Zeitschrift für historische Waffenkunde.
145
5- Heft-
als 1520 angefertigt worden. Als einstiger Besitzer
desselben käme sonach einer der beiden letzten
Hochmeister des Ordens, entweder Friedrich von
Sachsen, welcher das Amt von 1496 bis 1510 inne
hatte, oder Albrecht von Preussen, der von 1511
bis 1525 Hochmeister war und dann erblicher Her-
zog in Preussen unter polnischer Lehnshoheit wurde,
in Frage. Das Grabmal des sächsischen Herzogs
Friedrich befindet sich im Dom zu Meissen. Die
Bronzeplatte, mit welcher die Gruft bedeckt ist,
zeigt den Fürsten in der ritterlichen Tracht eines
Ordensmeisters, mit einem Kreuz auf der Harnisch-
brust, genau so wie dasjenige auf unserem Bilde,
doch fehlen auf dem Kürass die Aetzmalerei und
-— die am oberen Rande ersichtlichen Buchstaben
G. V. D. M. T. E., welche vermutlich einen Spruch
bedeuten wie: «Gott verleih Dir Mut, Tapferkeit,
Ehre.» Obgleich es zu jener Zeit häufig vorkam,
dass auf Grabmonumenten die Harnische und Leib-
waffen der verstorbenen Herren mit grosser Genauig-
keit nachgebildet wurden, könnte doch aus dem
Fehlen der Aetzmalerei sowie der Inschrift auf der
Grabplatte im Meissener Dom allein noch nicht der
Schluss gezogen werden, dass der besprochene
Harnisch dem Herzog Friedrich nicht angehört
haben könne. Gegen diese Persönlichkeit und für
den preussischen Herzog Albrecht sprechen vielmehr
andere Momente. In der Königlichen Bibliothek zu
Königsberg wird nämlich eine Handschrift von
KasparStein aus der Mitte des 17. Jahrhunderts be-
wahrt, welche die Waffenkammer der ehemaligen
Hochmeister des deutschen Ritterordens erwähnt;
es heisst darin:-1) «Die Waffenkammer unter dem
grossen Eberhaus und in ihnen an der Thür sind
Reime den Eintretenden vorgeschrieben. Sieben
Ritterrüstungen gemeinhin «Kürisser auf bocken»,
herrlich polierte von den Hochmeistern des deut-
schen Kreuzritterordens und unter ihnen die des
Marschalls Henrici Schindikops (Hennig Schindekopf)
mit der Keule des Martin Wallenrod, mit der Lanze
*) Vergl. «Die Bau- und Kunstdenkmäler in Königsberg»
von Adolf Boetticher (Königsberg 1897), S. 25 ff.
und dem Kränzchen, welches in den einzelnen Jahren
von den Waffen Wächtern für ein Fass voll Bier von
der Wallenrodschen Familie erneuert ist. — Die
Rüstung und das Schwert Albrechts, des letzten
Hochmeisters des Deutschen Ordens und ersten
Herzogs von Preussen ...» — Ein Harnisch des
Hochmeisters Friedrich von Sachsen ist nicht er-
wähnt. Bis zum Jahre 1808 war die Rüstkammer
zum grössten Teile noch vorhanden; in diesem für
die Stadt Königsberg verhängnisvollen Jahre, in
dem sie dem Marschall Soult ihre Thore öffnen
musste, wurden jedoch die Bestände durch die
Franzosen verkauft; hierbei könnte wohl einiges
davon und so auch der Harnisch des letzten Hoch-
meisters in die Hände eines Radziwill gelangt sein.
Diese Annahme teilt auch der als vortrefflicher
Kenner der Geschichte des Deutschen Ordens in
Preussen bekannte Königliche Baurat Dr. Steinbrecht,
dem an dieser Stelle für die dem Verfasser in freund-
licher Weise erteilte Auskunft der verbindlichste
Dank ausgesprochen sein möge.
Jedoch sei auch einer anderen Meinung über
die Frage, wie der Harnisch nach Nieswiez gekommen
ist, Raum gegeben. Der ausgezeichnete Forscher
in der Familiengeschichte des Hauses Radziwill, der
fürstliche Bibliothekar Dr. Puljanowski zu Nieswiez,
vermutet nämlich, dass die fragliche Rüstung schon
früher, vielleicht durch Boguslaw I. Radziwill (geb.
zu Danzig 1620, gest. als Generalgouverneur der
Provinz Preussen zu Königsberg 1669), dessen Mutter
Elisabeth Sophie eine Tochter des Kurfürsten Georg
von Brandenburg war, in den Besitz der Familie
übergegangen sein könne. Doch wie das Stück auch
seinen Weg nach Litauen gefunden haben möge, es
liegt eine grosse Wahrscheinlichkeit dafür vor, dass
wir hier in Nieswiez den von Kaspar Stein erwähnten
Harnisch des letzten Hochmeisters und ersten Her-
zogs in Preussen, des Markgrafen Albrecht von
Brandenburg, und damit ein ebenso für die Ge-
schichte des Ordens, wie für das Hohenzollern-
haus besonders wertvolles Erinnerungsstück vor uns
haben.
