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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Schippers, Adalbert: Eine viel genannte falsch gelesene Inschrift
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0140

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195

1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

196

Eine viel genannte falsch gelesene Inschrift.

(Mit 3 Abbildungen.)

llen Kennern rheinischer Kunst-
denkmäler des Mittelalters ist die
interessante Szene bekannt, die
Laacher Steinmetze des XIII. Jahrh.
in das lebensvolle und bilderreiche Bandfries
links am Portal des Paradieses der Abteikirche zu
Maria-Laach verwoben haben. Da sitzt auf den
Ranken des Laubwerkes ein struppiges Teufel-
chen mit Schwanz und Pferdefuß (26 cm hoch),
eine Schriftrolle über den Knieen und einen Stift
in der Hand, die Augen auf das einströmende

Peccata bald Rom, bald Romae, bald
Roma (na) gelesen und von den meisten auf
den Streit zwischen Philipp von Schwaben und
Otto IV. um die deutsche Kaiserkrone zu
Beginn des XIII. Jahrh. bezogen worden. Eine
genaue Untersuchung des Originals hat nun
zu dem überraschenden Ergebnis geführt, daß
die beiden ersten Silben des zweiten Wortes,
wohl infolge ungünstiger Lichtwirkungen, falsch
gelesen und die letzte Silbe, die der Schreib-
stift von den anderen trennt, übersehen worden

Abb. l.

Volk gerichtet. (Abb. 1.) Die auf dieser
Schriftrolle in schönen Unzialbuchstaben ein-
gemeißelten Worte sind von Caumont, l),
Wegeier2), Schnaase3), Bock4), Auber5),
Lehfeldt6), Kraus7), und Richter8) für

VIH, 558, Paris 1842,

*) »Bulletin monumental
mit Berufung auf Scbnaase.

s) Das „Kloster Laach", S. 87, Bonn 1854.

3) Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter
4. Bd. 2. Aufl., S. 270, Anm. 5, Düsseldorf 1871.

4) »Rheinlands Baudenkmale des Mittelalters«,
„Die Benediktiner-Abteikirche zu Laach", S. 13,
Köln 1868 — 73.

5) »Histoire et theorie du symbolisme religieux«,
IL 429 Anm., Paris 1884.

*) „Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungs-
bezirks Koblenz", S. 400, Düsseldorf 1886.

ist. In Wirklichkeit lautet die Inschrift:
BGCCH&H.POSa2I. (Abb. 2 u. 39).

Im Lichte dieser Worte gewinnt die Dar-
stellung eine ganz andere tiefe und inhalts-
reiche Bedeutung. Der Teufel erscheint hier
in echt biblischem Sinne als der Ankläger

7) »Die christlichen Inschriften der Rheinlande«,
2. Teil S. 216, Freiburg i. B. und Leipzig 1894.

a) „Die Benediktinerabtei Maria-Laach, S. 21 in
»Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vor-
träge«, herausg. von R. Virchow u. Wilh. Wattenbach,
Heft 254/55, Hamburg 1896.

9) Da die Photographie vom Original Abb. 2
manche Einzelheiten nicht deutlich genug wiedergibt,
so ist in Abb. 3 die Photographie eines Gipsabgusses
beigegeben. Die Photographie des Abgusses ist bei
der Reproduktion stellenweise aufgefrischt worden.
 
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