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Kunst in Norwegen1 gibt uns die Zeichnung eines solchen Grabes, das in einer Mauer
der Domkirche zu Drontheim gefunden ist (Abbildung 2).
Hier mögen aus unserem Bereiche folgende Beobachtungen angereiht werden,
deren Gegenstände nach einer Erklärung verlangen und sie vielleicht nun finden können.
Im nordöstlichen Turmpfeiler der Kirche zu Altenkrempe, und ebenso zu Mölln,
die beide, zeitlich nicht weit von einander, in die
Zeit um 1200 fallen, ist je ein Behältnis ausgespart,
flach überwölbt; jedes bildet eine kleine längliche
Kammer mit rundbogigem Zugange. Das zu Mölln
dient zur Aufbewahrung von allerhand Geräte —
(auf dem Grundriß in den Baudenkmälern Lauen-
burgs ist an der Stelle eine Treppe eingezeichnet,
die man da vermuten mußte); das zu Altenkrempe
(Abbildung 3) ist nach der Auffindung 1900 wieder
vermauert worden. Durch geschichtliche Umstände
wird es hier nahe gelegt, anzunehmen, daß der Zweck
war, Märtyrergebeine zu bergen. Denn in der Nähe
. lagen die Körper vieler Christen, die bei der vor-
Abbildung 4. b f i
Strebepfeiler an der Kirche zu Petersdorf, ausgegangenen Ausrottung des Christentums im
Wagrechter und senkrechter Schnitt. Jahre 1066 den Martertod erlitten hatten.
Ein ähnliches Gelaß ist ferner 1907 in einein
Strebepfeiler der Kirche zu Petersdorf auf Fehmarn aufgefunden. Dieser Strebepfeiler
ist neben die Kirche, deren älteste Teile mit dem Bau zu Altenkrempe gleichzeitig sind,
noch im 13. Jahrhundert gebaut. Er ist unten von der Kirchenmauer durch eine über-
wölbte Lücke getrennt.- Gegen diese Lücke hin öffnet sich die schmale hohe Kammer.
Der Pfeiler steht also auf dem Grunde
des Kirchhofs, und die Deutung des
kleinen Gelasses ist nicht wohl anders
möglich, als daß man hier Reste der
vordem hier beerdigt Gewesenen hat
unterbringen wollen, oder daß etwa
einem um den Bau Verdienten hier
die Ruhestätte bereitet worden ist. Eine
Vertiefung im Boden des Raumes, auf
die ein Deckel oder Gitter gepaßt zu
haben scheint, ist wohl dahin zu deu-
ten, daß sie den Krug mit den Kohlen Südlicher Kreuzarm.
aufnehmen sollte. Die eigenartige Form, Abbildung 5. Verstecktes Grab in der Kirche des
die ein Bestatten in liegender Haltung vormaligen Augustiner-Chorherrenstiftes zu Segeberg,
ausschließt, erklärt sich aus dem ge-
ringen Raum, auf den man sieh, im Kerne des Pfeilers, beschränken mußte.
Ein besonders merkwürdiges Beispiel hat sich ganz kürzlich ergeben. Die Augustiner-
Chorherren-Kirche zu Segeberg, 1134 auf Befehl Kaiser Lothars erbaut, ist im Jahre
1909 bedeutenden Herstellungsarbeiten unterzogen worden. Beim Unterfangen der sehr
1 Harry Fett, Norges Kirker i Middelaldern. Mit 4s2Ü Bildern und 17 Tafeln. Kristiania 1909.
er.
Kunst in Norwegen1 gibt uns die Zeichnung eines solchen Grabes, das in einer Mauer
der Domkirche zu Drontheim gefunden ist (Abbildung 2).
Hier mögen aus unserem Bereiche folgende Beobachtungen angereiht werden,
deren Gegenstände nach einer Erklärung verlangen und sie vielleicht nun finden können.
Im nordöstlichen Turmpfeiler der Kirche zu Altenkrempe, und ebenso zu Mölln,
die beide, zeitlich nicht weit von einander, in die
Zeit um 1200 fallen, ist je ein Behältnis ausgespart,
flach überwölbt; jedes bildet eine kleine längliche
Kammer mit rundbogigem Zugange. Das zu Mölln
dient zur Aufbewahrung von allerhand Geräte —
(auf dem Grundriß in den Baudenkmälern Lauen-
burgs ist an der Stelle eine Treppe eingezeichnet,
die man da vermuten mußte); das zu Altenkrempe
(Abbildung 3) ist nach der Auffindung 1900 wieder
vermauert worden. Durch geschichtliche Umstände
wird es hier nahe gelegt, anzunehmen, daß der Zweck
war, Märtyrergebeine zu bergen. Denn in der Nähe
. lagen die Körper vieler Christen, die bei der vor-
Abbildung 4. b f i
Strebepfeiler an der Kirche zu Petersdorf, ausgegangenen Ausrottung des Christentums im
Wagrechter und senkrechter Schnitt. Jahre 1066 den Martertod erlitten hatten.
Ein ähnliches Gelaß ist ferner 1907 in einein
Strebepfeiler der Kirche zu Petersdorf auf Fehmarn aufgefunden. Dieser Strebepfeiler
ist neben die Kirche, deren älteste Teile mit dem Bau zu Altenkrempe gleichzeitig sind,
noch im 13. Jahrhundert gebaut. Er ist unten von der Kirchenmauer durch eine über-
wölbte Lücke getrennt.- Gegen diese Lücke hin öffnet sich die schmale hohe Kammer.
Der Pfeiler steht also auf dem Grunde
des Kirchhofs, und die Deutung des
kleinen Gelasses ist nicht wohl anders
möglich, als daß man hier Reste der
vordem hier beerdigt Gewesenen hat
unterbringen wollen, oder daß etwa
einem um den Bau Verdienten hier
die Ruhestätte bereitet worden ist. Eine
Vertiefung im Boden des Raumes, auf
die ein Deckel oder Gitter gepaßt zu
haben scheint, ist wohl dahin zu deu-
ten, daß sie den Krug mit den Kohlen Südlicher Kreuzarm.
aufnehmen sollte. Die eigenartige Form, Abbildung 5. Verstecktes Grab in der Kirche des
die ein Bestatten in liegender Haltung vormaligen Augustiner-Chorherrenstiftes zu Segeberg,
ausschließt, erklärt sich aus dem ge-
ringen Raum, auf den man sieh, im Kerne des Pfeilers, beschränken mußte.
Ein besonders merkwürdiges Beispiel hat sich ganz kürzlich ergeben. Die Augustiner-
Chorherren-Kirche zu Segeberg, 1134 auf Befehl Kaiser Lothars erbaut, ist im Jahre
1909 bedeutenden Herstellungsarbeiten unterzogen worden. Beim Unterfangen der sehr
1 Harry Fett, Norges Kirker i Middelaldern. Mit 4s2Ü Bildern und 17 Tafeln. Kristiania 1909.
er.