Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

DOI Artikel:
Firmenich-Richartz, Eduard: Der Meister von St. Laurenz
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0227

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
327

1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST - Nr. 11.

328

der Pfarrinsassen „zome bouwe as dat Corpus
mydden in der kirchen vp zo voren." Zu-
nächst aber sollte eine „gerkamer" (Sakristei)
neu errichtet werden. Der Steinmetz Johann
genannt Kronenberch und der Zimmermeister
Heinrichs werden verpflichtet. Meister Biuyn9)
führt seit 1448 neue Pfeiler aus hartem Werk-
stein auf, wölbt in sechs Jochen jedes der
beiden Seitenschiffe ein, erbaut eine Stein-
treppe zum Gewölbe, Vorhalle und Portal.
An eine ganze Reihe von Meistern werden
sodann Aufträge für die Innenausstattung
vergeben. Da ist von dem Tabernakel, der
Orgel, Kirchenstühlen, Schmiedegitter, Glas-
fenstern, Glocken, Sakristeischränken, ebenso
von Tapeten und Vorhängen, Altardecken
und Seidenstoffen die Rede.

Die neuen Rippen und Gewölbekappen
werden 1449 von „meyster Jorge deme
meylre"10) ornamentiert; vor dem Katharinen-
altar erhebt sich ein Kruzifix.

Von besonderem Wert für die Geschichte
der Kölner Malerei insbesondere für unsere
Zwecke sind die folgenden Eintragungen:

„1445 Item so kost dat gemeyltz bouen
deme heyligen Sacramentz schaff ind ouch
dat selue schaff zo maylen xvj Ouerl. gülden."
1447 September 24 empfangen die Kirch-
meister als Schenkung Kelch und Patena.
„Item Eyne swartze gemuyseirt Casule myt
alre yre gereytschaff" usw. zo deme Elter
den peterKetzgin hait doin mach en."
Der Goldschmied Peter Ketzgyn11) gehört
zu jenen Wohltätern aus dem gewerbetreiben-
den Bürgerstand von unermüdlicher Frei-
giebigkeit, denen • die Kölner Kloster- und
Pfarrkirchen manchen wertvollen Schmuck
verdankten. Er wird seit 1429 erwähnt, war
in den 30er Jahren Kirchmeister an St. Laurenz
und starb 1443. Außer reichen Gaben und
Vermächtnissen für den Bau und die Aus-
stattung dieser Kirche stiftete er noch zwei
andere Altäre für das Kreuzbruderkloster.
Neben seiner Grabstätte dort sah man das
Bildnis des Toten und eine lateinische In-
schrift, deren letzter Vers lautete: „Sum quod
eris, quod es ipse fui, pro me precor ora."12)

9) J. J. Merlo: »Kölnische Künstler« Neuausgabe
(1895) Sp. 123.

,0) Merlo, a. a. O. Sp. 275.

u) Merlo, a. a. O. Sp. 488.

12) F. E. Freiherr v. Mering: »Die Bischöfe
und Erzbischöfe von Köln« I. (1844> S. 551.

Eine alte Wahrheit, die man als strenge
Bußmahnung nicht müde wurde in düsterer
Zeit allenthalben zu wiederholen.

Zum 4. Juli 1451 (im Pestjahre) schrieb
Herman Scherfgin in sein Abrechnungsheft:
„Item des seluen dais gaff ich den goult-
smeden gesellen de dat spyll machden myt
den apostolen ind myt den drin doden
ind leuendichen koningen zo volleyst
as gewoinlich is iiii mrk."13)

An dem neu zusammengefügten Altar-
flügel des Schnütgen-Museums ist keine Figur
als Stifterporträt kenntlich, auch fehlt auf

13) Karl Künstle, »Die Legende der drei
Lebenden und der drei Toten und der Totentanz.«
(Freiburg 1908.) — Auch noch andere Eintragungen
Herman Scherfgins lassen sich auf Vorhandenes
beziehen z. B.: „Van dem gehemels — Item des
.20. dais im Junius (1449) gaff ich dem kystenmecher
inlgain H. goydart vamme Wasservas ouer as van
deme gehemels zo machen veire nuwe stolgin ind ouch
in der gerkameren kost zosamen i i i mrk. —

Dies Votivbild für Gerhard v. d. Wasserfass und
„den junger her Goydaert" steht jetzt im Wallraf-
Richarlz-Museum Nr. 48. Die Entstehung wurde
von mir (in dieser Zeitschrift VIII (1895) Sp. 334)
zwischen 1430 und 1437 als äußerste Termine an-
gesetzt. Innerhalb der Kölner Schule ist das Gemälde
bemerkenswert als primitiver Versuch einer erweiterten
Raumdarstellung und als Zusammenfassung mehrerer
Passionszenen in einer Folge lebhaft bewegter Gruppen.
Die Anordnung an aufsteigendem Bergeshang zwischen
zerklüfteten Felsen und Erdkegeln verursacht zwar
große Schwierigkeiten. Dazwischen erfreuen kecke
Motive aus dem wirklichen Leben. Der Bildrand ist
nicht konsequent als Grenze festgehalten. Das hell-
braune Pferd vorn steht mit einem Huf auf dem
Rahmen. Die Beine des knienden Stifters ragen über
den Bildausschnitt hinaus.

1455 „Item sodinckt ich meyster Clais by den
mynrebroederen dat gehemcltz zo machen in der
spurkelen [Februar] ind sacht mir zo it sulde gemacht
sin zo halffasten ind sal it machen as dat in deme
Heyligengeyst huys [Hospital am Domhof] henckt ind
dat gesmyde sal he bezalen ind ich sal Eme geuen
vjj ouerl. guld. — Kirchmeister Herman Scherfgin
„ind vrauwe Beylgin" [Hirtz von der Landskrone]
hatten ihren Stuhl in St. Laurenz. Das Votivbild
scheint nach diesem Auftrag komplizierten Inhaltes
gewesen zu sein. Die Tafel im Wallraf-Richartz-
Museum Nr. 124 mit vielfigüriger Darstellung aus
der Apokalypse zeigt das genannte, an beiden Wappen
kenntliche Donatorenpaar und bietet somit zum ersten
Mal die Möglichkeit, eine Leistung der Kölner Maler-
schule des XV. Jahrh. auf den Urheber, Stifter, Enr-
stehungsdatum, Standort und Preis zu bestimmen
Aldenhoven (»Geschichte der Kölner Malerschule«
(1902) S. 202) erklärte das Stück, welches einst in
unmittelbarer Nachbarschaft des städtischen Museums
entstand für niederländischen Import. Vergl. meinen
Artikel in dieser Zeitschrift X2III 1910 Sp. 5.
 
Annotationen