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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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4. Heft
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Petzsch, Georg: Othmar Wetter, Messerschmied
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0098

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88

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

I. Band.

und das, was aus einigen handschriftlichen Registern
in Dresden und München1) eruirt wurde, ist spär-
lich. Das «Camer-Buch» vom Jahre 1582 im Mün-
chener Stadtarchive meldet: «Am 12. Maji empfangen
Maisterrecht von Otmar Weder Messerschmidt 4 fl. »
Diese Notiz lässt vermnthen, dass der junge Meister
noch vor dem Jahre 1560 geboren sein wird. Ob nun
München selbst sein Geburtsort war, wie seine Eltern
hiessen und ob vielleicht schon der Vater Othmars
dem Handwerk der Messerschmiede oder einer ver-
wandten Zunft angehörte, wissen wir nicht. Die
hier allein in Frage kommenden Kirchenbücher von
München, nämlich das 1588 beginnende Taufbuch
der Dompfarrei (Frauenkirche) und das Taufregister
von St. Peter, welches 1583 anfängt, dann aber gleich
auf 1590 springt, enthalten gar nichts über die Fa-
milie Wetter. Ebenso schweigen die Bürgerrollen
und Stadtrechnungen der Jahre 1580—1590 von ihr.
Dass aber die Kunstfertigkeit des jungen Meisters
Othmar als hervorragend schon frühzeitig anerkannt
wurde, erfahren wir aus dem Umstande, dass er be-
reits im Jahre nach seiner Ernennung zum Meister
Arbeit für den Hof, und zwar für Se. fürstlichen
Gnaden selber bekam. Diese Arbeiten werden leider
in den «Hofzahlamtsrechnungen> (Fol. 157 und 160,
1583 und 1584)2) nicht näher bezeichnet; die drei
Aufträge, die sich unter der Rubrik Auf Herzogs
Befehl' eingetragen finden, können aber nicht un-
bedeutend gewesen sein, denn Othmar Wetter erhielt
für die erste Arbeit 99 Gulden 15 Groschen, für die
zweite 12 Gulden und für die dritte über 24 Gulden
ausgezahlt. Es wäre interessant, wenn sich in irgend
einem bayerischen Museum noch die Gegenstände
ausfindig machen Hessen (vcrmuthlich sind es durch
Eisenschnitt verzierte Degengefasse), um welche es
sich hier handelt.
Othmar Wetter, der auch noch die Jahre nach
1584 sich in München auf hielt, muss es auch ver-
standen haben, innerhalb seiner Gilde sich eine ge-
achtete Stellung zu erobern: denn eine Nachricht
vom Jahre 1589 meldet, dass er damals ein Vierer»
des Handwerks war. Aus dem Raths-Protokollbuche
des genannten Jahres, und zwar aus der Rubrik
«Relligionssachen ersehen wir nämlich, dass am
1. September 1589 Othmar Wetter und drei andere
Personen vorgeladen worden sind, um auf eine ihnen
jedenfalls wegen ihres lutherischen Bekenntnisses ge-
stellte Alternative sich endgiltig zu entscheiden. Die
eine Person hatte sich in Bälde katholisch zu be-
kennen; der anderen wurde auferlegt, ungesäumt zu
beichten; die dritte und Othmar Wetter erklärten,
dass sie aus dem Lande ziehen wollten. Das Pro-
tokollbuch macht zu dieser Mittheilung die Anmer-
kung, dass die Acten über diese Angelegenheit, ohne
*) Die Nachrichten aus den Miinciiner Quellen verdanke ich
der Liebenswürdigkeit der verdienten Historiker Herren Gymna-
siallehrer a. D. Dr. Karl Trautmann in München und geprüften
Archivaspiranten Edmund Marabini in Nymphenburg, welchen
dafür auch an dieser Stelle aufrichtigster Dank gesagt sei.
~) Im königl. Kreisarchive für Oberbayern aufbewahrt.

dass von ihnen Abschrift genommen worden wäre,
«nach Hofe» geschickt und nie zurückgekommen
seien. — Berücksichtigt man nun die bekannte streng
katholische Gesinnung des damals regierenden Her-
zogs Wilhelm V. von Bayern und den Umstand,
dass in den alten Rechnungsbüchern Münchens nach
1584 nie mehr eines Auftrages gedacht wird, mit
dem der Hof oder der Rath den Messerschmied be-
traut hätten, so erscheint es sehr glaublich, dass
unser Künstler als Lutheraner in München sein Glück
nicht machen konnte und den ihm bereiteten Chi-
canen durch Auswanderung aus dem Wege zu gehen
strebte. Erhärtet wird diese Annahme dadurch, dass
er sich nach dem protestantischen Sachsen wandte
und bereits am 22. August 1590 als «Meßerschmied
allhier zu Drcßden» erscheint,1) während in München
an seiner Statt Ambrosi Ziegler «zu einem Vierer
dcß Handtwcrchs der Messerschmied» schon am
20. October 1589 gewählt wurde.2) Der glaubens-
treue Meister scheint also schon wenige Wochen nach
Abgabe seiner Erklärung Bayern verlassen zu haben.
Es ist das Verdienst von Albert Erbstein, in
seiner «Beschreibung des königlichen historischen
Museums und der königlichen Gewehrgalerie zu Dres-
den» (erste Auflage 1888), zum ersten Male Othmar
Wetter als hervorragenden Dresdener Messerschmied
genannt und eine in der königlichen Sammlung be-
findliche Rappiergarnitur von ihm namhaft gemacht
zu haben; durch Erbstein gelangte wohl auch die
kurze Notiz über den Künstler und seine Marke (in
Gold tauschirtes W) in das siebente Capitcl (S. 654)
von Boeheims Handbuch der Waffenkundc (erschie-
nen 1890). Nagler (Künstlerlexikon) und Bücher
(Geschichte der technischen Künste) kennen den
Meister nicht, auch unter, den Künstlern der Orna-
mentstiche kommt sein Name nicht vor.
Es ist neuerdings gelungen, elf Arbeiten Othmar
Wetters aus seiner Schaflenszeit in Dresden fcstzu-
stcllcn; von diesen sind neun im historischen Museum
zu Dresden erhalten, und zwar fast sämmtlich her-
vorragende Kunstwerke des Metallschnittes. Sic wer-
den später einzeln aufgeführt werden. Begonnen
hat der Meister seine Thätigkeit in Dresden mit
dem schönsten seiner bekannten Werke, welches wir
den Lesern dieser Zeilen auch im Bilde vorführen;
es ist die Degengarnitur, welche ihm der Kurfürst
Christian im August 1590 ab kaufte. Die Schönheit
und Eleganz dieses Rappieres und Dolches sind vcr-
muthlich auch die Ursache gewesen, welche den
kunstsinnigen Herrscher bewog, den bayerischen
Künstler zum specicllcn Dienste seines Hofes zu ge-
winnen; denn am 21. April 159t wurde Wetter als
kurfürstlicher Messerschmied bestallt. Der Wortlaut
der Urkunde,3) die dies verfügt, enthält eine intcr-
*) Inueutarium vber die Riist- vnd Inuention-Cammern . . .
Ao. 1606 renidirt, im königl. historischen Museum zu Dresden.
2) Raths-Protokollbuch 1586 —1596 im Stadtarchive zu
München.
3) Bestallungen 1590—1592, Loc. 33344, im königl. säch-
sischen Hauptstaatsarchive zu Dresden.
 
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