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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 6
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Reimer, Paul: Aus französischen Geschützgiessereien unter Ludwig XIV.
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0193

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Aus französischen Geschützgiessereien unter Ludwig XIV.
Von Paul Reimer,
Oberleutnant ä la suite des Badischen Fussartillerie-Regiments Nr. 14.


ie zahlreichen Kriege, welche
Ludwig XIV. für den
Glanz seiner Krone ge-
führt, sind weniger aus-
gezeichnet durch grosse
Feldschlachten, als durch
fortwährende Märsche
und Gegenmärsche der
Heeresmassen, durch die
damit verbundene Ver-
wüstung und Aussaugung
ganzer Landstriche, sowie besonders durch äusserst
zahlreiche Belagerungen fester Plätze. Die damals an
Kavallerie besonders reichen Heere überschwemm-
ten das Land und nahmen, was sie in Dörfern
und offenen Ortschaften fanden, Befestigungen je-
doch, und bestanden sie auch nur aus einer Linie,
bildeten für diese Scharen ein Hindernis, welches
nur durch Verwendung schwerer Artillerie zu über-
winden war. Es besass daher fast jeder wichtigere
Ort seine Umwallung einerseits zum eigenen Schutz
gegen Ueberrumpelungen durch Streifkorps, anderer-
seits um als Stapelplatz für Kriegsvorräte aller Art
zu dienen. So finden wir denn in den Kriegen am
Ausgang des 17. und Beginn des 18. Jahrhunderts
fortwährende Kämpfe um die festen Plätze in Flandern,
Artois, an der Maass, der Mosel, im Eisass, der
Pfalz und in Baden, wobei die Rollen des Vertei-
digers und Angreifers bei demselben Platze oft in
kurzer Zeit wechselten. Dies war die Zeit des
genialen Ingenieurs und Festungsbaumeisters Vauban,
der allein 33 Festungen erbaut, 300 veraltete feste

Plätze nach seiner «Manien» umgebaut und 53 Be-
lagerungen mit bestem Erfolg persönlich geleitet
hat. Er rühmte sich, in den meisten Fällen vorher-
bestimmen zu können, am wievielten Tage nach Er-
öffnung der ersten Tranchee die Festung fallen
müsste. Sein Belagerungssystem, das erst nach den
Erfahrungen im Kriege 1870/71 völlig abgeschafft
wurde, war eine überaus geschickte Verbindung der
Artilleriewirkung mit der Thätigkeit des Sappeurs
und Mineurs, die ihren Gipfelpunkt fand in der
«Krönung des Glacis», d. h. der Anlegung der
Breschbatterien auf der Plöhe des Glacis über dem
gedeckten Wege, und in der Legung der Bresche
in die Eskarpenmauer. War der Belagerer erst so
weit gekommen, dann war der Fall des Platzes un-
vermeidlich und der Kommandant desselben glaubte
in vielen Fällen genügend Widerstand geleistet zu
haben, um die Festung mit Ehren übergeben zu
können.
Wie erwähnt, fiel ein sehr bedeutender Teil der
Thätigkeit bei den Belagerungen der Artillerie zu,
die Mortier-(Mörser-/Batterien überschütteten das
Innere der Werke mit Bomben, Kanonen mittleren
Kalibers bestrichen die langen Linien der Wälle,
um den Verteidiger an einer wirksamen Störung der
^ngriffsarbeiten zu hindern, während die langen
24-Pfünder aus ihren auf der Höhe des Glacis ver^
senkten Stellungen durch direkten Schuss auf sehr
kurze Entfernung die Bresche herstellten, d. h. einen
wagrechten und zwei senkrechte Schlitze in die
Grabenmauer schossen, so dass das hierdurch um-
grenzte Mauerstück herausfiel und samt der nach-

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