und an vielen
andern Orten sind schlimme Erfahrungen fast
auf den Fuß gefolgt, die bald zu Erneuerungen
zwangen. Unter diesen Umständen ist es
angezeigt, wiederum auf die Verordnung hin-
zuweisen, welche schon 1662 von einem Kölner
Konzil erlassen wurde1). Dasselbe hebt her-
vor, die Erfahrung habe gelehrt, die auf ver-
putzte Wände gemalten Bilder seien bald
schadhaft geworden. Man solle also nur auf
jene Wände unmittelbar die Gemälde auf-
tragen, welche aus naturwüchsigen und ge-
glätteten Steinen aufgeführt seien. Wände, die
ausZeigelsteinenhergestelltundmiteinerstarken
Putzschichte bedeckt seien, möge man mit einem
gewebten Stoff oder mit geglätteten Brettern
bedecken und auf letzern die Bilder ausführen.

1) Concilia Germaniae, ed. Hartzheim et Scholl, IX,
Coloniae 1771, 95R, Titulus IX, c. 3, § I Licet in
muro ex vivo politoque lapide extructo sacrae possint
historiae exprimi, non tarnen in muro vel pariete argilla
vel cake incrustalo; ejusmodi enim incrustatio facile
decidit et pictas deformat imagines. Suademus autem,
ut paries aut murus hujusmodi tela linea tabulisve politis
artificioseque compactis tegatur et sie picturis exorneiur.

Dem hier ausgesprochenen Rat ist um jene
Zeit in allen jenen weltlichen und kirchlichen
Bauten entsprochen worden, in denen Ge-
mälde in Umrahmungen von Stuck einge-
lassen sind. Ja auch die Tapeten aus ge-
webten Stoffen, aus Leder und zuletzt aus
Papier sind Ersatzmittel für Malereien, die
ehedem unmittelbar auf die Wand aufgetragen
wurden.

Es ist klar, daß farbige Behandlung der
eigentlichen Wand monumentaler ist. Man
könnte jedoch aus der Art wie im XVII. und
XVIII. Jahrh. Gobelins, Gemälde und Teppiche
mit der Wandbekleidung aus Stuck oder Holz
zu einem schönen Ganzen verschmolzen sind,
lernen wie auch in gotischen und romanischen
Kirchen auf Leinewand, Holz oder Metall
aufgetragene Gemälde mit ihrem Rahmen und
mit ihrer Umgebung künstlerisch zu vereinen
sind. Auch die Art, wie die alten Meister
Malereien im Kölner Dome auf den Chor-
wänden angebracht haben, zeigt, wie man
größere Stücke von Leinewand oder Holz,
Kupfer oder Zink stilgerecht umrahmen und in
die Architektur eingliedern kann. Weiterhin
geben die Umrahmungen vieler Reliefs gute
Fingerzeige, ebenso manche Glasgemälde.

Wo romanische Bauten über den untern
Arkaden in Rundbogen geschlossene flache
Nischen haben, wird es für den Maler be-
quemer sein, sein Bild auf Leinewand zu
vollenden und dort einzulassen. Diese Methode
wird sogar in vielen Fällen billiger, weil man
die Ausgabe für Gerüste erspart und mit ein
paar Leitern auskommt.

Die von dem Kölner Konzil empfohlene
Ausstattung der Wände dürfte auch bei Restau-
rationen weit öfter Anwendung verdienen, als
bis dahin geschehen ist. Viele wertvolle Reste
sind in dem letztverflossenen Jahrhundert auf-
gedeckt, restauriert, und, weil die Restaurations-
arbeit nicht hielt, zum zweiten und dritten
Male übermalt. Hoffentlich wird dieser neue
Hinweis auch das Dekret des Kölner Konzils
einen geschulten Kirchenmaler veranlassen,
seine Erfahrungen mitzuteilen. — Es ist ja
für weite Kreise wichtig, für Malereien Platz
in den Kirchen zu finden oder zu schaffen,
aber auch zu verhüten, daß große Summen
aufgewendet werden zu einer malerischen Aus-
 
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