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Zeitschrift für christliche Kunst — 29.1916

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176

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 10/1

zum Teil zerstörte, wie Sehgenthal und
Steinbach, werden geprüft, namentlich auch
hinsichtlich des Westbautypus als eine
mittelrheinische Spezialität; des ferneren
diejenigen zu Schlüchtern und Dompeta,
und eingehende Untersuchung erfährt die
Kirche auf dem Petersberge bei Fulda, be-
sonders wegen des Turmes. — Den meisten
Untersuchungen sind Textabbildungen, vor-
nehmlich einfache, aber klare Grundrisse
beigegeben, und die photographischen Auf-
nahmen, welche Innen- und Außenarchi-
tektur, mehr noch Portale mit ihren Skulp-
turen betreffen, sind dankenswerte Beigaben
zu dem so instruktiven wie anregenden Texte.

S.

Zwei Jahrhunderte deutscher
Malerei von den Anfängen der deut-
schen Tafelmalerei im ausgehenden XIV.
bis zu ihrer Blüte im beginnenden XVI.
Jahrhundert von Kurt Glaser. Mit
250 Abbildungen. F. Bruckmann in
München 1916. 8,50 M., in Leinen 11,50 M.
Die Kenntnis der deutschen Tafelmalerei,
deren Glanzzeit kurz vor dem Schlüsse des
XIV. Jahrh. beginnt und vor der Mitte des
XVI. Jahrh. endet, hat in den letzten Jahr-
zehnten dank unermüdlicher Forschung in
den Kirchen und Museen, in den Archiven
der Gotteshäuser und Rathäuser ungemein
gewonnen. Die vergleichenden Studien
haben auch durch den rührigen Stab von
jüngeren Kunstgelehrten eine Menge neuer,
vor dreißig Jahren noch ungeahnter Ergeb-
nisse geliefert, namentlich in Süd- und Mittel-
deutschland, selbst im Norden, wobei die
Inventansationsarbeiten nicht selten die An-
regung boten, auf die Fährten führten.
Nicht nur neue Meister und Schulen sind
durch vergleichende Prüfung festgestellt,
auch neue Namen der Vergessenheit ent-
rissen worden. Obgleich immer noch hervor-
ragende eigenartige Meister (namentlich in
Köln) sich gefallen lassen müssen, nach
einem ihrer Hauptbilder genannt zu werden,
so haben sich doch die Zusammenhänge
nicht nur in den heimischen Orten, sondern
auch in ganz entfernten, durch Em- und Aus-
wanderungen von Meistern und Schülern
neu gewonnenen Bezirken immer mehr geklärt.
Es erschien daher angezeigt, daß ein be-
rufener Forscher die bisherigen Resultate
zusammenfaßte, die Beziehungen der Meister
untereinander klarlegte auf Grund ander-

weitiger Feststellungen und eigener Beobach-
tungen. — Keiner erschien dazu berufener
als Glaser: die Objektivität, mit der er
prüft, die Art, wie er sieht und beschreibt,
wie er vergleicht und gruppiert, qualifiziert
ihn besonders für die Aufgabe, die Zu-
sammenhänge festzustellen. Ihm bei diesen
feinsinnigen Analysen und deren Fassung zu
folgen, ist ein Genuß, und der schwer-
wiegende, auch dem Verleger hoch anzu-
rechnende Vorzug, daß vortreffliche Abbil-
dungen die Beschreibungen unmittelbar von
Seite zu Seite durchweg begleiten in geradezu
musterhafter Anordnung, verleiht der Lek-
türe einen hohen Grad der Belebung und
Spannung, die sich behaupten und mehren,
so daß es einer weiteren Empfehlung des
vortrefflichen Buches gewiß nicht bedarf.

S.

S 111wand1ungen und Irrungen
in den angewandten Künsten.
Von Karl 0. Hartmann. Olden-
bourg in München 1916. 2 M.
Vom Kriege und der durch ihn bewirkten
nationalen Erhebung erwartet der Verfasser
auch eine Neugeburt auf dem Gebiete der
angewandten Künste, eine Er-
lösung aus dem Wirrsal, in das sie geraten
sind, nachdem die Stilwandlungen
(Jugendstil, Purismus, Anklang an Bieder-
meier und Barock) als ganz mißglückt sich
erwiesen haben. — Die Stilforderun-
gen werden präzisiert auf der Grundlage
des Zusammenwirkens von Volkstum und
Künstlenndividualität, aus dem der Zeitstil
sich entwickeln soll, gegenüber den Stil-
i r r u n g e n , die zumeist durch reine Will-
kür, durch vollständige Verkennung und
Verleugnung der früheren Stilarten ent-
standen sind als unnatürliche Treibhaus-
pflanzen. — In sehr präzisen Darlegungen,
in denen die Grenzen der Individualität, die
Bedeutung bzw. Vorbildlichkeit der früheren
nationalen Stile, namentlich der mittelalter-
lichen, noch etwas stärker hätten betont
werden dürfen, entwickelt der Verfasser
seine Grundsätze und Vorschläge, die durch-
weg gesund sind und der Beachtung würdig.
— Der warme Appell an die Künstler und
Kunstfreunde, an das ganze Volk, aus dem
der neue Stil als die solide Frucht der neuen
Erhebung sich entwickeln soll, als hei-
misches, echt deutsches Gebilde, möge kräf-
tigen Widerhall finden! S.
 
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