Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 34.1921

DOI Heft:
Heft 6-7
DOI Artikel:
Witte, Fritz: Die Madonna mit der Ebsenblüte, ihre Echtheit und Herkunft
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4344#0087

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 6/7 ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. 75

DIE MADONNA MIT DER ERBSENBLÜTE,
IHRE ECHTHEIT UND HERKUNFT

(Mit Tafel II und II Abbildungen.)

Der Klarenaltar im Dome zu Köln ist 1909/10 von Fridt gereinigt
worden. Ich konnte nur in den letzten Stadien den Prozeß verfolgen
und tat es, das sei hier ehrlich gestanden, trotz Gutachten und trotz
Entdeckerfreude der damals maßgebenden Persönlichkeiten, mit sehr ge-
mischten Gefühlen. Was ich noch an Resten von Ubermalung gesehen habe,
hat mich keineswegs so unbedingt davon überzeugt, daß des Restaurators
Fridt Behauptungen richtig seien. Ob man nicht besser wenigstens einen
geringen Teil der Ubermalungen als dokumentarisches Denkmal erhalten
hätte? M. E. baute man damals zuviel auf technische Erscheinungen auf
und vergaß, daß man auch heute noch lange nicht die Malverfahren des
Mittelalters genügend kennt. Es wird vielleicht in Bälde Gelegenheit ge-
geben sein, an dieser Stelle über die Maltechnik gerade der „Kölner" Näheres
zu berichten.

Ist schon das Fälschen der Technik nicht so einfach, so erst recht nicht
das der stilistischen Eigenarten. Stilistisch waren Generationen von Kunst-
kennern im Klarenaltare „getäuscht" worden.

Doch, die Ubermalungen des Klarenaltares sind hin, dem Wischtuche
und dem Radiermesser sind sie verfallen.

In Verfolg der mit solcher scheinbaren Sicherheit und Unfehlbarkeit
gemachten Entdeckungen am Klarenaltare ging man 1909 weiter. Die Ent-
deckerfreude wurde rücksichtslos, wurde brutal. Fridt witterte überall, wo
die Malschicht von Haus aus dünn war und zudem durch spätere Waschungen
gelitten hatte, wo dann auch noch eine schulmäßige Eingliederung eines
Bildes in eine einmal kunsthistorisch festgelegte Gruppe unmöglich erschien,
Fälschungen und zum mindesten Ubermalungen. Wo dann auf bislang ver-
ehrten Bildern die gewiß bedeutsamen Craqueluren nicht ganz zu stimmen
schienen, jedenfalls anders waren, als bei den Meistern der Kölner Schule,
da setzte der Verdacht ein, und Köln und die Kunstwelt mußten es er-
leben, daß schließlich eines der bedeutsamsten Bilder der sogenannten
Kölner Schule, Die Madonna mit der Wickenblüte, richtiger mit
der Erbsenblüte, kurzerhand mit den Ubermalungen des Klarenaltares in
die Rumpelkammer wandern sollte. Joseph Poppelreuter grub das Kriegsbeil
aus. Er fand Anhang, aber auch Widerspruch, und letzteren nicht bei den
schlechtesten Historikern und Fachleuten. Auch ich habe noch Jahre lang
mit Poppelreuter, der stets das Bemühen hatte, den Dingen ehrlich auf den
Grund zu gehen, der aber auch in einem angeborenen Skeptizismus überall
Fälschung und Verdrehung witterte, des öfteren über die „Wickenblüte"
gesprochen. Nicht sehr lange vor seinem Tode hat er mir gestanden, daß
mit der Wickenblüte allerdings manch' andere Bilder des Wallraf-Richartz-
Museums fallen müßten.

Es dürfte überflüssig sein, an dieser Stelle noch einmal alle die Ein-
wendungen und Widerlegungen zusammenzutragen, die in Sachen der Wicken-
 
Annotationen