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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 4
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Potier, Othmar: Glossen zum Rüstmeister-Vokabularium des Friedrich von Leber
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Sixl, P.: Entwickelung und Gebrauch der Handfeuerwaffen, [12]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0130

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n6

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

wahre Schätze für die historische Waffenkunde. Und
so wie das lang verkannte Aschenbrödel des Mär-
chens sich endlich in eine jugendfrische Prinzessin
verwandelte, so möge auch das vernachlässigte
Stiefkind der Kulturgeschichte, die historische Waffen-

kunde, zu einer hehren, kräftigen Maid sich ent-
wickeln, welche uns mahnt, liebevoll die Erinnerung
an die Geschichte unseres waffenfrohen Volkes zu
pflegen und mittelbar damit auch die Begeisterung
für deutschen Ruhm und deutsche Grösse!



Entwickelung und Gebrauch der Handfeuerwaffen.
Von k. u. k. Oberstleutnant P. Sixl in Kaschau.
(Fortsetzung.)

och eine weitere bemerkens-
werte Erscheinung liess die
Handhabung der Feuerwaf-
fen hervortreten, und zwar
die notwendige Abschwä-
chung des Rückstosses.
Bei den grossen Stein-
büchsen sollte die Art der
Konstruktion der «wigen»
oder des «bock> verhindern,
1 dass dieselben durch die
Kraft des Rückstosses aus der gegebenen Aufstellung
verdrängt werden, weil ein neuerliches Vorführen
und Richten mit grossem Kraft- und Zeitaufwande
verbunden war.
Die Münchener Handschrift giebt hier keinerlei
Aufklärung; die Nürnberger Kriegsordnung enthält
nur die Angabe: «Item zu der wigen 12 pfert»,
durch welche die grosse schwere Holzlast angedeutet
wird; beim deutschen Orden
sind überdies für die Her-
stellung des grossen Bockes
eingetragen: «erynne schwy-
wen>, «grosse clinkennageL,
«cleyne nagel», «11 steyne
hanff», «korcze stroppen - etc.
Diese Angaben ermög-
lichen noch keine Vorstel-
lung von den Wiegen oder
Böcken; dieselben werden je-
doch deutlich illustriert durch
Darstellungen in den Bilder-
handschriften Cod. germ. 599
u. 734 der Kgl. Bayr. Hof- und
Staatsbibliothek zu München
und im «Mittelalterlichen Hausbuches. Diese Bilder-
handschriften enthalten zweifellos auch die bekannten
älteren Konstruktionen und die Abbildungen derselben
zeigen, welche gewaltigen Holzmassen erforderlich
waren und welche riesigen, nach bestimmten Regeln
zusammengesetzte Holzgerüste hinter den grossen
Büchsen in den Boden eingcrammt werden mussten,
um die Wirkung des Rückstosses abzuschwächen.


Fig. 58. Bock-Stembüchse aus Codex H 49 der Kgl.
öffentlichen Bibliothek zu .Dresden.

Noch in der Beschreibung «Der Zug für Lichten-
burg» im Jahre 1444 heisst es: «man must auch
altag haben grofser paum 3 oder 4 zu ansetzen an
die Kaltenburgerin, dann sie die holczer hinter sich
zustifs und verrücket sich al schufs.» (D. Chr. d. d.
St. II, 67.) Die Kaltenburgerin schoSs 1 Zentner
80 Pfund Stein.
Bei den Wagen- und Karrenbüchsen, also bei
den mittleren und kleinen Steinbüchsen, wurde das
Rohr vorerst in Holz gefasst, gleichsam geschäftet,
und sodann auf dem Wagen oder Karren mittels
eiserner Bänder befestigt. Der Rückstoss wurde
dadurch auf das Gewicht des Wagens oder Karrens
übertragen und weiter noch durch Anwendung von
Strebeständern, Unterlagen, Rädersperren oder durch
in den Boden eingerammte Holzpflöcke abgeschwächt.
Die Münchener Handschrift enthält die Ab-
bildung einer Karrenbüchse, dieselbe ist jedoch
schwer verständlich. Toll vermutet in dem langen
sichelförmigen Ansatz, der
knapp hinter der Mündung
unter der Holzfassung her-
vorsteht, einen Haken zum
Brechen des Rückstosses;
ein auf vier Blockrädern ste-
hendes Holzgestell derselben
Handschrift, auf welchem
eine gefasste mittelgrosse
Büchse befestigt ist, zeigt
Strebeständer; ein gleiches
Gerüst wird für die im Jahre
1375 zu Caen angefertigte
«grand canon» beschrieben.
(Fave I, 97.)
Aehnliche Konstruktio-
nen , bei welchen der Rückstoss durch einen in
den Boden eingetriebenen Plolzpflock aufgenommen
wurde, sind in den Handschriften von Valturius,
Marianus Jacobus und Paulus Santinus enthalten.
(Fave pl. 5, 6, 7 u. 8.)
Bei den grossen und mittleren Lotbüchsen wurde
die Abschwächung des Rückstosses, wie schon bei
den Tarasbüchsen dargelegt, in der Weise bewirkt,
 
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