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Zeitschrift für christliche Kunst — 34.1921

DOI Heft:
Heft 1- 3
DOI Artikel:
Witte, Fritz: Die Serie der frühromanischen Vortragekreuze
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https://doi.org/10.11588/diglit.4344#0021

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Nr. 1-3

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

11

Die ganze Reihenfolge entspricht in ihrer Zusammenstellung der überaus klein-
lichen Auffassung jener Frühzeit von der Bedeutung der Reliquien.

Durch die Beziehungen zu Liesborn decken sich gleichzeitig auch die zum
berühmten Stift Essen und seinen künstlerischen Einflüssen auf10. Kunsthisto-
risch ist das Borghorster Kreuz von großer Bedeutung deshalb, weil es die gut
erhaltenen Reliefs aufweist. Ihre Abhängigkeit, wie die des Filigranes und der
Rankenzüge auf der Rückseite von den Einflüssen der Tner-Reichenauer Schule
ist augenfällig. Die Reliefs dieser Werkstatt kennzeichnen sich, wie durch große
malerische Weichheit, so vor allem
durch eine ganz auffällige Betonung
des Gestus im Ausdruck. Ich weise
hin auf die ähnlichen, etwas schlan-
keren Figuren eines etwas jüngeren
Kastens im Domschatz zu Münster
i. W., auf den sogenannten Kodex von
Poussay in Paris und besonders auf
den bereits erwähnten Buchdeckel im
Louvre11. Letzterer stimmt auch in
der Anordnung und Fassung der
Steine, in der Führung des großbogi-
gen Filigrans, vor allem in der plasti-
schen Kreuzigungsgruppe mit dem
Borghorster Kreuz überein. Hier wie
dort die etwas lässige, in nichts an das
Leiden erinnernde hoheitsvolle Hal-
tung Christi, die gleiche unplastische
breite Gestaltung des Körpers, die
leicht wie zum Segen geschwungene
Haltung der Arme und, was besonders
auffällig erscheint, eine verblüffende
Kongruenz der Gestalten Maria und
des hl. Johannes, von denen letzterer
bei beiden Objekten bezeichnender-
weise mit der Rechten die zum Aus-
druck der Trauer erhobene Linke
stützt. Auch die schreitende, auf das
Kreuz gerichtete Haltung der beiden Figuren deckt sich beim Borghorster Kreuz
und bei dem Buchdeckel im Louvre.

Da die Filigrantechnik Verwandtschaft zeigt mit der des Theuphanukreuzes
im Stift Essen, zudem Essener Beziehungen schon durch die Patrone Kosmas
und Damianus, wenn auch indirekt über Liesborn sich nahelegen, kann kein
Zweifel mehr daran sein, daß das Borghorster Kreuz im Einflußkreise der frühen

Abb. 7.

Bronzekreuz des XII. jahrh.

10 Über Borghorst vgl. das überaus fleißige Buch von Rieh. Weining, Das frei-
weltliche adelige Fräuleinsstift Borchorst. Münster i. W. o. J. (1920). Dort Beschreibung
und Würdigung des Kreuzes nach Tibus (Gründungsgeschichte S. 571 ff.) S. 32 ff. mit Abb.

11 Beide abgeb. bei C r e u t z a. a. O. S. 125, 127, 129.
 
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