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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

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umfassenden Kenntnis jeweiliger Kulturströmungen.
Dem Buche geben wir den Wunsch mit auf den Weg, daß
es recht viele ernste Leser finden möge. Fritz Witte.

Geheimrat Dr. Alois Ritter v. Schmid. Sein
Leben und seine Schriften. Ein Beitrag zur zeit-
genössischen Philosophie und Theologie von Dr.
Andreas Schmid, Universitätsprofessor. Mit
einem Titelbild und 23 Illustrationen. Manz in
Regensburg 1911.
Seinem am 16. März dieses Jahres im Alter von
8ü Jahren verstorbenen Bruder hat Prälat Andreas
Schmid, den Lesern dieser Zeitschrift als treuer Mit-
arbeiter längst bekannt, auf das fast noch frische Grab
gelegt, dieses 116 Seiten umfassende Lebensbild von
denen 85 den Lebenslauf schildern, die übrigen aus
15 „kleineren Schriften" einen großen lieblichen
Immortellenkranz winden. — Wem der große Gelehrte,
der gefeierte Lehrer, der vielseitige gründliche Forscher
nur aus seinen zahlreichen, hochverdienstlichen Schriften
bekannt, sind Wesen und Wert desselben nur zum
Teil aufgegangen. Sie bestanden in seiner vollendeten
Einfachheit und Selbstlosigkeit, die im Verkehr mit
ihm ständig sich zeigte: im gelehrten Austausch, der
für den scharfen Denker und stets aktuellen Erzähler
Bewunderung weckte, im harmlosen Gespräche, das
vor der kindlichen Natur mit dem größten Respekt
erfüllte. Diese Eigenschaften, die den ergrauten Pro-
fessor ins höchste Greisenalter mit allen seinen Ehren
und Auszeichnungen begleitet haben, finden in der von
seinem konnaturalen Bruder liebevoll gewidmeten Bio-
graphie, in diesem Hymnus voll Wahrheit, Dankbarkeit
und Innigkeit, ihren vollendeten Widerhall. — Gern
erzählte der Verstorbene mir auch von seiner früheren
Beschäftigung mit der kirchlichen Kunst im Kolleg,
wie in der Literatur, und die der letzteren entnommenen
hier abgedruckten Studien über die Geschichte des
Altars und der Monstranz, die bis 1860 bzw. 1862
zurückreichen, beweisen seinen klaren Blick auch auf
diesem Gebiete. — Möge es dem hochverehrten Biographen
noch lange vergönnt sein auf dem Wege weiterzu-
wandeln und zu forschen, auf den ihn geführt zu haben
auch ein Hauptverdienst seines in Gott ruhenden
Bruders ist! Schnütgen.

Rolfs, Geschichte der Malerei Neapels. Mit
einem Titelbild in H eliogravüre, mit 13 Textfiguren
und 138 Abbildungen auf 112 Tafeln. Leipzig,
E. A. Seemann 1910. Preis brosch. 25 M.
Es mag keine gerade angenehme und verlockende
Arbeit sein, in Neapel solch eingehende Studien über eine
so ausgedehnte Periode zu machen, zumal, in den hundert
Kirchen und Privatpalästen und Museen mühsam
tausend Bildern nachzuspüren. Das hat Rolfs mit
größter Gewissenhaftigkeit getan; er ist auch in die
tiefen Brunnen der Archive gestiegen, um Notiz um
Notiz zu sammeln. Es klingt fast wie ein Märchen, wenn
Rolfs uns beweist, wie die Bearbeiter der Geschichte
der Malerei Neapels Jahrhunderte lang von einem ge-
riebenen Geschichtsfälscher, Bernardo de Dominici, an
der Nase herumgeführt wurden. So ist denn das
Material des Verfassers durchweg ganz neu und infolge-
dessen für die Kunstgeschichte Neapels und Italiens
überhaupt von größter Bedeutung. Besonders wichtig
sind seine ungemein reichhaltigen Kapitel über Aufent-

