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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Oidtmann, Heinrich: Die romanischen Glasmalereien in der Pfarrkirche St. Kunibert zu Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0147

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209

1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST _ Nr. 7.

210

Epistelseite die Lebensgeschichte des h. Kuni-
bert, der, 623 als Erzbischof nach Köln be-
rufen, vielleicht ein Jahrzehnt später die un-
scheinbare Klemenskirche durch ein größeres
Gotteshaus ersetzte. Das mit der Kirche ver-
bundene Chorherrenstift wechselte nach der
Heiligsprechung des 663 gestorbenen Heiligen
den Namen und hieß fortan St. Kunibert.
Das Glasgemälde, eine Schenkung des im
untersten Fach angebrachten Stifterpaares,
zeigt zunächst die wunderbare Erscheinung
im Schlafgemach des fränkischen Königs Dago-
bert von Austrasien, in dem der junge Kuni-
bert, ein Edelknabe des Mosellandes, als hoch-

der Leiche die kirchlichen Ehren erweisen,
tragen zwei Engel die jugendliche Seele des
heiligen Erzbischofs zum himmlischen Erlöser.
Betrachtet man den künstlerischen Wert
der Glasgemälde von St. Kunibert, dann er-
scheint es eigentlich schwer verständlich, daß
diese kostbaren Schätze Kölner Malerei in
der allgemeinen Kunstgeschichte allzu gering,
keinesfalls gebührend gewürdigt wurden, ob-
gleich bereits Boisseree und Weyden die Auf-
merksamkeit darauf hingelenkt, ihren hohen
Wert ins rechte Licht gerückt hatten. Nicht
genug, daß berufene deutsche Kunstschrift-
steller die Prachtleistungen unterschätzt haben,

Abb. 7.

geschätzter Liebling des Königs seine Lager-
stätte hatte. Staunend schaut der erwachte
Herrscher, wie ein himmlischer Lichtschein
das Haupt des Jünglings bestrahlt. Im zweiten
Bild (Abb. 5) nimmt Kunibert herzlichen Ab-
schied, um sich dem geistlichen Stande zu
widmen. Unklar ist der folgende Vorgang;
St. Kunibert steht als Trierer Erzdiakon vor
dem König, der ihm das Szepter überreicht; ein
Bischof legt dem Heiligen die Hände auf. Ob
es sich um die Übertragung des Erzbistums
Köln handelt, ist fraglich, doch wahrscheinlich,
denn die nächste wunderbare Begebenheit spielt
sich in der St.-Ursula-Kirche zu Köln ab.
Eine weiße Taube offenbart dem das h. Meß-
opfer .darbringenden Heiligen das Grab der
königlichen -Jungfrau. Gut empfunden ist
die Bestattung Kuniberts; während Priester

Abb. 8.

weil sie ihnen eben nicht genügend vertraut
waren, sind mir hervorragende Kenner be-
gegnet, die — es klingt unglaublich — von
ihrem Dasein überhaupt keine Ahnung hatten.
Andererseits haben die herrlichen Werke im
Auslande um so mehr die wohlverdiente Be-
achtung gefunden. Die Frage, wie eine solche
Lücke in der Kunstgeschichte möglich war,
habe ich früher beantwortet. Die Glasgemälde
von St. Kunibert teilten das Schicksal sämt-
licher Denkmäler deutscher Glasmalkunst. Die
Glasmalerei war schier ein Jahrhundert lang
das Stiefkind der Kunstgeschichte; gleich dem
Aschenbrödel im Märchen ward sie von den
zünftigen Forschern als nicht vollwertig hint-
angesetzt und vernachlässigt. „Eine ausführ-
liche Behandlung der Glasmalerei", schreibt
der eine, „gehört mehr einer Geschichte der
 
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