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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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323

1911. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

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b'00 Monogramme und Signets. Eine Sammlung
von 600 verschiedenen, zum Teil preisgekrönten
ornamentalen Monogrammen, Initialen und Signets
auf 30 Tafeln nach Entwurf erster Künstler. Heraus-
gegeben von Hofrat Alex. Koch. 1911. Darm-
stadt, Verlag Koch. Kartoniert 5 M.
Diese neue Veröffentlichung des ungemein rührigen
Verlags verdient weitesten Kreisen bekanntgegeben
zu werden, da sie, wieselten ein Buch, die praktischen
Interessen scharf ins Auge faßt und eine erstaunliche
Fülle von durchweg nur gutem und vorbildlichem
Material bietet. Wenig war eigentlich bislang auf
diesem Gebiete erreichbar, immer und immer noch
werden unseren Frauen die abgenutzten Schnörkel-
buchstaben feilgeboten, die nichts sagen, die überaus
unklar sind und eine Bewertung des Stickmateriales
usf. einfachhin verächtlich liegen lassen. Und doch,
umgeben uns diese Zeichen nicht allerorts im Alltags-
leben, in der schönen Leinwand, in Seide und "Wolle?
Was die Sammlung der Monogramme so wertvoll
macht, das ist die Vielseitigkeit der Auswahl und das
starke anregende Element, das in diesen von Künstler-
hand entworfenen Namenszügen steckt. Mag die ein-
zelne Stickerin nicht immer gerade das von ihr gesuchte
Monogramm finden, mit Leichtigkeit wird sie aus dem
Vorhandenen eigenhändig das Gewünschte komponieren
können. Im Gegensatz zu den bislang üblichen Ver-
schnörkelungen bieten diese Signets und Monogramme
nur rein ornamental gehaltene, strenge Formen, die
sich den gegebenen Flächen glatt eingliedern. Vielfach
vereinigen sie mit dem Vorzug starker dekorativer
Wirkung noch den der Einfachheit in der Herstellung.
Einzelne besonders feine Signets, Randleisten und
Füllungen werden anregend wirken. Kurzum, das
Buch ist höchst empfehlenswert, und wir möchten
ihm von Herzen denkbar weite Verbreitung wünschen,
zumal in den Kreisen der stickenden F'rauen. Dem
Verlag gegenüber aber sprechen wir den Wunsch aus,
daß er es bei dieser ersten Lieferung nicht bewenden
lasse, daß er noch weitere ähnliche Publikationen
unter das Volk bringe. Witte.

Carl Moritz. Kirchliche Bauten und
Klöster, Erziehungsanstalten und Kran-
kenhäuser. 7. Sonderheft 1910 der „Architektur
des XX. Jahrh." Berlin (Wasmuth).
Bei der kirchlichen Baukunst ist das Problem,
wie sich die Kirche zur Gegenwartskunst verhalten
soll, am schwierigsten zu lösen; wächst doch der wahr-
haft künstlerische Sakralbau von innen nach außen,
aus der Zweckbestimmung heraus. Ist die Be-
stimmung des Gottestempels eine andere, eine neue
geworden ? Im wesentlichen nicht, und deshalb ver-
söhnen wir uns gerade auf dem Gebiete der kirch-
lichen Architektur am ehesten mit Bauten, die von
historischen Stilen borgen, den modernen Bedürfnissen
aber, \ornehmlich der heutigen Straßen- und Platz-
erscheinung, gebührend Rechnung tragen. Andernfalls
wirkt die Kirche als Fremdkörper, unversöhnlich, ent-
stellend. Aber, hat unsere Zeit nicht das Recht so
gut wie das XIII. Jahrh., ohne daß Forderungen der
Zweckbestimmung vorliegen, in ihrem Geschmacke
zu bauen ? — Wenn ich sagte, die bedingenden Fak-

toren seien im wesentlichen dieselben geblieben, so
muß ich da auch einige Einschränkungen machen.
Zweckbauten im reinsten Sinne des Wortes will unsere
Zeit auch in der Hinsicht, daß überflüssiger Schmuck
zurücktrete und materielle und künstlerische Kraft in
der Hauptsache auf den eigentlichen Bau, den Raum
als solchen, geworfen werde. Wie fremd muß sich
eine aus dem Boden gestampfte gotische Kirche mit
hundert Fialen und Türmchen und Maßwerken in-
mitten der Kohlenzechen und rauchenden Fabrik-
schlote fühlen, eine aufgeputzte Dame inmitten robuster
Kraft! Unser Fühlen und Denken ist auf diesen
tiefen, wuchtigen Akkord nun einmal gestimmt, und
in ihn soll kein Mißton fallen. Über die unglückliche
Zeit des Jugendstiltraumes mit seinen unreifen, kon-
fusen Piodukten sind wir glücklich hinaus, und die
moderne Profanarchitektur hat sich auf ihre Aufgabe
besonnen, architektonisch zu bleiben, sie ist es bis-
weilen sogar zu sehr. Das ist eine glückverheißende
Aussicht auch für die kirchliche Kunst. Wir lassen die
Modernen im guten Sinne still arbeiten und schaffen
und hoffen mit ihnen, daß sie allmählich so gut eine
glückliche Aufwärtsentwicklung finden, wie die histo-
rischen Stile in Jahrzehnte-, ja jahrhundertelangem
Ringen sie gefunden haben. Wir dürfen auf unserer
Seite Moritz wohl zu denjenigen zählen, die das Zeug
in sich tragen, eine führende Rolle zu übernehmen.
Wie er die Alten schätzt, und wie er ihr Schüler zu
sein sich müht, das zeigen die prächtigen Reiseskizzen,
die er, auf einfachere Formen reduziert, in ihrer Ge-
samtwirkung zu verwerten sucht unter streng gesetz-
mäßiger Verteilung der Haupt- und Nebenfaktoren,
der architektonischen und dekorativen Elemente, die
sich nach Bedeutung und Rang unter- und überordnen.
Geschlossene große Raumwirkungen, fein abgestimmte
lichte Räume schafft er durch sturke Betonung des
Gegensätzlichen und die zielbewußte Einheitlichkeit.
Auf die weiträumigen Umgänge der mittelalterlichen
Kirchen verzichtet Moritz, indem er allen Platz in den
einen großen Versammlungsraum mit dem alles be-
herrschenden Altar einbezieht, ohne die kleineren,
lauschigen Kapellen und Nischen zu unterschlagen, in
denen die Einzelbesucher der Kirche in intimster
Sammlung dem Gebete obzuliegen pflegen. Dem
großen architektonischen Gedanken unterwirft sich die
Malerei wie die Plastik, letztere hie und da vielleicht
zu sehr, indem sie sich in den Altären usf. verflüchtigt
in der zu straffen Eingliederung in die Architektur.
Doch mag da die farbige Wirklichkeit helfend und
bessernd eingreifen, die Reproduktion reicht da nicht
aus. Moritz vertritt wie viele seiner Kollegen den
Standpunkt, daß dem Architekten auch die endgültige
Ausschmückung des Kirchenbaues zustehe. Dabei
werden Plastik, Malerei wie Kunstgewerbe niemals
die freie Entwickelung nehmen können, die allein sie
groß machen wird.

Das Heft bietet den Interessenten vielfache An-
regung. Mit dem auf Seite 51 abgebildeten Kirchengerät
mag ich mich nicht befreunden, wenigstens nicht mit
den beiden Monstranzen, bei denen die Schmiegsanikeit
und Biegsamkeit des Metalles gewaltsam zurückgedrängt
erscheint; die Lösung ist zu gewollt.
Köln. Witte.


 
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