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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 1.1897-1899

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11. Heft
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Fachliche Notizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37715#0307

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ii. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

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Vom königlichen Zeughause in Berlin. Im
Laufe des vergangenen Jahres wurden die umfangreichen
Sammlungen dieses Heeresmuseums durch folgende Gegen-
stände bereichert:
1. Erinnerungsstücke an geschichtlich hervorragende
Personen. Degen mit Portepöe und Scheide, Commando-
stab, Ringkragen, Handschuhe und Sporen des kurbranden-
burgischen Generals Otto v. SchlabrendorfF (1650—1721). —
Säbel und Krückstock des GFM. Edwin Freiherrn v. Man-
teuffel (1809—1885). — Ehrensäbel, gewidmet von der
Stadt London dem GFM. Gebhard Fürsten Blücher (1742
bis 1819) als «Ausdruck der Verehrung für seine glänzenden
Talente, seine Unerschrockenheit und Tapferkeit in den
gewaltigen, der Freiheit, der Ruhe und dem Glück Europas
geweihten Kämpfen». -— Prunksäbel des Sultans Selim II.
(1524—1574, reg. seit 1566).
2. Feuerwaffen. Ein kleines Kanonenrohr aus Bronce,
geziert mit dem Wappen des Hauses Oranien. — Eine
reich ausgestattete kurländische Tschinke. — Ein Gewehr,
auf dessen Laufe man den österreichischen Doppeladler,
sowie die Bezeichnung «Joh. Franz Karg Insprugg» be-
merkt. — Eine in den Düppeler Schanzen erbeutete dänische
Wallbüchse (1864). — Zwei Pistolen von de Thurenne
(Thuraine), dem französischen Hof-Büchsenmacher (um
1660). — Zwei kunstvolle Pistolen von Lazarino Cominazzo..
— Zwei Taschenpuffer von Mortimer in London (1800).
3. Blankwaffen. Ein gothisches Schwert. — Ein
Schwert mit 108 cm langer Klinge und einem Korb in
Eisenschnitt. — Ein Degen mit 124 cm langer Klinge
und geschnittenem in Silber tauschierten Eisengefäss (um
1550). — Zwei preussische Officiersdegen aus dem 18. Jahrh.
— Zwei Säbel preussischer Husarenofficiere. — Ein 1870
in Strassburg erbeuteter Degen eines Officiers der Garde
Imperiale.
4. Orientalische Waffen. Ein türkischer Säbel mit
Damascenerklinge (16. Jahrhundert). — Zwei siamesische
Schwerter mit reich verzierten silbernen Scheiden und
Griffen. — Zwei chinesische Schwerter nebst zwei Kriegs-
gabeln; diese Waffen waren vor dem Yamen des chinesi-
schen Befehlshabers von Kiautschou aufgestellt.
5. Verschiedene Ausrüstungsgegenstände. Eine aus
Eisen getriebene, mit dem Wappen und dem Namenszuge
des Herzogs Julius v. Braunschweig versehene Patronen-
büchse (1571). — Ein Ringkragen eines preussischen Offi-
ciers (um 1800), sowie mehrere Bestandtheile von Dienst-
krägen preussischer Oberofficiere. — Ein Paar in Eisen-
schnitt und mit reichen Tauschierungen geschmückte Steig-
bügel italienischer Herkunft (um 1550).
6. Siegel der Infanterie-Regimenter von Kalckreuth
(1778) und von Kleist (1758—1761). — Drei grosse Siegel
Napoleons I., welche 1815 erbeutet wurden.
Dr. Potier.
Das Klostermuseum auf dem Odilienberg bei
Strassburg. Die werthvollen Reste alter Kunst, welche
sich noch in dem ehrwürdigen Nonnenkloster zu St. Odi-
lien erhalten haben, in Verbindung mit wichtigen, in der
Umgebung gemachten Bodenfunden aus frühmittelalterlicher
Zeit, haben zu dem Gedanken angeregt, diese Schätze
zu ordnen und zu einem Museum in den Klosterräumen
zu vereinen. Dieser schönen Aufgabe unterzog sich einer
unserer lieben Kollegen, der auf dem Gebiete der histo-
rischen Waffenkunde seit Langem bekannte und geschätzte
Schriftsteller R. Forrer mit einem so ausgezeichneten Er-
folge, dass Berichte, welche uns von mehreren Seiten

