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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Podlacha, Ladislaus: Die "Göttliche Liturgie" in den Wandmalereien der Bukowiner Klosterkirchen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0185

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26b

1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

266

Zahl von Personen. Herrneneia führt in
die Komposition außerdem Christus-Erzpriester
und den üblichen Engelfiguren den Gott-Vater
einundläßtihn auf einem Throne sitzen undden
Segensgestus mit beiden Händen ausführen11).
Außerdem schwebt oder vielmehr steht über
dem Altartische der Heilige Geist (also schon
sämtliche Personen der Dreieinigkeit), was
im ganzen auf spätere Entstehung dieser
Konzeption, somit auch der Beschreibung,
deutet, denn derartige Formen sind dem
XVII. und XVIII. Jahrh. eigentümlich. Bei-
spielsweise sieht man die Szene der Gött-
lichen Liturgie in ähnlicher Auffassung in einem
griechischen Tafelbilde des Nikolaus von
Kreta 12), in dem Wandgemälde der Kloster-
kirche Filoteu auf dem Berge Athos (1752)
und Zografu daselbst (1817), auch in den
russichen Wandmalereien des XVII—XVIII.
Jahrhunderts1S). Das um das Jahr 1600 entstan-
dene Freskobild der Klosterkirche zu Iwiron
läßt die den Malereien von Suczawa und
Suczawitza nahekommenden Formen zutage
treten14); ein lokaler Zug gibt sich in der Vertei-
lung der Malereien kund, denn die iwironische
Liturgie findet sich nicht unterhalb der Laternen-
kuppel dargestellt, wie das in dem System
der besprochenen Bukowiner Malereien der
Fall ist, sondern ist in den Altarraum ver-
legt, wo sie gewöhnlich unterhalb der Panagia
und oberhalb der Brot- und Weinspende
ihren Platz findet. Man muß gestehen, daß
sie dem Inhalte nach besser an den Altar-
raum als an die Kuppel paßt, der Form, d. h.
ihrem prozessionalen Charakter nach wiederum
besser an die runde Wand des Laternentam-
bours in der Weise, wie z. B. die halbkreis-
förmigen Kompositionen in der Art der Szene
„Herabkunft des Heiligen Geistes" oder „Jesus

J1) »Hermeneia«, Schäfersche Aufgabe, S. 232
und 233.

12) In der Sammlung des Bischofs Porfirios
Uspjenski, s. Kondakow, »Die Denkmäler der christ-
lichen Kunst« S. 226, Anmerkung.

IS) Pokrowski, »Die Wandmalereien« w. o.
S. 237, 238, 259 ff.; derselbe, »Das Evangelium
in den Denkmälern der Ikonographie« (Petersburg 1892,
russisch) S. 287 ff.

'*) Porfirios Uspjenski, »Die erste Reise nach
den Athos-KIöstern und Skiten« in der Zeitschrift
»Der christliche Orient« (Wostok christijanskij
Kijew 1877, russisch) Teil I, S. 67, Teil IL, S. 253
und 254; Pokrowski, »Die Wandmalereien«- w. o.
S. 226; derselbe, »Das Evangelium« S. 285.

in der Synagoge" sich besser für die Aus-
schmückung der Seitenapsiden eignen. Auch
die Göttliche Liturgie der Kirche Wato-
paidi auf dem Berge Athos mahnt in mancher
Hinsicht an die Darstellungsweise der Buko-
winer Wandbilder. Der Altartisch befindet
sich unter einem Baldachin, der uns schon
aus der Kommunion der Apostel und man-
chen anderen Szenen bekannt ist und im
allgemeinen nicht nur die Bedeutung eines Kiwo-
rion, sondern auch die eines Tempels oder auch
eines Hauses hat. Auf dem Tische liegt das
geöffnete Evangelienbuch. Rechts nimmt
Christus, als Erzpriester gekleidet, den Diskos
vom Haupte eines Engel-Diakons auf; hinter
dem letzteren sieht man andere Engel, gleich
Priestern mit Felonion angetan, den Kelch,
den Speer, den Löffel und das hl. Evange-
lium halten, und daneben einen Engel Kerzen
in den Händen tragen. Auch vier Priester-
Engel, die das Leichentuch mit dem Bilde
des toten Erlösers tragen, fehlen nicht in
dieser Szene lb). Die Kirche von Watopaidi
wurde laut Inschrift im J. 1312 bemalt, doch
ist nach der Meinung Pokrowskis die Redak-
tion der Bilder in das XVII.Jahrh. vorzurücken,
außerdem muß bemerkt werden, daß die
genannten Malereien im Jahre 1739 und
vielleicht auch im Jahre 1789 aufgefrischt
wurden 16).

Aus dieser kurzen Beschreibung ist ersicht-
lich, daß die in den besprochenen Bukowiner
Wandbildern vorkommende Auffassung der
Liturgie der iwironischen und watopaidischen
am nächsten kommt, daher das Gepräge des
XVII. Jahrh. an sich trägt. In der in den
Jahren 1571 und 1572 geschmückten und (teil-
weise?) im Jahre 1804 übermalten Klosterkirche
zu Chilandari befindet sich die Szene der
Göttlichen Liturgie in der Kuppel unterhalb
des Pantokrator und stellt eine Handlung
dar, die ohne Christus-Erzpriester vor zwei
Kuppelaltären von den Engeln verrichtet
wird n). Es sind Varianten, die den wesent-



ls) Pokrowski, »Das Evangelium« S. 286.

16) Uspjenski, »Die erste Reise nach den
Athos-Klöstern« w. o. II2 S. 46; Pokrowski , »Die
Wandmalereien« w. o. S. 230—233; Kon dakow, »Die
Denkmäler der christlichen Kunst«. S. 52—53.

17) Uspjenskiw.o.I^ S. 25—26; Kondakow
w. o. S. 53. Abbildung bei Kraus, »Geschichte
der christlichen Kunst« I S. 583. Beschrieben auch
von Didron in der »Hermeneia« S. 233 — 234.


 
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