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Zeitschrift für Geschichte der Architektur — 4.1910/​11

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https://doi.org/10.11588/diglit.22224#0176
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Literatur.

164

dieser Reihe stehe, so müsse es nach obiger
Grundwahrheit ebenso gegliedert gewesen
sein. Folglich wäre die heute fehlende Ar-
chitektur des Hauptgeschosses eine Säulen-
halle gewesen, die möglichst wenig zurück-
trat.

Damit nicht ganz vereinbar ist die eben-
falls «methodische» Behandlung der von
Schulz, wie er sagt, zuerst als wichtiges
Problem erkannten formalen Ausbildung der
eigentlichen Wand in der Antike, die ganz
unvermittelt an die Stelle der umgebenden
Säulenhalle tritt, da diese doch, weit vor-
springend, die erstere ersetzen sollte. Aus
diesem Zwiespalt kommt die methodische
Wissenschaft des Verfassers nicht heraus;
und wer das Blatt mit der perspektivischen
Darstellung des Entwurfes für die Rekon-
struktion ansieht, dürfte in dieser unruhigen
Kleinarchitektur weder eine Fortbildungs-
stufe des antiken «Pteron», der umfassenden
Halle, noch eine solche der formalen Aus-
bildung der Wand erblicken.

Doch davon abgesehen: eine «Methode»,
wie sie oben geschildert ist, kann zu einiger-
maßen gültigen Resultaten doch nur dann
führen, wenn die Reihe ihrer Dokumente
lückenlos ist, wenn vor allem ihr Autor das
gesamte hierher gehörige .Material wirklich
übersieht.

Ist aber die Reihe ganz unvollständig,
entsprechen gerade die wichtigsten fehlenden
Beispiele jener typischen Gestaltung nicht, so
dürften die so gezogenen Schlüsse kaum auf
Zustimmung rechnen können.

Es durfte also vorausgesetzt werden, daß
der Verfasser die Vorarbeiten, die hier ein-
schlägiges Material bieten, gekannt hätte.
Allerwichtigste Werke aber, wie G. F. Ri-
voiras Origini della architettura lombarda,
sind nicht berücksichtigt. Denn gleich dessen
Fig. 61, Capua antica, mausoleo dell' etä ro-
mana, wirft das ganze System des Verfassers
über den Haufen. Aus dem Skizzenbuch
G. Sangallos entnommen zeigt das Gebäude
zwei Geschosse übereinander in ganz gleicher
Pilasterarchitektur mit tiefen Bögen da-
zwischen, von denen das obere erheblich
zurückspringt, mehr noch, als beim Theode-
richgrabmal. Das Ganze diesem offenbar viel

näher stehend, als alle neun von Schulz auf-
geführten Beispiele. Rivoira gibt es auch
gerade als Material zum Theoderichdenkmal!
— Und der Codex des Bramantino wimmelt
von Grundrissen, deren Aufbau auch nicht
anders gestaltet gedacht werden kann; selbst
bei reichster Architektur. — Auch viereckige
Bauwerke dieser Art findet man bei ihm.

Demnach sind die hier gezogenen Schlüsse
trotz der «wissenschaftlichen Methode» keines-
wegs als die Frage irgendwie entscheidend
zu bezeichnen, vielmehr spricht alles dafür,
daß die einst beabsichtigte Architektur des
Obergeschosses (vielleicht war sie nie aus-
geführt) dicht auf dessen Körper aufliegen
sollte, und zwar als ganz flache Bogenarchi-
tektur auf Säulen oder Konsolen. Die Mög-
lichkeit der ersteren habe ich stets zuge-
geben ; sie ist wahrscheinlicher gemacht
durch Darstellungen des heil. Grabes auf
Elfenbeintafeln des 5./6. Jahrhunderts, von
denen ich beispielsweise die auf S. 19 in
W. Bodes Gesch. der Deutschen Plastik ab-
gebildete nenne.

Das Bild 19 bei Schulz spricht denn auch
ohne weiteres gegen die Lösung von Bild 20,
da die dort sichtbaren eingehauenen Bögen
hier ganz verdeckt, also zwecklos erscheinen.
Eine Lösung aber, die diesen Bögen nicht ge-
recht wird, muß unbedingt abgelehnt werden.
Damit fällt die Gesamtlösung.

So sehen wir, daß die Broschüre uns vier
Jahre nach der ersten Äußerung des Ver-
fassers über den Gegenstand im ganzen
nichts Neues jener gegenüber bietet, als die
«Methode».

Im einzelnen ist jedoch allerlei neu Bei-
gebrachtes zu berichtigen. Schulz hat z. B.
die von ihm ergänzte Sima über der oberen
Tür in ganz unerhörter Art an den Enden
heruntergeknickt unter Berufung darauf, daß
das simaförinige Profil über der unteren Tür
ebenfalls heruntergekröpft sei. Es ist aber der
massenhaft vorkommende Karnies der Bogen-
kämpfer unten einfach um die weiter hinauf-
springende Tür hinaufgeknickt, was etwas
ganz anderes ist.

Die Altarnische des oberen Raumes ist
deshalb um ca. 13 cm tiefer als der Haupt-
raun), weil das ganze Gebäude sich nach 0.

f
 
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