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Zeitschrift für christliche Kunst — 23.1910

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Firmenich-Richartz, Eduard: Der Meister von St. Laurenz
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https://doi.org/10.11588/diglit.4155#0228

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329

1910. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

330

dem Teilstück die Hausmarke, und doch ist
die Vermutung gestattet, daß ein Rest von
Peter Ketzgyns Stiftung für einen Marien-
altar uns hier erhalten blieb.

Der Name „Meister von St. Laurenz"
wurde von mir für den unbekannten Urheber
der Gemälde mit Vorbedacht gewählt. In
der abgerissenen Pfarrkirche befanden sich
noch weitere Arbeiten dieser Hand.

Von dort stammt vor allem eine Tafel in
der Londoner National-Gallery Nr. 687. In
unmittelbarer Anlehnung an jenes vielgefeierte
Vorbild in der Münchener Pinakothek breitet
Veronika das Schweißtuch aus. Doch die
Formen sind nun schon derber geworden, die
Mache flüssiger. Der Epigone erreicht nicht
entfernt die geistige Durchdringung des Gegen-
standes. Dem mystischen Antlitz des Erlöser
auf dem Tuch fehlt der erschütternde Aus-
druck bitterer Qualen. Statt dessen ist in den
starren regelmäßigen Zügen die hieratische
Tradition wieder zur Geltung gebracht. Die
Engelkinder in den Ecken wurden als eigen-
mächtiger Zusatz fortgelassen.14)

Nach dem Stil schließt sich ein weiteres Vera
Ikon an, auf Nußbaumholz gemalt, ehemals
wohl wiederum die Tür eines „Sacramentz
schaff". Derb zugreifende Wiederherstellungs-
versuche schädigten das Stück und erschweren
das Urteil. Der nach festem Schema ziemlich
gedankenlos hingesetzte Christuskopf auf dem
Schweißtuch ist mit brauner Oelfarbe größten-
teils übergangen.15)

Die leider etwas summarische Beschreibung
von Aposteln in der Vorhalle von St. Lorenz
paßte sehr wohl zu einer Reihe schmaler
Gestalten mit den Abzeichen der Jünger Jesu,
die sich heute getrennt im Germanischen
Museum (Nr. 5) und im Magazin des Wallraf-
Richartz-Museums (Nr. 27, 28) vorfinden. 16)

") Vormals Sammlung Weyer Nr. 116 zu Köln. —
E. Weyden, „Deutsches Kunstblatt" II 1851 S. 4.—
C Aldenhoven, „Geschichte der Kölner Maler-
schule" (Lübeck 1902) S. 65.

ir') Wallraf-Richartz-Museum Nr. 12. Sammlung
Dormagen vormals Dr. Kerp. Boisserees Tagebuch
2. Merz 1819. „— Bey Fuchs, Christuskopf auf einem
weißen Tuch byzantin offenbar auf den Salvatorkopf
in den 1 ten ehr. Jahrh. u. Mosaike bezüglich —- aber
schlecht — gedung(?) Ton — zu sehr verdorben."
— Der Scheitel steht nicht in gerader Linie über der
Nasenwurzel. — Schaumgold im Grund und an den
Strahlen des Nimbus.

16) Sulpiz Boisseree a.a.O.: „Dienstag 2. Merz
[1819] bey Wallraf. — Gemähide große Zahl und wenig

Trotz des flüssigen Strichs eines eilenden
Pinsels ist in der Drapierung das an der
Statuarik gereifte Gefühl für Schwung, Gleich-
maß und Abrundung erkennbar. Diese Tafeln
wären nicht ungeeign et gewesen, Sulpiz Boisseree
einen ersten Begriff von Malereien in jenem
weichen gotischen Linienzug und einer aus-
geglichenen Formengebung zu vermitteln. Doch
widerspricht einer solchen Annahme seine
eigene Bemerkung, daß die Tafel mit einem
Gegenstück aus St. Marien herkam. (Nr. 132/133
des Verzeichnisses.)

Der Urheber all dieser Stücke steht in Köln
werktätig inmitten einer breitströmenden Produk-
tion, die von Hermann Wynrich zu Stephan
Lochner hinleitet. Alle Vorführungen beherrscht
jener weiche Liebreiz, der die Gestaltungskraft
völlig sättigte. Man ist stetig bemüht, jene
bewunderten Tafeln durch vielfarbigen Glanz
und zartgestimmte Schillertöne noch zu über-
treffen. Indem nun der Meister gleichmäßig
emporgerichtete rosige Köpfchen mit weit-
geöffneten Augen haufenweise übereinander-
setzt oder am Bildrand wie in einer Perlen-
schnur aufreiht, stellen sich schüchtern doch
schon die ersten Forderungen einer neuen
Kunst ein.

Die altbewährten Kompositionen beginnen
sich den deutlicher werdenden Begriffen von
der sichtbaren Wirklichkeit anzupassen. Will
man hinter der Zeit nicht zurückbleiben, so
muß auch im Bilde der kubische Wert der
Körper, ihr Beieinander im Raum zur Wieder-
gabe kommen. Man macht also Versuche,
den Schauplatz anzudeuten und fest zu um-
grenzen. Doch damit steht die Ansammlung
zahlreicher Personen, der ausführliche Bericht

von Bedeutung — alles, was wir ihm gegeben, leuchtet
am meisten hervor — Maria mit Barbara und Catha-
rina zur Seite aus Maria Ablaß merkwürdig — Dürers
Schule fast wie Scheuflin ? [jetzt Nr. 405] Kreuzigung
großes Crucifix vielmehr mit schwarzem Grund, Maria
in weißem Mantel daneben und Johann in rothem,
unten Donator kniend 1458 [jetzt Nr. 97] ganz wie
unsere Magdalena und die Apostel von Schüller bey
Fochem. Sodann Maria, Hieronymus Donator von
uns mit d. J. 1431 [jetzt Nr. 67.] Ich finde mehrere
Bilder, die uns weggekommen — die kleinen Apostel,
welche Zimmermann gehabt." . . .Aldenhoven a. a. O.
S. 83. — Das Triplychon in der Münchener Pinakothek
Nr 6, 7, 8. Kruzifixus, Maria und Apostel stammt
nicht aus der St. Lorenzkirche. Boisserees Verzeichnis
Nr. 10 „Die Apostel mit dem Kreuz aus St. Gereons
.Sakristey. Links Außenseite St. Christoph, rechts
St. Gereon."
 
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