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Zeitschrift für christliche Kunst — 34.1921

DOI Heft:
Heft 1- 3
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Witte, Fritz: Die Serie der frühromanischen Vortragekreuze
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https://doi.org/10.11588/diglit.4344#0014

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ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. Nr. 1-3

' Ganz noch im Sinne der wohl unter nordfranzösischem Einflüsse entstandenen
edelsteingeschmückten Goldkreuze gehalten ist das Kapitelskreuz von Osna-
brück. Abgesehen vom Denkmälerarchiv hat sich nur Schnever in seinem er-
staunlich unzuverlässigen „Dom zu Osnabrück"4 mit dem Prachtstück befaßt.
Das Kreuz hat eine Spannung von 68:60 cm, eine Breite der Balken von 6 cm.
Der Holzkern ist auf der Vorderseite mit dünnem vergoldeten Silberblech mit
Zutaten von Goldblech, auf der Rückseite mit vergoldeten Silberplatten über-
zogen (Abb. 1—4).

An der Grundform des Kreuzes ist als von Bedeutung für Alters- und Her-
kunftsbestimmung hervorzuheben: die absichtliche Entfernung von der Form
der Kruzifixuskreuze durch schmale Gestaltung der Balken, die nichtquadra-
tischen schaufei- oder krückenförmigen Balkenenden, die quadratische Erweite-
rung des Balkenschnittpunktes. Diese Grundform erinnert direkt an die älteste
Form deutscher und französischer Kreuze, wie wir ein solches in dem Stück im
Germanischen Museum zu Nürnberg vor uns haben, wie sie sich weiterentwickeln
über das Lotharkreuz in Aachen und Kreuz I und II in Essen/' Das Bernwards-
kreuz in Hildesheim und das Rogeruskreuz in Berlin aus Enger-Herford weisen
größere Schaufeln auf, das in Berlin verläßt aber bereits die rein quadratische
Form derselben. Schon die äußere Form weist das Osnabrücker Kreuz in das
XI. Jahrh. Für diese Datierung spricht aber erst recht die Behandlung der Vorder-
seite mit Filigran und Steinschmuck. Ich kann mich im Hinblick auf diese cha-
rakteristische Steinfassung und die Linienführung des gekörnten Filigranes nicht
dazu verstehen, das Osnabrücker Kapitelskreuz in eine Beziehung zur Werk-
statt des Rogerus zu bringen. Nur eine augenfällige Verwandtschaft ist festzu-
legen, nämlich die mit der Trier-Regensburger Schule und über diese weg mit
den Werkstätten von Reims8. Am größten ist die Übereinstimmung mit dem
unter dem Einfluß eben dieser Schule entstandenen Kaiserschatze in Wien7, mit
einem Metzer Evangeliar in der Nationalbibliothek in Paris und einem eben-
solchen im Louvre. Letzteres ist besonders deshalb zu erwähnen, als auch bei
ihm die Mischung zwischen Fihgran-Steinschmuck und über Wachsmodell ge-
triebenen Goldreliefs auftritt, wie beim Osnabrücker Kreuz in der weich getriebe-
nen Kreuzigung am Kopf des oberen Balkenendes. Ich weise auch hier auf die
auffällig starke Verwendung der Perle, die ja auch der Rogeruswerkstatt, hier
aber in oft aufdringlicher Häufung, eigen ist, wie das Engerkreuz in Berlin er-
weist. Die Beziehungen der Abdinghoffwerkstatt und der Schule des Rogerus
zu Nordfrankreich und Trier, Regensburg, Reichenau sind ja auch längst er-
wiesen und Übereinstimmungen in einzelnen Teilen für diese Goldschmiede-
werkstätten des XL Jahrh. selbstverständlich. Das Osnabrücker Kreuz trägt aber
die Merkmale jener Trier-Regensburger Schule in ihrer Frühzeit so deutlich an
der Stirne, daß wir ohne Zwang seine Entstehungszeit in die erste Hälfte, wenn
nicht in den Anfang des XI. Jahrh. festlegen dürfen. Eben die zwingende

4 Der Dom zu Osnabrück und seine Kunstschätze. Osnabrück 1901.

6 Creutz a. a. 0. S. 88, 108, 134, 135.

8 S. dagegen Creutz a. a. O. S. 156. Abbildungen von Reimser Arbeiten bei Marc
Rosenberg, Zellenschmelz, Frankfurt a. M. 1921 S. 51.

7 Abb. bei Creutz S. 112 f. Jul. Schlosser, Die deutschen Reichskleinodien.
Wien 1920, S. 43 ff. v. Falke, der Schatz der Kaiserin Gisela.
 
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