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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Podlacha, Ladislaus: Die "Göttliche Liturgie" in den Wandmalereien der Bukowiner Klosterkirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0184

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263

1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

264

großen Einzugs verrichteten Gebete und die
Erläuterungen der liturgischen Texte (insbeson-
dere die des Gregorios Dialogos) dem Maler An-
laß gegeben, die Rolle eines von den Engeln
mit der Rolle Josephs von Arimathia identi-
fiziert und ihn mit der Überführung der
Leiche Christi in das Grab betraut zu sehen
— was eben durch das Übertragen des
Leichentuches angedeutet wird 8) — so be-
weist die Inschrift 6 d/j,vcg xov 9bov und die
Vereinigung des Motivs des Kindes mit dem
als Erzpriester aufgefaßten Erlöser, daß es
sich hier um die genaue plastische Wieder-
gabe des cherubischen Lobgesanges handelte.
„Wende nicht dein Angesicht ab von mir —
so lauten die Worte des Gebetes, welches
der Priester während des Lobgesanges leise
spricht — und verstoße mich nicht aus der
Zahl deiner Kinder, sondern mache mich,
deinen sündigen und unwürdigen Knecht,
würdig, diese Gaben dir darzubringen. Denn
du, o Christus, unser Gott, bist der Darbringer
und der Dargebrachte, der Empfänger
und der Hingegebene . . ."9). In dieser Hin-
sicht kommt die Szene der Göttlichen Litur-
gie derjenigen der Kommunion der Apostel
nahe, wo Christus als der Brot und Wein
verteilende Priester und zugleich als Opfer, das
unter diesen beiden Gestalten verteilt wird,
auftritt. Das Motiv des auf der Schale lie-
genden Christuskindes kommt regelmäßig seit
dem XVI. Jahrhundert in der Hauptapsis oder
wenigstens in ihren Nebenräumen vor, was
natürlich mit der Idee des in dem Altarraume
dargebrachten Opfers zusammenhängt.

Ist die hier beschriebene Darstellung der
Göttlichen Liturgie in ihrer Form noch recht
einfach, so weisen die Denkmäler der Wand-
malerei manche neue ikonographische Einzel-

8) Vcrgl. »Liturgikonc S. 116—117 und Äuße-
rungen Pokrowskis über die dem Gregorios Dia-
logos zugeschriebenen Erläuterungen der liturgischen
Texte und über ihren Einfluß auf die Entstehung der
aus den Jahren 1694—1695 stammenden Malereien
der Kirche Joannes des Täufers in Jaroslau. In
diesen Erläuterungen findet sich eine, die besagt, daß
der Diakon während des großen Einzugs den die
Leiche Christi nach dem Grabe überführenden Joseph
von Arimathia darstellt. »Die Wandmalereien in den
alten griechischen und russischen Kirchen«:, in den
Abhandlungen des VII. archäologischen
Kongresses (Moskau 1890, russisch) S. 2fi9 Anm. 5,
267—270.

») »DieGöttlichenLiturgien« S.171; »Litur-
gikon« S. 114.

heiten auf, durch welche diese schöne Kom-
position komplizierter wurde und der ihr zu-
grunde liegende Gedanke sich verhüllte.
Die hier in Betracht kommenden Bukowiner
Wandmalereien der Klosterkirchen Suczawa
und Suczawitza unterscheiden sich noch unbe-
deutend von der plastischen Darstellung des
Pulcheria-Panagiarion. Als charakteristische
Innovation ist das Motiv der das Evangelium
oder die Manualien tragenden Engel anzu-
sehen. Das ist der Beweis dafür, daß man
in derartigen Darstellungen zwei liturgische
Handlungen vereinigte, d. h. den großen
Einzug mit dem kleinen (fiixgd elooöog, introitus),
von denen der letztere in der Liturgie der
Katechumenen durch den Priester und Diakon,
beziehungsweise (und zwar in der bischöflichen
Ordnung) durch den Protodiakon, Diakonen
und Priester veranstaltet wird10). So tragen
in Suczawitza die Engel brennende Kerzen,
Evangelienbücher, das Tuch mit dem Bilde
von Christi Grablegung, Stäbe, Kreuze und
liturgische Geräte und schreiten in Prozession
gegen Christus, der, mit dem Gewände eines
Erzpriesters angetan, ihnen entgegentritt. Die
Gestalt Christi kommt zweimal vor, und zwar
zu beiden Seiten eines Altartisches.

Indem Bilde der Klosterkirche zu Suczawa
erhebt sich auf der östlichen Wand der mit
einem dreiteiligen Kiworion überdeckte Altar-
tisch. In dessen mittlerem Teile liegt das
Evangelium, in den übrigen Teilen steht
Christus zweimal abgebildet, die Rechte zum
Segen erhebend. Der Engelzug entwickelt
sich in der Richtung von rechts nach links;
die Engel tragen Kelche, Leuchter, gottes-
dienstliche Bücher, das Tuch mit dem Bilde
des toten Erlösers, Rauchfässer, Kreuze.
Nähere Angaben sind infolge der zu großen
Entfernung des Wandbildes und des daran
haftenden Staubes unmöglich. Jedenfalls, und
das läßt sich mit Sicherheit feststellen, kommt
die Göttliche Liturgie der Suczawitzer und
Suczawer Klosterkirche näher der griechischen
Auffassung desselben Themas und der Be-
schreibung in der Hermeneia, als derjenigen
Auffassung, der wir in den russichen Wand-
malereien des XVII. und XVIII. Jahrh. gewahr
werden — sie weist auf weder so große Fülle von
ikonographischen Zutaten, noch so beträchtliche

10) »Die Göttlichen Liturgien« S. 118.
turgikon« S. 99,223—224.

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