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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 2.1908/​9

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Haupt, Albrecht: Die Aachener Bronze-Gitter und das Theoderich-Denkmal
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https://doi.org/10.11588/diglit.19219#0162

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Die Aachener Bronze -GilAer und das Theoderich-Denkmal.

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Wenn wir die heutige Art der Aufstellung der
Gitter in Aachen genau prüfen, so wird sie uns
immer unverständlicher. Sie sind nach einem
ausgesprochenen System gearbeitet und eingeteilt,
das in Aachen gar keinen Sinn noch Zweck hat.

Die großen Bögen des Aachener Obergeschosses
(Hochmünsters) sind durch je zwei eingestellte
Säulen mit Bögen in drei kleinere Teile geteilt;
ganz gleichmäßig alle acht. Vor diese je zwei Säu-
len — oder je drei Bögen sind die Gitter gestellt.1

Aber nur ein einziges von ihnen, das im
Osten, ist dreiteilig wie die Bögen, entspricht also

Osten.

Die heutige Aufstellung der Gitter im Obergeschoß
(Hochmünster) zu Aachen.

in seiner Einteilung der auf allen acht inneren
Seiten des Gebäudes selber gleichmäßig durch-
geführten Architektur. Das Gitter im Westen ist
fünfteilig, — was man noch gelten lassen könnte,
obwohl ein Grund dafür, daß es nicht lieber auch
dreiteilig sein möchte wie die architektonische
Öffnung, vor der es steht, eigentlich nicht zu er-
kennen ist; denn durch ein etwas breiteres offenes
Mittelfeld konnte entschieden der Kaiser noch
besser hindurchsehen als durch das schmale
mittlere Fünftel.

1 Es ist symptomatisch, daß Dohme in seinem
Durchschnitt des Aachener Münsters die Gitter nicht
vor, sondern hinter die Säulen stellt; einschlagen-
der Beweis dafür, daß sie ihm überhaupt unbequem,
d. h. unorganisch und nicht hierhergehörig erschienen.

Aber daß die sämtlichen sechs anderen Gitter
vor dreiteiligen Öffnungen vierteilig sind, also
daß dort ein Rahmen auf das mittlere Intervall der
drei Bügen kommt, das ist einfach architektonisch
widersinnig, und es läßt sich dafür auch nicht ein
Schimmer eines Grundes oder Zweckes finden,
ja nicht einmal erfinden; besonders nachdem
einmal das dreiteilige Gitter im Osten der Archi-
tektur entsprechend richtig gebildet war, somit
auch der Künstler nicht in den Verdacht geraten
kann, die unnatürliche Einteilung an den Seilen
etwa aus Unkenntnis architektonischer Grund-
sätze gewählt zu haben.

Die graphische Eintragung der Gitter mit ihrer
Einteilung in die Zeichnung des Theoderich-Denk-
mals dagegen löst die Frage nach dem Grunde
jener Verschiedenheit der Gitter - Einteilungen
ganz ohne Rest und zu völligster Klarheit.

Gemäß der architektonischen Gliederung der
Seiten des Zehnecks am Grabmal mußten die
östliche und westliche Seite, die eine Mittelüffnung
haben, in der Mitte ebenfalls ein Intervall be-
sitzen, die acht anderen Seiten aber gebrauchten
in der Mitte ebenso notwendig einen Rahmen,
weil die Wand dahinter mitten einen Pilaster hat.
Es war unter Rücksicht auf das Gegebene gar
nicht möglich, die Gitterfelder anders einzuteilen.

Daß ferner das Gitter vor der Ostseite, das
wegen des Fensters der Apsis, also mitten ein
Intervall haben mußte, mit nur drei Teilen gut
auskam, ist klar. Denn sein oberer Rahmen mit
Handläufer konnte ohne Unterbrechung durch-
laufen, gab somit auch den längeren Feldern den
nötigen Halt.

Auf der Westseite dagegen, wo die Eingangs-
tür war, mußte das Gitter mitten eine ent-
sprechende Türöffnung haben, fiel also da der
Handläufer weg. Je größer diese Öffnung war,
desto mehr schwächte sie den Zusammenhalt
des Gitters; deshalb war es naheliegend, hier die
Mittelöffnung recht klein zu machen und das
Gitter durch Fünfteilung, also sechs aufrechte
Rahmen und durchlaufenden Unterrahmen nach
Möglichkeit zu verstärken.

Daß zur Hereinschaffung des Sarkophags ohne-
hin die ganze Gitterseite entfernt werden mußte,
leuchtet ein. Die Kleinheit der mittleren nur für
einzelne Personen bestimmten Öffnung spielte
also keine Rolle.
 
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