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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Schmid, Andreas: Pflege der kirchlichen Kunst in den Priesterseminarien, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0161

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227

1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

228

Pflege der kirchlichen Kunst in den Priesterseminarien. (Schluß.)

4. Methode des Kunstunterrichts.

gibt verschiedene Wege, auf
I welchen die Kenntnis der kirch-
lichen Kunst vermittelt wird; aber
nicht alle führen gleich schnell
und gleich sicher zum Ziele. Während in
andern Disziplinen das Selbststudium glück-
liche Resultate erzielt, wird es in der Kunst
durch die vielen technischen Ausdrücke er-
schwert; erst wenn die Anfangsgründe mit
Hilfe eines Lehrers gelegt sind, vermag Ge-
schick und Ausdauer in den einzelnen Zweigen
des Faches zur vollendeten Kenntnis zu führen.
In unserm Fache ist ein Lehrer im höchsten
Grade wünschenswert, aber nicht ein solcher,
welcher als Spezialist bloß einzelne Perioden
behandelt, sondern ein solcher, welcher einen
Überblick über das Gesamtgebiet zu ver-
schaffen vermag. Theoretische und syste-
matische Voriesungen über Geschichte und
Prinzipien der kirchlichen Kunst sind daher
wenigstens in einer oder zwei Wochenstunden
unumgänglich notwendig. Diese Zeit darf auch
für die andern theologischen Fächer nicht als
verloren angesehen werden.

Es könnte die ganze Geschichte der kirch-
lichen Kunst auch durch gute Abbildungen
vergegenwärtigt werden; allein auch die besten
Abbildungen sind ungenügend, wenn sie nicht
mündlich erklärt und in der Nähe betrachtet
werden können; allein sie entschwinden leicht
dem Gedächtnisse, falls sie wieder in die Mappe
oder in den Kasten zurückwandern und nicht
unter Glas an den Wänden aufgehängt werden.

Viel günstiger ist das Verhältnis, wenn die
Demonstrationsobjekte in Abbildung bei künst-
licher Beleuchtung mittels eines Projektions-
apparates in vergrößertem Maßstabe auf
eine ausgespannte Leinwand vor die Augen
der Zuhörer gesetzt werden können, weil der
Lehrer das Bild mit erklärenden Worten be-
gleiten kann, die Schüler nicht bloß Zuhörer,
sondern gleichzeitig Zuschauer sind und in
dem Lichtbilde alle Eigentümlichkeiten des
Originals deutlicher erscheinen als in irgend-
einer Kopie. Dieser Lehrmethode gehört
ohne Zweifel die Zukunft; sie hat jedoch den
Nachteil, daß die Bilder zu bald wieder von
der Wandfläche verschwinden. Den unersetz-
baren Vorteil fortwährender Anschauung bietet
allein ein Museum der Kunst.

Selbst in Städten, in welchen reiche Kunst-
sammlungen sich befinden, hat ein kleines
Seminarmuseum für Anfänger den Vorteil, daß
weitläufige Gänge in Wegfall kommen und
die große Zahl der Kunstwerke, darunter
vielleicht eine große Menge profaner, das
Auge weniger verwirrt. Übrigens besteht ja
kein Hindernis, wenn an dem Seminarorte
irgend Kunstmuseen, Künstlerateliers sich be-
finden, die Alumnen auch dahin zu führen.
Insbesondere lernen sie bei Künstlern in tech-
nischer Hinsicht, wenn sie die Arbeiten in
verschiedenen Zeitpunkten der Ausführung
sehen.

Besteht ein Diözesanmuseum in Ver-
bindung mit dem Seminar, so möge es für
Unterrichtszwecke der Alumnen zugänglich
gemacht werden.

Gegen Einrichtung eines solchen Kunst-
museums wird sicherlich an erster Stelle ein-
gewendet, daß es zuviel koste. Es mag
sein, daß große Summen darauf verwendet
werden müssen; allein kosten nicht die natur-
wissenschaftlichen und medizinischen Institute,
welche jetzt an allen Universitäten Deutsch-
lands errichtet sind, jährlich enorme Summen?
Warum darf denn die fachliche und sachliche
Ausbildung der Theologen so wenig kosten?
Nicht immer fehlt es aber an Geld. Ist zu
einem solchen Museum einmal der Anfang
gemacht, so wird mancher ältere Geistliche
einen Beitrag leisten und erfreut sein, wenn
sein Besitztum an seinen so schönen Platz
gekommen ist und Nutzen stiftet.

Eine Lehrmittelsammlung soll „an allen
Universitäten vorhanden sein, wo ein ernster
und sachgemäßer Kunstunterricht vorhanden
ist. Große Gemälde- und Statuengalerien,
wertvolle Kupferstichkabinette kann nicht jede
Universitätsstadt besitzen, wohl aber ein kunst-
historisches Institut, das auch für hochgestellte
und streng gehandhabte Lehrzwecke hin-
reicht21)".

Strebe also ein Seminar darnach, für Lehr-
zwecke eine Sammlung von Kunstwerken aus
verschiedenen Jahrhunderten zu gewinnen,
denn eine einzige Stunde Belehrung in einem
solchen Museum hat mehr Wert als zehn
theoretische Vorlesungen über denselben

21) Schmarsow, August, «Kunstgeschichte auf
unseren Universitäten» (Berlin) S. 92.
 
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