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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Witte, Fritz: Neue Hoffnungen?
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Witte, Fritz: Die Perugia-Tücher
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0210

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305

1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

306

hin ihr Interesse entgegenzubringen, der Samm-
lung, die für sie in erster Linie geschaffen,
wie der „Zeitschrift für christliche Kunst", die
in engstem Anschluß an des Stifters Werk in
Zukunft weitererscheinen wird. Ein großer
Teil des deutschen Episkopates beehrte sie
mit seiner Empfehlung an den hochwürdigen
Klerus, gab diesem gar das Recht, die Kosten
des Blattes auf den Pfarrfond zu übernehmen;
es bedarf nur der agitatorischen Kleinarbeit
derjenigen Herren, die für die Kirchenkunst
das Interesse haben, das eigentlich jedem
Geistlichen von Beruf aus eigen sein sollte.
Wie leicht könnte da mancher Konfrater auf
Dekanatskonferenzen usf. unser Mitarbeiter
sein! Mit welcher Begeisterung hat gerade
der Klerus vor 23 Jahren die Kunde von der
Gründung unserer Zeitschrift aufgenommen,
mit welcher Treue und Liebe hängen ihr
heute noch zum großen Teile ihre ersten
Abonnenten an! Wir müssen Nachwuchs
haben, einen Nachwuchs, der nicht bloß die
Zeitschrift hält, der sie liest, studiert, der An-
regung aus ihr schöpft. Nicht viele ihrer
Kolleginnen können sich durch 23 Jahre eines
so stattlichen, Achtung abzwingenden Mit-
arbeiterkreises rühmen wie die „Zeitschrift
für christliche Kunst". Auch da wünschen

wir Nachwuchs in geistlichen Kreisen, der an
die Schätze seiner Kirche mit kritischem und
historisch-archäologisch geschultem Auge her-
antritt und sie der Öffentlichkeit übergibt. Colli-
gite fragmenta, ne pereant, Sammelt die
Bruchstücke, auf daß sie nicht untergehen, der
Wahlspruch steht in Stein gemeißelt unter der
Büste des Stifters in der „Sammlung Schnütgen".
Frohe Hoffnungen keimen heute auf! Es
gilt zunächst, von neuem Begeisterung zu
wecken für ein hohes und heiliges Gut, für
den Schmuck unserer Kirchen. Neue Wärme
möchte die „Sammlung Schnütgen" auch auf
die kirchliche Liturgie — selbst an sich ein
Kunstwerk — strahlen lassen. Man soll uns
fürderhin nicht mehr vorwerfen, wir seien
auch auf dem Gebiete der Kunst rückständig
geworden, wir seien geschmacklos. Die besten,
die ernstesten Künstler werden an der Samm-
lung nicht vorübergehen, sie werden in ihr
Anregung suchen und finden und, im eigenen
Künstlerkönnen verarbeitet, verjüngt und n eu-
geboren in die Gotteshäuser tragen. Mit
einem herzlichen und eindringlichen Appell
wenden wir uns heute auch an den hoch-
würdigen Klerus, daß er unser Gast und unser
Mitarbeiter werde aus ganzem Herzen.
Köln. Fritz Witte.

Die Perugia-Tücher.

(Mit T> Abbildungen.)

erugia-Tücher, so nennt man ge-
meinhin eine bestimmte Kategorie
von Leinenwebereien, die, meist
längliche Tücher in gemustertem
Leinen, mit fast durchgängig türkisch-blauen
Streifen und Ornamentbordüren an den Schmal-
seiten durchsetzt sind. Wir finden sie in
Italien mehrfach, in deutschen Museen und
Sammlungen nur selten. Mir sind auf meinen
ausgedehnten Reisen durch Italien, Sizilien usf.
gegen 180 Stücke zu Gesicht gekommen. Vor-
nehmlich die loyale Art des Professore Mariano
Rocchi in Rom ermöglichte mir an der Hand
seiner großen Spezialsammlung ein vergleichen-
des Studium dieser Tücher. Ein Stück der-
selben Webart, nur in weit gröberer Bindung
und anderer Art der Schmuckanordnung,
brachte mich dazu, seinen Fundort Sizilien
bei der-Geschichte der Perugia-Tücher mit
in Rücksicht zu ziehen, in der Erwägung, daß
im Grunde genommen fast alle Arten Webereien,

soweit sie auf italienischem Boden geübt
worden, ihre Urheimat in Sizilien haben. Ein
weiterer Umstand kam hinzu: die absolut
sichere Beziehung der Perugia-Tücher in An-
lage und Dekor zu den Geweben der ent-
wickelteren koptischen Periode des IV. bis
VI. Jahrh. — Die Frage nach der Heimat der
blaugestreiften Webereien hat eine recht ver-
schiedenartige Beantwortung gefunden. Die
Untersuchungen, welche die verstorbene fein-
sinnige Contessa Gallenga Stuart angestellt hat,
und die seit Jahren die Marchesa Torelli
Faina zu Perugia fortführt, scheinen bislang
zu keinem befriedigenden Resultate geführt
zu haben; vielleicht deshalb gerade, weil beide,
wie auch Js. Errera, einfach an Perugia selbst
sich klammern und nur beiläufig auf koptische
Weberei zurückgreifen1). Hampe in seinem
Kataloge der Gewebe des Germanischen Muse-

*) Tessuti Perugini in «Emporium», Bd. XXIII
13ü.
 
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