Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 1.1907/​8

DOI Artikel:
Pollak, Fritz: Zwei Wiener Bauten des J. B. Fischer v. Erlach
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.19218#0295

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zwei Wiener Bauten des J. B. Fischer v. Erlach. 283

alle Gebäude, die für Fischer feststehen oder ihm einst für sicher zugeschrieben wurden,
eine gemeinsame Note zeigen - - das Elfachsensystem. So haben die Paläste Traut-
sohn (ungarische Garde), Schönborn, Batthiany-Strattmann, das Hofstallgebäude (sogar
dreimal), die Hauptfront der Hofbibliothek, Clam-Gallas in Prag diese Achsenzahl, die
H. für den Meister so festlegt: 5:1:5, 4:3:4, 3:5:3, 2:7:2, 1:9:1. Der vor-
springende Mittelrisalit ist immer unpaarig. Dasselbe System wie an der Sale-
sianerkirche, nämlich 11 Fensterachsen und Einbau der Kirchenfassade in die Kloster-
flügel, hat Fischer noch zweimal ganz ähnlich angewendet: in der Dreifaltigkeitskirche
(1700) und an der Johannes-Spitalskirche (1705), beide in Salzburg. Es unterliegt also
keinem Zweifel, daß auch unsere Kirche Fischers unbestreitbares Werk ist. Allio mag
ja der ausführende Maurermeister gewesen sein. — In der österreichischen Rundschau,
Band XIV, No. 6 ist es dem Schreiber dieser Zeilen gelungen, das Palais Breuner in
der Singerstraße in Wien für Fischer zurückzuerobern. Ilg führt den Stadthauptmann
Johann Christian Neupauer als Architekten in die Kunstgeschichte ein. Nach meinen
Quellforschungen steht die Sache so: Nach dem Wiener Grundbuche gehörte der Grund
von 1664—1670 dem Brigadier Grafen de Souches. 1701 steht das Haus noch nicht,
denn auf der Parzelle sind drei Häuser im Besitz des Grafen in dessen Erbshaftsabhand-
lung vorgemerkt. 1730 erscheint der Bau auf dem Stiche von Pfeffel schon als Be-
sitz des Neupauer angegeben, ohne den Namen des Erbauers zu nennen. Das Grund-
buch sagt weiter: Am 25. März 1715 erwirkt J. Ch. Neupauer und dessen Frau von den
Erben des Grafen de Souches die drei kleinen Häuschen; im Jahre 1727 ist er als Be-
sitzer des Palastes eingetragen, der 1749 bei seinem Bankerott an Frau Maria Anna
von Suttner übergeht. Neupauer hatte ohne Geld den Palast auf Spekulation bauen
lassen und borgte sich hierzu von Frau Suttner 20000 Gulden (im Grundbuch inta-
buliert), die das Objekt dann im Lizitationswege erstand. Gar so mysteriös, wie Ilg be-
hauptet, kam Neupauer also nicht in den Besitz des Palastes. Ein von H. gefundenes
Dokument gibt aber die Gewißheit, daß Neupauer kein Architekt, sondern bloß Bau-
spekulant war. Am 30. Juli 1723 erläßt der Magistrat bezüglich des Auersbe*g-Palais
einen Befehl, daß «J. Ch. Neupauer keine Gebäu kontraktweis bedingen und
aufführen lassen könne, und mithin auf allezeit abgewiesen ward». Die Maurer-
zunft hatte sich gegen die Eingriffe des unbefugten Großkaufmannes und Stadthaupt-
mannes eben gewahrt. Also fällt auch seine Autorschaft am Auersberg-Palais völlig da-
hin. (Siehe Ilg und Gurlitt.) Ferner zeigt unser Palais neben vielen künstlerischen
Ähnlichkeiten mit der Art Fischers auch das für ihn so sichere und bezeichnende Elf-
achsensystem. Die Kleinersehen Stiche zeigen uns ferner im Palais Cavriani (Habs-
burgergasse) und in dem leider schon gefallenen Hause Albrecht am Universitätsplatz
ebenfalls die gleiche Achsenzahl und eine sonstige Übereinstimmung mit unserem
Palais auch in der Geschoßzahl (4), was besagt, daß Fischer sich nicht, wie behauptet
wurde, auf zwei Geschosse kaprizierte. — Endlich fand ich in der Wiener Hofbibliothek
einen Stich nach unserem schönen Palaste, der mit dem Pfeffelschen völlig überein-
stimmt und den Vermerk trägt: «J. B. Fischer v. Erlach fecit et inv.» Die Inven-
tarnummer dieses Blattes ist mir leider verloren gegangen und infolge dreijähriger Ab-
wesenheit von Wien nicht mehr in Erinnerung, wird sich aber leicht eruieren lassen. Im
übrigen verweise ich bezüglich der Innenausgestaltung und anderer Details an diesem
Gebäude auf meine oben zitierte ausführliche Arbeit in der Österreichischen Rundschau.
 
Annotationen