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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0079

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Büchermarkt nach einer illustrierten Geschichte
der Architektur Italiens. Wohl finden wir reich-
haltiges Material an wertvollen Monographieen
und Darstellungen einzelner Epochen, doch fehlte
es bisher an einem zusammenfassenden Hand-
buch, welches in einem einzigen Bande das
Wesentliche aus dem weitsichtigen Gebiet der
Italien betreffenden architekturgeschichtlichen
Forschungen alter und neuer Zeit darböte.
Diesem Mangel soll mit der Herausgabe des
vorliegenden Werkes abgeholfen werden.» Der
nach hergebrachter Einteilung angelegte, seiner
ganzen Natur nach kompilatorisch behandelte
Teil wird also durch ein Schlußkapitel über
«das 19. Jahrhundert» erweitert. Es ist richtig,
daß es hier an Vorarbeiten fehlte und die
geeignete Basis für die Ausarbeitung im ein-
zelnen erst geschaffen werden mußte; und es
ist anzuerkennen, daß der Verfasser dieses jen-
seits der Historie gelegenen Stoffes mit gutem
Geschmack Herr geworden ist. Ich gebe auch
gerne zu, daß ich mit besonderem Interesse dieses
Schlußkapitel zuerst gelesen habe; daß es aber
ein wissenschaftliches Bedürfnis gewesen wäre,
diese wenig bedeutungsvollen Mittendurcherwerke
Italiens aus der Zeit allgemeinen Tiefstandes den
gigantischen Schöpfungen einer großen Ver-
gangenheit anzureihen, davon haben mich
weder die Bilder noch die Worte überzeugt.
Dem sehr schön ausgestatteten Buch ist ein
Künstlerverzeichnis, ein Ortsverzeichnis und eine
sehr reichhaltige Bibliographie zur Geschichte
der Architektur Italiens beigegeben. Hierdurch
und durch das überaus reiche, das Gesamtgebiet
durchsetzende Material von allerdings zum größten
Teil bekannten Abbildungen macht das handliche
Werk als Nachschlagebuch für Eingeweihte und
zur Orientierung für Neulinge recht geeignet. H.

P.Eichholz, Das älteste deutsche Wohn-
haus, ein Steinbau des IX. Jahrhunderts (Studien
zur deutschen Kunstgeschichte, Heft 84). Straß-
burg, J. H. Ed. Heitz, 1907. 50 S., 46 Abbildungen
im Text. 8°. 4 Mk.

Nachdem Viollet-le-Due, Heyne, Essenwein
und neuerdings Simon, Stephani und Stiehl eine
umfassende Darstellung des Wohnbaus im Mittel-
alter versucht haben, geht Eichholz noch einmal
auf die Detailuntersuchung zurück. Sein Objekt
rechtfertigt dieses Vorgehen: Es ist das viel um-

strittene Graue Haus in Winkel am Rhein. Keiner
der vielen Forscher, die sich mit ihm befaßt
haben, vermochte eine befriedigende Datierung
und Rekonstruktion des ursprünglichen Zustandes
zu geben; meistens ist das Haus als ein Bauwerk
des 11. oder 12. Jahrhunderts angesprochen worden.
Die primitiven Formen der Fensterdekoration und
die spärlichen plastischen Verzierungen wurden
wegen ihrer Unbeholfenheit als zurückgebliebene
Provinzialkunst aufgefaßt. Demgegenüber analy-
siert Eichholz systematisch die Einzelformen der
Dekoration und findet, daß sie ihre Parallelen
nicht in der Kunst des 11. oder 12. Jahrhunderts,
sondern in der karolingischen undlangobardischen
Kunst des 9. Jahrhunderte aufzuweisen hat. Er
schält sodann den ältesten Baukern kritisch aus
den An- und Umbauten heraus, weist sehr glaub-
würdig nach, daß der ursprüngliche Bau ein
kleines zweigeschossiges Wohnhaus war, mit einer
kleinen angebauten Kapelle im Westen. Den auf
der Südseite vorgelagerten Raum erkennt er als
einen wenige Jahre späteren Anbau, ein Umstand,
der von den früheren Forschern nicht beachtet
worden ist. Ubereinstimmend mit Stephani «Der
älteste deutsche Wohnbau», Bd. 2., S. 537, sieht
er in dem Ausbau auf der Innenseite der Süd-
mauer des alten Baues einen Kamin, dessen An-
wesenheit beim späteren Anbau das Niederreißen
dieses Wandstückes verhütet hat. Eichholz ist
also nicht der erste, der den Kamin erkannt hat
gegenüber Görtz «und seinen Meinungsgenossen»,
die in der Nische einen Hochsitz vermuteten.

Die große Wahrscheinlichkeit, daß wir es mit
einem Wohnbau aus früher Zeit, aber relativ
reicher und sorgfältiger Ausführung zu tun haben,
zusammen mit dem Vorhandensein einer Haus-
kapelle und dem Vorkommen von Kreuzorna-
menten, bringt nun Eichholz auf den Gedanken,
daß das Graue Haus als die Wohnung des Hra-
banus Maurus anzusehen ist. Die volkstümliche
Überlieferung und, was mehr Wert ist, die akten-
mäßig festgestellte Tatsache, daß Hrabanus in
Winkel ein Haus besessen und bewohnt hat,
geben der Eichholzschen Hypothese einen guten
Hintergrund.

Die Arbeit ist sachlich und klar geschrieben.
Die Photographien des Hauses geben" freilich
sehr wenig; vor allem vermißt man einen ge-
nauen, ins Einzelne gehenden Grundriß, auf
 
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