halt und Tätigkeit flämischer Maler des XV. und
XVI. Jahrh. in Italien. Rolfs versucht mit meines
Erachtens durchschlagendem Erfolg, den Einfluß einer
sp a nisch-flämischen Malerschule, nicht, wie bislang
angenommen wurde, neapolitanisch - flämischen,
in Neapel nachzuweisen. Durch eine Menge gut fundierter
historischer Notizen sowie den Nachweis einer statt-
lichen Reihe von Bildern gibt Rolfs der Einzelforschung
die Richtung an. Wenn er nach Sizilien hinweist,
von wo diese nordischen Maler zum Teil nach Neapel
kamen, so möchte ich ihm rechtgeben. In der Nähe
von Palermo befinden sich in der Kirche Maria di
Gesü noch bedeutende Reste von Wandmalereien, die
auf den Kreis des Bouts hinweisen. Die Direktion
des dortigen Museums wies seinerzeit nebenher auf
die Bilder hin, ohne ihnen die rechte Bedeutung bei-
zumessen und die richtige Auslegung zu geben. Rolfs
Buch hat vor allem den großen Vorzug, daß es ohne
jedwede Polemik, unter gerechtester Abwägung der
ästhetischen Werte der Schulen und Einzelwerke ge-
schrieben ist. Wenn der Fälscher Dominici siebzehn
Jahre gebraucht hat, sein „Werk" über die neapoli-
tanischen Meister zu schreiben, so mag Rolfs nicht
viel weniger Zeit notwendig gehabt haben, das gewaltige
Lügengebäude Stein um Stein abzutragen und ein neues
ohne heuchlerische Front wieder aufzubauen. Die
Ausstattung des Textes, wie vor allem die Reproduk-
tion der Tafeln ist prächtig, wie man es bei Seemann
nicht anders gewohnt ist. An Rolfs Werk wird kein
Historiker vorübergehen können, der sich mit Italiens
Malerei beschäftigt, mag er mit der Anordnung und
Darstellungsform auch nicht so ganz einverstanden sein.
_________ Fritz Witte.

Österreichische Kunst schätze, herausgegeben
von Wilhelm Suida. 1. Jahrg. 1.Heft. J. Löwy,
Wien I, Weihburggasse 31.
Ein näherer Prospekt über Art und Umfang des
Lieferungswerkes liegt mir nicht vor. Acht Tafeln in
Großfolio bringt das erste Heft, ganz regellos zusammen-
gestellt, vermutlich, um weite Grenzen anzudeuten,
innerhalb welcher die ganze Arbeit sich bewegen soll.
Malerei und Plastik vom Anfang des XV. bis zum
Ende des XVin. Jahrh. sind einbezegen in trefflichen
Abbildungen mit kurzem, sehr durchsichtigem Text
auf Einzelblättern. Die Beurteilung und Zuweisung
ist mit Akribie und der nötigen Reserve unter er-
schöpfender Literaturangabe abgefaßt. Für vergleichende
Studien über die Geschichte der Malerei des XV. Jahrh.
bieten vor allem uns Norddeutschen die beiden ersten
Blätter von „einem steirischen Maler von 1410 und
vom Meister der Bilderfolge des Schottenstiftes"
interessante und wichtige Momente. Ungewöhnlich
bedeutsam ist die Holzfigur des hl. Sebastian aus dem
XV. Jahrh. auf Tafel 3. Eine Großleistung der Spät-
gotik von ganz eminenter Kraft, würdig, den allerbesten
Arbeiten jener Zeit überhaupt an die Seite gestellt zu
werden. Mit Sicherheit hingesetzte Kompositionslinie,
Geschlossenheit der gruppenhaft wirkenden Statue bei
großer dramatischer Bewegung, meisterhafte Behandlung
des Materiales. Man wünscht mehr zu sehen von
einem Meister, der solchen Körper schuf, einen solchen
monumentalen Kopf mit solch tiefer, großzügiger
Charakteristik, — Dem Lieferungswerk wünschen wir
denkbar weite Verbreitung. Frite Witte.
 
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