Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

DOI Heft:
Heft 3
DOI Artikel:
Litteratur
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0099

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkonde.

85


Das Königliche Zeughaus. Führer durch die
Ruhmeshalle und die Sammlungen. Berlin 1900. Emst
Siegfried Mittler & Sohn. Preis 50 Pf. 8°. 231 Seiten.
Das vorliegende Buch aus der Feder des artistischen
Direktors des Kgl. Zeughauses, von Ubisch, dient aus-
schliesslich den Besuchern dieses grossartigen Monumentes
preussischen Kriegsruhmes; es ist kein waffentechnisches
oder kunstgeschichtliches Werk; es soll in gedrängter
Kürze bei kurzer Beschreibung der einzelnen Gegenstände
nur deren Herkunft, kriegsgeschichtliche Beziehungen,
überhaupt deren historische Bedeutung den breiten Volks-
massen vor Augen legen, als wertvolle gegenständliche
Belege preussischer Geschichte. Wer etwa glaubt, dass
in dem enger gehaltenen Rahmen ein nur bescheidenes
Verdienst des Verfassers gelegen sei, der würde gewaltig
irregehen, denn das Buch enthält eine solche Fülle von
historischen Daten, dass deren Feststellung nur mit dem
Aufwande gediegener Fachkenntnisse und mit rastlosem
Studium bewältigt werden konnte. Das überraschend
baldige Erscheinen dieses wichtigen Führers erweist zur
Genüge den thätigen Geist, der unter der Leitung des
seine schwierige Aufgabe voll erfassenden Kommandanten,
Seine Excellenz Generalleutnant von Usedom, in dem
grossen musealen Palaste an der Schlossbrücke seine
Schwingen entfaltet. Die Einteilung folgt im allgemeinen
dem früheren «Führer», aber die Redaktion ist ent-
schieden sorgsamer, fleissiger gearbeitet und ist schon
durch die Einbeziehung einer Unmasse von Neuerwerbungen
entschieden aktueller und wertvoller als sein Vorgänger
geworden. Auch dem Fachmann ist er durch seine
Kürze und Uebersichtlichkeit nicht ohne Wert, der noch
durch ein kurzes und klares Inhaltsverzeichnis erhöht
wird; damit ist das bescheiden auftretende Büchlein zu
einem trefflichen Hilfsbuche preussischer Kriegsgeschichte
im Bereiche des Gegenständlichen geworden. Der populär
gehaltene Führer ist gewissermassen ein Vorläufer für die
in weiterer Folge erscheinenden reich ausgestatteteu Teil-
kataloge, die der Fachwelt das unvergleichlich reiche und
bestorganisierte kriegsgeschichtliche Museum in seiner
vollen Bedeutung vor Augen legen werden. Diese Er-
gänzung ist aber eine Arbeit, die eine volle Menschen-
kraft in Anspruch nimmt und deren Vorlage wir darum
mit aller Geduld entgegensehen müssen. W. B.

Bruchet, Max. Trois inventaires du Chateau
d’Annecy (1393, 1549, 1585). Chambery 1899.
Die Archive bieten die Nahrung für die historischen
Wissenschaften und wer sich unserer vielen Besprechungen
in der Litteraturecke unserer Zeitschrift erinnert, der wird
zugestehen, dass man im südlichen Frankreich mit grossem
Erfolge bestrebt ist, der historischen Waffenwissenschaft
kräftige und gedeihliche Nahrung zuzuführen. Wir weisen
da mit aller Freude auf die Leistungen des ausgezeich-
neten Historikers J. B. Giraud in Lyon, auf die tüch-
tigen Essays des Ch. Buttin in Rumilly hin; nun hat

sich zu diesen hoch anerkennenswerten Bestrebungen in
dem Archivar Max Bruchet eine neue und tüchtige
Kraft zugesellt, der uns drei Inventare — leider nicht
im lateinischen Urtexte, doch in tadelloser französischer
Uebersetzung — bringt aus einem historisch berühmten
Schlosse und einem nicht weniger in der Geschichte hervor-
leuchtenden Adelsgeschlechte.
Noch hetite blicken von einem Berge die Ruinen
eines Schlosses auf die alte Bischofstadt Annecy in Sa-
voyen herab; der einstige prachtvolle Herrensitz der
Grafen von Genevois und später der Herzoge von
Genevois-Nemours. Das war ein Herrensitz, hervor-
tretend durch reiche Ausstattung im Innern und durch
selbe ein treffliches Beispiel für das Leben des Hoch-
adels in Frankreich und Italien vom 14. bis tief ins
17. Jahrhundert herein.
Die Veröffentlichung von Inventaren aus Familien
von hohem RaDge und feiner Bildung ist von vornherein
betrachtet für die Kulturgeschichte von hohem Werte,
für uns bilden diese drei Inventare auch einen unschätz-
baren Beitrag zur Waffengeschichte im 14. und im 16. Jahr-
hundert und wir können dem Verfasser um deren Ver-
öffentlichung um so dankbarer sein, als er derselben
eine ausgezeichnet geschriebene Einleitung über die Ge-
schichte der Geschlechter und des Schlosses vorangesetzt
und damit einen vollendeten Kommentar dazu geliefert hat.
An Waffen bietet das Inventar von 1393 noch keine
grosse Ausbeute in der Zahl, aber von ansehnlichem fach-
lichem Werte. So erscheinen hier die grossen Armbrüste
von Majorca, die Sättel zum Tragen der schweren Feld-
fahnen, mehrere sonderbar aus Spiegeln zusammengesetzte
Zimiere und wir erhalten neue wichtige Beiträge zur Ge-
schichte der Bourdelaises, über welche schon Giraud
wertvolles Material geliefert hat.
Viel reicher gestaltet sich schon das Inventar des
Schlosses von 1549, dessem Inhalt besonders im Hin-
blicke auf die altfranzösische Terminologie volle Beach-
tung zu schenken ist. Aber wir erfahren auch sonst
Neues, wie von spanischen, «Mandosse» bezeichneten
Dolchen, toskanischen Tartschen und «Etriers älaginette»,
eigentlich ä la genette, orientalische Steigbügel mit sehr
kurzen, dem orientalischen Sitze entsprechenden Steig-
riemen. Ebenso werden auch die gebogenen Stangen
an den Pferdegebissen der Araber benannt.
Nicht minder Lehrreiches bietet das Inventar von
1585 namentlich in Ansehung der künstlerischen Aus-
stattung der Waffen, von welchen viele, wie die «harnais
ä l’antique» auf italienische und speziell mailändische Her-
kunft weisen. Bei einzelnen der Harnische könnte man
unmittelbar auf die Werkstätten der Missaglia oder der
Nigroli hindeuten.
Der gelehrte Verfasser, nicht selbst in der Waffen-
wissenschaft im einzelnen orientiert, hat für eine grosse
Zahl von Ausdrücken und Formen die Hilfe eines
Kollegen erbeten, der ihn mit erklärenden Noten von
nahezu ausnahmslos unanfechtbarer Richtigkeit und Reich-
 
Annotationen