(Fortsetzung folgt.)
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als 1520 angefertigt worden. Als einstiger Besitzer
desselben käme sonach einer der beiden letzten
Hochmeister des Ordens, entweder Friedrich von
Sachsen, welcher das Amt von 1496 bis 1510 inne
hatte, oder Albrecht von Preussen, der von 1511
bis 1525 Hochmeister war und dann erblicher Her-
zog in Preussen unter polnischer Lehnshoheit wurde,
in Frage. Das Grabmal des sächsischen Herzogs
Friedrich befindet sich im Dom zu Meissen. Die
Bronzeplatte, mit welcher die Gruft bedeckt ist,
zeigt den Fürsten in der ritterlichen Tracht eines
Ordensmeisters, mit einem Kreuz auf der Harnisch-
brust, genau so wie dasjenige auf unserem Bilde,
doch fehlen auf dem Kürass die Aetzmalerei und
-— die am oberen Rande ersichtlichen Buchstaben
G. V. D. M. T. E., welche vermutlich einen Spruch
bedeuten wie: «Gott verleih Dir Mut, Tapferkeit,
Ehre.» Obgleich es zu jener Zeit häufig vorkam,
dass auf Grabmonumenten die Harnische und Leib-
waffen der verstorbenen Herren mit grosser Genauig-
keit nachgebildet wurden, könnte doch aus dem
Fehlen der Aetzmalerei sowie der Inschrift auf der
Grabplatte im Meissener Dom allein noch nicht der
Schluss gezogen werden, dass der besprochene
Harnisch dem Herzog Friedrich nicht angehört
haben könne. Gegen diese Persönlichkeit und für
den preussischen Herzog Albrecht sprechen vielmehr
andere Momente. In der Königlichen Bibliothek zu
Königsberg wird nämlich eine Handschrift von
KasparStein aus der Mitte des 17. Jahrhunderts be-
wahrt, welche die Waffenkammer der ehemaligen
Hochmeister des deutschen Ritterordens erwähnt;
es heisst darin:-1) «Die Waffenkammer unter dem
grossen Eberhaus und in ihnen an der Thür sind
Reime den Eintretenden vorgeschrieben. Sieben
Ritterrüstungen gemeinhin «Kürisser auf bocken»,
herrlich polierte von den Hochmeistern des deut-
schen Kreuzritterordens und unter ihnen die des
Marschalls Henrici Schindikops (Hennig Schindekopf)
mit der Keule des Martin Wallenrod, mit der Lanze
*) Vergl. «Die Bau- und Kunstdenkmäler in Königsberg»
von Adolf Boetticher (Königsberg 1897), S. 25 ff.
und dem Kränzchen, welches in den einzelnen Jahren
von den Waffen Wächtern für ein Fass voll Bier von
der Wallenrodschen Familie erneuert ist. — Die
Rüstung und das Schwert Albrechts, des letzten
Hochmeisters des Deutschen Ordens und ersten
Herzogs von Preussen ...» — Ein Harnisch des
Hochmeisters Friedrich von Sachsen ist nicht er-
wähnt. Bis zum Jahre 1808 war die Rüstkammer
zum grössten Teile noch vorhanden; in diesem für
die Stadt Königsberg verhängnisvollen Jahre, in
dem sie dem Marschall Soult ihre Thore öffnen
musste, wurden jedoch die Bestände durch die
Franzosen verkauft; hierbei könnte wohl einiges
davon und so auch der Harnisch des letzten Hoch-
meisters in die Hände eines Radziwill gelangt sein.
Diese Annahme teilt auch der als vortrefflicher
Kenner der Geschichte des Deutschen Ordens in
Preussen bekannte Königliche Baurat Dr. Steinbrecht,
dem an dieser Stelle für die dem Verfasser in freund-
licher Weise erteilte Auskunft der verbindlichste
Dank ausgesprochen sein möge.
Jedoch sei auch einer anderen Meinung über
die Frage, wie der Harnisch nach Nieswiez gekommen
ist, Raum gegeben. Der ausgezeichnete Forscher
in der Familiengeschichte des Hauses Radziwill, der
fürstliche Bibliothekar Dr. Puljanowski zu Nieswiez,
vermutet nämlich, dass die fragliche Rüstung schon
früher, vielleicht durch Boguslaw I. Radziwill (geb.
zu Danzig 1620, gest. als Generalgouverneur der
Provinz Preussen zu Königsberg 1669), dessen Mutter
Elisabeth Sophie eine Tochter des Kurfürsten Georg
von Brandenburg war, in den Besitz der Familie
übergegangen sein könne. Doch wie das Stück auch
seinen Weg nach Litauen gefunden haben möge, es
liegt eine grosse Wahrscheinlichkeit dafür vor, dass
wir hier in Nieswiez den von Kaspar Stein erwähnten
Harnisch des letzten Hochmeisters und ersten Her-
zogs in Preussen, des Markgrafen Albrecht von
Brandenburg, und damit ein ebenso für die Ge-
schichte des Ordens, wie für das Hohenzollern-
haus besonders wertvolles Erinnerungsstück vor uns
haben.
(Fortsetzung folgt.)