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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

DOI Artikel:
Schnütgen, Alexander: Die Sammlung Schnütgen, [7]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0202

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Abhandlung-en.

Die Sammlung Schnütgen VIT.

(Mit Abbildung 7 — Tafel X.)

ast ausschließlich sind in diesem
Zimm er Skulpturen unter-
gebracht: Elfenbeine und kleine
Plastik in den hier nicht ab-
gebildeten Vitrinen vor den
beiden Fenstern, größere und
kleinere Holzfiguren haupt-
sächlich in dem Gestell der
Nordwand, dessen einzelne
Nischen denselben angepaßt
waren, sie fast ganz füllend,
stellenweise gar zu eng ge-
drängt. — Diese in Museen sonst nicht übliche
Art der Aufstellung ist, ganz abgesehen davon,
daß sie hier wegen Mangels an Raum zur un-
bedingten Notwendigkeit geworden war, von
den einen mit hohen Lobsprüchen, von den
anderen mit Bedenken begleitet worden. Die
letzteren würden ohne Zweifel berechtigt sein,
wenn es sich um eine Aufstellung in Reihe
und Glied, auf gleichmäßig gespannten Brettern,
wie in Ladenschränken, handeln würde. Diese
zu vermeiden, war das Hauptbestreben; daher
die vertikalen wie die horizontalen Verschieden-
heiten, die vielmehr an Altarschreine erinnern,
an die Kastenfassungen, denen doch die
meisten Holzstatuen des späten Mittelalters ent-
stammen, für die seltener die Einzelstellung
auf Konsolen beliebt wurde. Auf diese Gruppen-
fassung waren sie ursprünglich zumeistberechnet
und, wenn sie wieder in eine solche hinein-
gebracht werden (freilich unter Verzicht auf
dekorative Architektur und Ornamentik), so
dürften sie auf diesem Wege am besten zur
Geltung kommen. — Von dem ziegelroten
Hintergrund, der durch Leinwandaufspannung
erreicht wurde, hoben sich die zumeist noch
in der ursprünglichen Polychromie verbliebenen
Figuren ab, ein stimmungsvolles Gesamtbild,
das an aufgeklappte Flügelaltäre, mehr noch
an Reliquienkästen erinnert, wie sie sich mehr-
fach, namentlich in Kölner Kirchen (Goldene
Kammer von St. Ursula usw.) erhalten haben.
Durch die Abwechselung von kleineren und
größeren, stehenden und sitzenden Figuren,
auch Büsten ergab sich eine das Auge be-

friedigende Mannigfaltigkeit, von der das
Bild, trotz seiner Schärfe, nur eine unvoll-
kommene Vorstellung vermittelt. — Eine Reihe
von Reliquien-Büsten bildet die Be-
krönung, in der Mitte eine bemalte Bischofs-
herme, deren scharfgeschnittenes charakter-
volles Gesicht auf Riemenschneiders Werk-
statt unverkennbar hinweist. Die beiden sie
flankierenden kronengeschmückten Büsten mit
gefaltenen Händen um 1400 dürften, trotz
ihres längeren Aufenthaltes in Köln, für West-
falen in Anspruch zu nehmen sein. Die
übrigen Büsten aber, unter denen auch vier
bischöfliche, gehören indessen zur charakte-
ristischen Klasse der um die Mitte des
XIV. Jahrh. zahlreich in Köln entstandenen
Exemplare, deren ausgehöhlter Schädel das
mehr oder weniger verhüllte, reich geschmückte
Haupt aufzunehmen die Bestimmung hatte.
In ihrer glänzenden, fast emailleartigen Be-
malung, die dem Gesichte eine ungemeine
Frische und Anmut verleiht, in ihrer ver-
goldeten, mit Punzierornamenten versehenen
Brust, deren Mittelpunkt gewöhnlich eine
durchbrochene Maßwerkrosette, bildeten sie
eine Spezialität, die vor einigen Jahrzehnten
noch wenig beachtet, jetzt mit Recht als sehr
kostbares Produkt der Kölner Plastik betrachtet
und bewertet wird. Als die Glanzpunkte dieser,
in der Sammlung reich vertretenen Gruppe
dürfen die beiden in dem Mitteltrakte para-
dierenden Exemplare gelten, die in Bd. XXI
auf Tafel III wiedergegeben sind. — Un-
mittelbar unter diesen erscheint eine sitzende
Madonna des XIV. Jahrh., die mit ihrer
rechts daneben stehenden Partnerin zu der,
für die Kölner Plastik typischen, in Bd. XXI
Tafel XIV und Seite 357/358 beschriebenen
Gruppe gehört. An Alter werden sie noch
übertreffen durch das ebendort, Tafel XI
Abb. 2, abgebildete Exemplar, in der Mitte
der Nische links, sowie durch das andere auf
dem Sakristeischranke stehende, das, ebenfalls
noch romanisierend in den Formen, durch
das erste Auftreten des Kosens von Mutter
und Kind dem allmählich heranreifenden
Naturalismus die Wege bahnt. Inmitten der
obersten Reihe links offenbart sich auf diesem
Wege der weitere, bereits das XV. Jahrh.
verratende Fortschritt. — Darunter fesseln,


 
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