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Zeitschrift für christliche Kunst — 34.1921

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Heft 10-11
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4344#0182

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170

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 10/11

BÜCHERSCHAU.

Geschichte der Goldschmiedekunst
auf technischer Grundlage. Zellen-
schmelz. Von Marc Rosenberg. Verlag
Jos. Baer & Co., Frankfurt a. M. 1921.
Preis M. 460.—.

Bei Marc Rosenberg sind wir restlose Klar-
heit in Darstellung, Definition und Inter-
pretation gewohnt. Sein „Zellenschmelz",
fast eine märchenhafte Veröffentlichung in
dieser Zeit, ist wiederum glänzend, erfreulich
durchsichtig und erschöpfend. So kann nur
der schreiben, der mit der Materie voll-
kommen verwachsen ist.

Wie Theophilus in seiner Schedula, nimmt
Rosenberg uns an der Hand und führt uns
an die Werkbank; hier macht er uns die
Technik vor vom ersten bis zum letzten
Handgriff. Die Begriffe von Zelleneinlage
und Zellenschmelz: — lassen wir nach
seinem Vorgehen doch endlich die häßlichen
Fremdwörter weg — ganz klar sind sie defi-
niert: Zelleneinlage ist eine Arbeit mit
kalt eingelegten Steinen in Zellen;
Zellen schmelz ist eine Arbeit mit einge-
schmolzener Glasmasse in Zellen. Also
„Einlage" und „Zellenschmelz" haben wir
für die Frühzeit, nicht „Zellenverglasung",
denn nicht Glas, sondern Almandine, also
Halbedelsteine geben die Einlage in den
Zellen ab.

In einem weiteren Kapitel macht R. uns
bekannt mit dem ägyptischen Chesbet, der
Blaufarbe, von der er vermutet, daß sie als
sogen. Halbemail, also ohne Schmelzhitze
durch ein Bindemittel in die Goldschmiede-
arbeiten eingetragen worden ist. Daran
schließen sich die aus Eukomi auf Zypern
gefundenen, vielleicht auch dort entstandenen
Goldanhänger an, die erstmals das dünn
eingeschmolzene Email mit höher stehenden
Stegen aufweisen. Sie leiten gleichzeitig über
zu dem erst im XV. und XVI. Jahrh. für
uns wieder auftauchenden Drahtemail. Bei
den mykenisch-kretischen Fundstücken sind
zu unterscheiden solche, die das Email, und
zwar nunmehr tadellos bis zum vollen Glanz
durchgebranntes Email, in weich-mulden-
förmigen Vertiefungen aufweisen, und solche,
die die alte Technik der eingestrichenen,
nicht durchgebrannten Masse vereinigen mit
vorbildlich gelegten Zellenschmelz Stegen.
Melisch-zyprische Funde führen uns dann
an das eigentliche Drahtemail, ohne welches
der Übergang zum vollendeten Zellenschmelz

kaum zu denken ist. Das Drahtemail scheint
dann vorläufig in der Entwicklung stecken
geblieben zu sein. Eine Überleitung zum
Zellenschmelz bilden die von Glasarbeitern
hergestellten goldumränderten Bildwerke auf
blauem Glasgrunde.

Ein zweiter Abschnitt behandelt die Tech-
nik. Ausgehend von den Vorschriften des
Rogerus in seiner Schedula wird zunächst
das Verfahren des Emailherens aufs ein-
gehendste behandelt. Selbst die schwierigen
Stellen bei Rogerus werden unter der Leitung
des erfahrenen Fachkenners fast restlos klar.
Die Stelle „Post haec in omnibus domun-
culis, in quibus electra ponenda sunt" usw.
ist mir allerdings auch in R.s Erklärung
nicht vollkommen verständlich geworden; ich
glaube, da kann nur ein hoffentlich doch
noch einmal geschehender Fund Aufklärung
verschaffen. Es werden dann weiterhin die
Farben behandelt, besonders auch in bezug
auf die Einwirkung ihrer Schmelzfähigkeit.
Aufklärung erhalten wir auch über den
Vorgang des Schleifens und Polierens. Ein
weiterer Exkurs behandelt den Unterschied
zwischen Vollschmelz, der die gesamte
Grundplatte füllt, und Senkschmelz, bei dem
das emaillierte Bild inmitten des freibleiben-
den Goldgrundes liegt, wie beim Theuphonu-
kreuz in Essen. Ein weiterer Exkurs handelt
von der Befestigung der Emailplatten durch
Uberfalzen des Randes, durch Aufnieten,
Einklemmen, durch übergebogene Zangen,
Zungen oder Lappen, oder durch Aufnähen
auf Paramenten. Das letzte Kapitel handelt
von den Stegen, wie sie gebogen werden, wie
ihre Ausnutzung zur Zeichnung erfolgt von
den einfachen Früharbeiten bis zu den die
Goldstege überreich zu Worte kommen lassen-
den Schmelzen um 1300. Abendland und
Morgenland werden zueinander in Vergleich
gestellt, und dadurch wird eine für den For-
scher wertvolle und sichere Basis gewonnen.

Vor solchen Arbeiten, wie der Rosenbergs,
steht man mit Staunen, Bewundern und Dank
zugleich. Sie sind für den Forscher wahre
Pionierarbeiten, die ihm größere Sicherheit
geben als alles andere. Diese neue Ver-
öffentlichung reiht sich den früheren des
Verfassers würdig an, sie ist mustergültig
und abschließend nach jeder Richtung. Dem
Verfasser sei deshalb an dieser Stelle Dank
gesagt für seine hingebende, sorgfältige Lei-
stung. Witte.
 
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