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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 3.1909/​10

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Holtmeyer, Alois: Giovanni Francesco Guerniero
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https://doi.org/10.11588/diglit.22223#0273

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Giovanni Francesco Guerniero. 257

Über Guernieros Wohnhaus in Eom, in dem sich ein außerordentlich wechsel-
volles Leben abspielte, macht Noack Mitteilungen.1 Allem Anscheine nach baute der
Künstler tatsächlich erst nach seiner Rückkehr aus Cassel diesen Palazzo auf der Pin-
ciohöhe. Das noch heute an der Via Porta Pinciana unverändert stehende Haus, ein
stattlicher, aber schmuckloser Bau, aus dessen Fenstern man ganz Rom übersah, er-
langte, am Ende des Künstlerviertels gelegen, auch in den Kreisen der deutschen Maler
eine gewisse Berühmtheit. Neben Joh. Veit und Overbeck haben Julius Schnorr von
Carolsfeld, Luise Seidler, Karl Wagner, August Fuchs, Martin von Rhohden, Ferdinand
Flor und Ludwig Richter das ruhig gelegene, oft von romantischem Treiben erfüllte
Künstlerheim mit dem lauschigen Gärtchen aufgesucht.

Unklar wie das Leben des eigenartigen Mannes ist sein Name. In den kunstge-
schichtlichen Abbandlungen wird er meist als Guernieri, seltener als Guarnieri aufgeführt.
Als Guernier erscheint er bei Gurlitt2, Bergner3, Lambert und Stahl4, als Guarini bei
Dohme5, als Guerini bei Bergner15, als Querini bei Gurlitt7, als Guerneri bei Brand8,
Döring", Wepler10, Dohme11, von Decker12, Lobe13 und Landau14, als Guernieri bei Piderit16
und Heßler1(i, als Guernieri bei Neuber17 und als Guernerini bei Ebe.18 Den Vornamen
Gioanna Franco legt ihm J. F. Lange bei.10 Selbst die Akten kennen keine einheitliche
Schreibweise. Anfangs Guerniero geschrieben, nimmt der Name erst später die Form
Guernieri an, und zwar nicht nur in den Verfügungen der Hofkammer und den Rech-
nungen der Unternehmer, sondern auch in des Meisters eigenhändigen Unterschriften.
Beide Formen braucht, seltsam genug, der Träger des Namens zeitweise nebeneinander.
Nicht in den Schriftsätzen des Meisters, aber sonst häufig in den Akten kommt sowohl
Guarniero wie Guarnieri vor. In der italienischen Ausgabe des Vertrages von 1701
findet sich das Wort Guerniero in Guarnieri abgeändert.20 Ist auch auf die selteneren
Varianten Guerniere und Guarniere nicht mehr Gewicht zu legen als auf die latinisierte
Form Guernierus21, so muß doch die verschiedene Schreibweise des italienischen Namens,
sowie vor allem der Umstand, daß der Meister selbst nicht einheitlich schreibt, auffallen.
Man könnte an die Umformung des deutschen Namens Werner denken, die der nach
Italien ausgewanderte Künstler selbst veranlaßt habe, wenn nicht Rom ausdrücklich als
dessen Geburtsort bezeichnet würde22 und die deutschen Schriftsätze des Meisters in jedem
Worte den Ausländer verrieten. Nimmt man aber die Möglichkeit an, daß die Eltern
von Geburt aus keine Italiener waren, so gewinnt die Tatsache an Bedeutung, daß der
Meister in dem französisch abgefaßten Vertrag vom Jahre 1704 ständig als Francois
Garnier erscheint.23 Sollte er der französischen Künstlerfamilie angehören, der seit An-
fang des 16. Jahrhunderts Maler, Bildhauer und Kupferstecher entstammten und deren
jüngerer und berühmtester Sproß der Erbauer des Pariser Opernhauses ist?

1 Der Palazzo Guarnieri in Rom, in Kölnische Zeitung vom 27. Juni 1908, und Deutsches Leben in
Rom 1700 bis 1900, S. 159. — 2 a. a. 0., S. 17G. — 3 Handbuch der bürgerlichen Kunstaltertümer, S. 369.

— 4 Handbuch der Architektur IV, 10, S. 34. — 6 Geschichte der deutschen Baukunst, S. 374. — 6 a. a. 0., S. 289.

— 7 a. a. 0., S. 177. — 8 Geschichte der Regenten von Hessen-Cassel, S. 138. — 9 Beschreibung des Kur-
fürstlichen Landsitzes Wilhelmshöhe bey Cassel. — 10 a. a. 0., S. 19. — 11 a. a. 0., S. 384. — 12 Reise durch
die südlichen Staaten, S. 34. — 13 Wanderungen durch Cassel und Umgegend, S. 177. — 14 Malerische An-
sichten von Hessen, S. 148. — 15 a. a. 0., S. 239. — 16 Hessische Landes- und Volkskunde I, 2, S. 100. —
17 Zur Geschichte von Wilhelmshöhe, in Hessenland 1889, S. 198. — 18 a. a. 0., S. 653 und 876. — 19 Das
Kurfürstentum Hessen, S. 68. — 20 Contracta 1701 — 1704, S. 15. St.-Arch. Marburg. — 21 Contracta 1701 — 1704,
S. 33, 44 und 49. Hofkammerrechnung 1702 und 1703. St.-Arch. Marburg. — 22 Vertrag vom Jahre 1701 in
Contracta 1701—1704, S. 15 und 20. St.-Arch. Marburg. — 23 Contracta 1701 — 1704, S. 527. St.-Arch. Marburg.

Zeitschrift für Geschichte der Architektur. III.

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