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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Oidtmann, Heinrich: Die romanischen Glasmalereien in der Pfarrkirche St. Kunibert zu Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0146

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207

1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

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kommen, die Aufschrift zu bei ichligen. Die „Über-
sicht" einer aus der Benediktinerabtei Wessobrunn
nach München gelangten Handschrift beginnt mit dem
Satz: „Sequitur summula figurarum Novi Testamenti
tracta a Speculo humanae salvationis ac a Biblia
picta". Hier also, im Jahre 1471, die unzweideutige
Benennung Bilderbibel. Andere Handschriften aus
der ersten Hälfte des XIV. Jahrh. liefern d n beiden
Forschern die einwandfreie Erklärung über die Ent-
stehung des Namens Armenbibel. Die der Bilderausgabe
des Speculum vorausgeschickte Inhaltsübersicht, das
prooemium, wird ausdrücklich als ein Notbehelf un-
bemittelter Prediger, die sich das ganze Buch nicht
leisten können, bezeichnet. Knapp gefaßte Inhalts-
verzeichnisse des Heilsspiegels oder der Bilderbibel
sollten armen Klerikern als wohlfeile Hilfsbücher dienen.
In ähnlichem Sinne wurden Auszüge aus Schriften
anderer Wissensgebiete, so der Rechtslehre und der
Philosophie, verwendet. Offenbar meint der Bene-
diktiner Theophilus mit den libri pauperum, für deren
Einband er in seiner Scliedula diversamm artium,

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Abb. B.

1. III., cap. 71 einfache Kupferbeschläge angibt, der-
artige Bücher.

Die seitlichen Chorfenster erzählen in je
fünf Gruppen die Geschichte des Kirchen-
patrons und des h. Klemens. Dem letzeren
zu Ehren hatte der h. Kunibert (624 bis 663)
an dem Standort der jetzigen eine Kirche er-
richtet; in Rücksicht darauf und auf den
Altersvorrang wird man dem heiligen Papst
den bevorzugten Platz der Evangelienseite
eingeräumt haben. Die Erzählung beginnt
mit der Taufe des h. Klemens, der, ein Jünger
der h. Petrus und Paulus, im Jahre 91 den
päpstlichen Stuhl bestieg. Während links die
Taufhandlung vorgenommen wird, bringt
rechts ein h. Bischof, wohl einer der Apostel-
fürsten, das h. Meßopfer dar. Richtige Reihen-
folge der Ereignisse verlangt den Austausch
der beiden nächsten Felder. Kaiser Trajan,
ergrimmt über die Ausbreitung des Christen-
tums, befahl dem Papst, den römischen Göttern
zu opfern; seine Weigerung brachte ihm die

Verbannung nach dem Chersonnes. Ver-
urteilung und Abschied von den Getreuen
sind im dritten Bilde dargestellt. Die fälschlich
an zweiter Stelle angebrachte Gruppe (Abb. 6)
führt uns in eine offene Landschaft. In den
Steinbrüchen, wo der Heilige Sklavenarbeit
verrichten mußte, brach plötzlich Wassermangel
aus. Um seine armen Leidensgenossen von
den entsetzlichen Qualen des Durstes zu er-
lösen, betete Klemens inbrünstig zu Gott. Es
erschien ein weißes Lamm, dessen Scharren
eine Quelle zum Durchbruch brachte, die man
in breitem Strom herabfließen sieht. Der
Sturz der Götzensäule soll andeuten, daß dieses
Wunder zahlreiche, dem Verschmachtungstod
entrissene Heiden zum Christentum bekehrte.
Dies veranlaßte die Götzenpriester zu einer



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Abb. 6.

Beschwerde beim Kaiser, der seinem Stadt-
halter Vollmacht erteilte, die christliche Lehre
gewaltsam zu unterdrücken. Klemens, zum
Tode des Ertränkens verurteilt, wird von zwei
Schergen ins Boot gezerrt. Mit ungewöhn-
lichem Geschick ist das Schlußbild entworfen.
Rechts wird der Heilige von den Henkers-
knechten ins Wasser gestürzt; links ruht sein
Leichnam friedlich auf dem Meeresgrunde,
während Engel in emsiger Geschäftigkeit als
Totengruft eine Kirche bauen, eine außer-
ordentlich glückliche Lösung der Aufgabe, das
Wunder wiederzugeben, wie nach der Voll-
streckung des Urteils das Meer zurücktrat,
und die Christen einen Marmortempel fanden,
in dem ein steinener Sarg den teuren Leich-
nam barg12).

Ähnlich, nur unter Veränderung der paß-
förmigen Bildrahmen, entwickelt sich auf der

12) Der breite Rankenfries farbig bei Kolb, Tafel
XIII, 8; ebendort unter 1 die Borte des Kuniberts-
fensters.
 
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