Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

DOI Artikel:
Strzygowski, Josef: Der Kiosk von Konia
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0018

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
6 Josef Strzygowski-Graz.

Mokattam errichten ließ, um den Blick über Kairo, den Nil und die Pyramiden zu ge-
nießen. Darüber berichtet Abu Salili 49 a1, wo er vom Kloster al-Kusair spricht. Dieses
Melkitenkloster, zwischen Turfa und Heluan gelegen, war von Arkadius gegründet und
hatte vorzügliche Malereien und Mosaiken. «Das Kloster enthält auch ein Zimmer des
Khamärawaih, welches vier Fenster an seinen vier Seiten hat.2 Das scheint auf einen
Aussichtsturm, allerdings einen freistehenden, zu weisen. Gewöhnlich ist aber wohl ein
luftiger Anbau oder Vorbau, etwa wie ihn romanische Kirchenportale zeigen, gemeint.
Man mag diese samt den Löwen, auf denen die Säulen stehen, unmittelbar vom Orient
herübergenommen haben, wo das hittische Hilani einst die Anregung der ganzen Bau-
form gegeben haben könnte. Tatsache ist, daß ein solcher Säulenvorbau an den
islamischen Bauten Indiens die Regel ist.3 In Kleinasien und Syrien ist er an alt-
christlichen Kirchen nachweisbar, doch fehlt er im Islam. Zu einer Herleitung der
Bauform aus Vorderasien stimmt auch, was mir G. Jacob über den Ursprung des
Wortes schreibt.4

Der Unterbau unseres «Turmes» war mit Marinorplatten verkleidet (?), der eigent-
liche Kiosk darüber zeigt rein keramischen Schmuck. Uns im Abendland ist eine ähnliche
Art Wandschmuck u. a. von S. Marco in Venedig, S. Vitale in Ravenna und den Nor-
mannenbauten in Palermo her bekannt. Nur betrifft sie da nie oder selten das Außere,
sondern immer das Innere der Bauten: die gerade aufsteigenden Wandteile bis zum Kranz-
gesims sind mit Marmor belegt, darüber, beim Ansatz der Bogen und Gewölbe, beginnt
das Mosaik. Das Prinzip also ist das gleiche und wir stoßen am Kiosk von Konia
auf das Glied einer Reihe, die wohl auf dasselbe Zentrum zurückging, wie die spät-
antikes, byzantinischen und südislamischen Belege: auf Persien. Dort, speziell im
mesopotamischen Gebiet, ist die Verkleidungstechnik des Bauschmuckes zu Hause.
Ägypten und Hellas bauen in Stein und blenden der Mauer keine eigene Schmuck-
wand vor.

Ziegelschmuck im Außenbau hat sich in dem Kunstkreise um das Mittelmeer
nur sehr spärlich und auch ursprünglich wahrscheinlich nur so weit eingeführt, als
östliche Einflüsse wirksam waren. Ich habe einen Bau Utschajak im zentralen Klein-
asien als Vertreter der Gattung nachgewiesen, die Ausgangspunkt für die stufen-
förmig ineinander gelegten Blendnischen, wie an der Roccelletta bei Catanzaro, war5;
ähnlich liegt der Fall wahrscheinlich für die schönen Ziegelornamente in frühen Bauten
Südfrankreichs, und was man in Hellas, Saloniki und in Konstantinopel selbst (Tekfur
Serai) sieht, wird wahrscheinlich auch auf vorderasiatische Anregungen zurückgehen.
Einer der frühest datierten islamischen Zeugen nun dieser in Mesopotamien heimischen
und von dort aus durch das ganze Altertum und Mittelalter wirksamen Ziegeltechnik

1 Seite 146 der Oxforder Ausgabe.

2 Abu Salili spricht auch von einem Ausblicksorte «Manzarah», den sich Khamärawaih erbauen
ließ, um eine Mosaikmadonna beschauen zu können.

3 Beispiele im Archaeological survey of India.

4 «Kösk (s = sch) bezw. k'ösk — beide Aussprachen sind üblich — haben die osmanischen Türkon von
den Persern entlehnt und dann an diese zurückgegeben. Es kommt bereits im Mittelpersischen, d. h. der
Sprache des Sassanidenreichs als küsk bezw. kösk vor und ist auch ins Altarabische als gausaq übergegangen;
vergl. Lagarde, Ges. Abb.., S. 25; Horn, Grundr. d. nenpers. Etymologie, S. 211.»

5 Kleinasien, ein Neuland, Leipzig, Hinrichs, 1903, S. 32 f. und 22G f.
 
Annotationen