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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Thiersch, Hermann: Antike Bauten für Musik, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0059
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Akustische Gründe also haben, wie ich glaube, den Architekten veranlaßt, seinem
Bau die eigentümliche Substruktion zu geben. Da dieser Meister auch an einem zweiten
Gebäude in Epidauros, im Theater heute noch wahrnehmbar, bewiesen hat, wie eminent
er sich auf die akustischen Erfordernisse eines Baues verstand, so verlohnt es sich zu
überlegen, ob nicht vielleicht auch die übrige Konstruktion der Tholos besonders auf
Akustik hin berechnet ist. . Und das ist tatsächlich in hohem Maße der Fall. So erklärt
sich z.B. auch das ganz eigenartige und bisher immer rätselhafte, geschweifte Profil
des Frieses über dem inneren Säulenkranz (ebenso wiederkehrend an den Parodoi des

Abbildung 14. Junger Kitharode, von Nike bekränzt. Von einer rotfigurigen Vase (nach Journal international

d'archeologie numismatique).

Theaters). Dies Profil ist nämlich nach demselben akustischen Prinzip gebogen, welches
bei den Brüstungen unserer Theaterränge und -balkone keine ebenen, sondern nur ge-
bogene Flächen zuläßt. Das Vorteilhafte dieser Anordnung hatte schon C. Langhans er-
kannt (vergl. Orth im Handb. d. Architektur III, 6, S. 35). «Es müssen nämlich bei
diesen Brüstungen Querschnittsformen gewonnen werden, welche durch ihr bewegtes
Profil den Schall stärker zerstreuen, als ihre Grundrißform denselben sammelt.»

Ganz wesentlich muß dann die Schallwirkung die verschalte, also ebenfalls hohle
und mit Kassettenwerk reich gegliederte Holzdecke erhöht haben. Besonders wenn wir
eine Kuppelform annehmen dürfen, die in hohem Maße schallsammelnd und, was bei
der Dünne der einst unter ihrem Schirm produzierten Klänge besonders wichtig
war, tonverschmelzend wirkt. Eine flache Decke dagegen wirft den Schall zerstreuend

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