über dieses Museum zugehen, desselben mit einstimmiger
Anerkennung gedenken.
Das Museum enthält eine kleine Abtheilung alter
Waffen, theils auch solche, welche im Umkreise auf dem
Odilienberge ausgegraben wurden. Diese Abtheilung ist
ungeachtet ihrer mässigen Ausdehnung von nicht geringem
wissenschaftlichen Werthe und ihre Zusammenstellung ist
dem gediegenen Fachmann Forrer auch auf das treff-
lichste gelungen.
Se. Majestät der deutsche Kaiser und Ihre Majestät
die Kaiserin beehrten das Kloster am 3. Mai mit ihrem
Besuche und Herr Forrer erfuhr hierbei die Auszeich-
nung, Se. Majestät in dem Museum führen zu dürfen.
Wie wir aus einem interessanten Berichte unseres Mit-
gliedes Woldemar Horst-Saenger in der «Strassburger
Post» (396) entnehmen, hatte Se. Majestät bei diesem
Rundgange Proben eines grossen Verständnisses für das
Waffenwesen abgelegt, indem dieselbe einen Harnisch voll-
kommen genau zu datieren gewusst hat.
Welche gründliche Detailkenntnisse Se. Majestät im
historischen Waffenwesen besitzt, das ist in einer Reihe
von Jahren wiederholt zu Tage getreten, so bei den häu-
figen Besuchen des königlichen Zeughauses, bei der Be-
sichtigung der kaiserlichen Waffensammlung in Wien im
Jahre 1894, endlich gerade jetzt gelegentlich der Auf-
führung der historischen Tetralogie am königl. Hoftheater
in Wiesbaden, insbesondere bei der Inscenirung des Schau-
spieles: «Der Eisenzahn» von Josef Lauff, bei welcher
Se. Majestät bis in die Einzelheiten Einfluss auf die Dar-
stellung der Bewaffnung am Beginne des 15. Jahrhunderts
genommen hatte. W. B.
Aus den hinterlassenen Notizen des Post-
direktors Josef von Scheiger.
XVII. Jahrhundert. Wenn wir als Beleg für die
durch die Unzahl der Ladungstempos herbeigefühlte
Langsamkeit des Feuers so häufig angeführt finden:
«es habe in der Schlacht bei Nördlingen (1634) der
langsamste Musketier sechsmal gefeuert», so war dies
eben ein sehr langsamer. Dagegen erzählt Valkenier
(Verwirrtes Europa, Amsterdam 1677), «bei der Belagerung
der Schanze Knodsenburg im Jahre 1672 hätte jeder
Musketier der Besatzung in einer Nacht ungefähr 120
Schüsse gemacht». In Valkeniers wichtigem Geschichts-
werke wird auch wiederholt angeführt, was übrigens in
mehreren gleichzeitigen Schriften erwähnt ist, dass von
den an die Brust gestemmten Kolben der Musketen, die
Brust oft braun und blau geworden, ja aufgeschwollen
und bei einigen der kalte Brand dazu geschlagen sei.
Braun und blau, ja blutig geschlagene Backen und
Nasen haben wir übrigens noch,1) besonders im ersten
Vierteljahre unseres Jahrhunderts, beim Scheibenschiessen
mit österreichischen Musketen,2) Karabinern und sogar
mit den glatten Jägergewehren durch unzweckmässige
Schäftung, Missverhältniss des Gewehrgewichtes zum
Kaliber und mangelhafte Haltung des Gewehres oft her-
beigeführt gesehen, daher wurden auch oft im Festungs-
dienste Kissen mit Schnüren zum Anhängen (coussinets
a musquetaire) an die • Truppen vertheilt.

x) Der Leser wolle sich immer erinnern, dass das hier ver-
öffentlichte Manuscript in den letzten Jahren des vierten Dezen-
niums geschrieben wurde.
2) Soll hier korrekter «Flinten» heissen, unter Muskete ver-
steht man in der Regel ein Radschlossgewehr.

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