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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 12
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Reimer, Paul: Die Erscheinung des Schusses und seine bildliche Darstellung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0456
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436

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

gase lebhaft rot sind, so muss daher in denselben
ein färbender Stoff vorhanden sein. Das ist in der
That der Fall, wir haben einen solchen im Kalium
des Kalisalpeters. Dasselbe färbt eine ungefärbte
Flamme rotviolett, die violette Färbung tritt be-
sonders deutlich am Saum der Flamme auf. Es
wird daher naturgemäss nur solches Pulver eine
rote Feuererscheinung geben, welches mit Kalisal-
peter bereitet ist, eine Voraussetzung, die in den
weitaus meisten Fällen allerdings zutrifft, da der
in seiner ballistischen Wirkung fast gleichwertige
Natronsalpeter (Chilesalpeter) trotz seines erheblich
geringeren Preises kaum jemals dauernd für die
Pulverbereitung Verwendung gefunden hat, weil
er nämlich sehr hygroskopisch ist und das Pulver
durch Feuchtwerden bald verderben lässt.
Ein mit Natronsalpeter hergestelltes Pulver
blitzt nicht rot, sondern intensiv gelb, da die
Gelbfärbung der Flamme eine der charakteristi-
schen Eigenschaften des Natriums und seiner Ver-
bindungen, also auch des Natronsalpeters und des
Chlornatriums oder Kochsalzes ist. Dieses Färbe-
vermögen des Natriums ist ausserordentlich gross
und jedenfalls erheblich grösser als dasjenige des
Kaliums. Es gehören daher nur geringe Mengen
eines Natriumsalzes im Kalisalpeter dazu, um die
Flamme des letzteren nicht mehr rotviolett, sondern
lebhaft gelb erscheinen zu lassen. Eine solche, sei-
ner hygroskopischen Eigenschaften wegen sehr läs-
tige Verunreinigung des Kalisalpeters bildete das
Chlornatrium besonders in demjenigen Salpeter,
welcher aus Ostindien stammte. In diesem alten
Kulturlande ist der Boden mit animalischen Resten
aller Art stellenweise derart gesättigt, dass häufig
der durch Zersetzung jener stickstoffhaltigen Teile
entstehende Kalisalpeter an der Erdoberfläche aus-
schwitzt und durch Auslaugen des zusammenge-
fegten Staubes gewonnen wurde. Aus diesem
Staube gelangte nun Chlornatrium in nicht unerheb-
licher Menge in den Salpeter, der in der Haupt-
sache nach Holland verfrachtet wurde. Alle mit
Holland in Handelsbeziehungen stehenden Länder
erhielten daher Kochsalz haltenden Salpeter, dessen
Läuterung sich lediglich auf die Entfernung me-
chanischer Verunreinigungen erstreckte. Der Sal-
peter wurde in grossen, tiefen Gefässen aufgelöst
und gesotten, wobei ein Teil der Unreinigkeiten als
Schaum an die Oberfläche kam und abgeschöpft
wurde, während die schwereren Teile zu Boden
sanken. Die überstehende, noch sehr heisse Lösung
wurde in die flachen Kühlpfannen abgelassen, wo
sie erkaltete und den Kalisalpeter, mit ihm aber
auch das Kochsalz, in grossen Ivrystallen ausschied.
Das mit diesem Kochsalz haltenden Salpeter her-
gestellte Pulver musste daher nicht rot, sondern
gelb blitzen und die Handelsbeziehungen Hollands
dürften dem Schlachtenmaler ein Hinweis darauf
sein, welche Farbe der Schüsse er den einzelnen
kriegführenden Parteien zuerkennen soll. Unter

allen Umständen haben hiernach die Schüsse der
Holländer selbst in ihrer Blütezeit nicht rot, sondern
gelb geblitzt. In der That stellen auch die hollän-
dischen Maler jener Zeit die Schusserscheinung
weisslich-gelb, höchstens hier und da mit einem
schwachen rötlichen Schimmer dar und bestätigen
so die hier aus rein theoretischen Gründen gewon-
nene Anschauung.
Sehr weit verbreitet, und in den Artillerie-
büchern des 16. und 17. Jahrhunderts fast aus-
schliesslich erwähnt, war der Plantagen-Salpeter.
Er wurde hauptsächlich von armen Bauern im Ge-
birge aus tierischen Abfällen hergestellt, die
fleissig mit Stalljauche begossen wurden und, vor
Regen geschützt, in Fäulnis übergingen und eine
gute Ausbeute eines Kalisalpeters ergaben, der im
allgemeinen frei von Kochsalz gewesen sein muss.1)
Mit diesem Salpeter bereitetes Pulver blitzte natur-
gemäss rot. Der häufig aus Futtermauern und un-
terirdischen Gewölbeeindeckungen ausschwitzende
sog. Mauersalpeter, der zum Zwecke der Pulverfabri-
kation ebenfalls eifrig gesammelt und mit Pottasche
zu Kalisalpeter umgesetzt wurde, ist bezüglich seines
Kochsalzgehaltes mit dem ostindischen Salpeter auf
eine Stufe zu stellen.
Das oben geschilderte Läuterungsverfahren des
Salpeters wird bereits im 16. Jahrhundert erwähnt und
erhielt sich in Deutschland in derselben Weise bis ins
19. Jahrhundert hinein. Etwa um die Zeit der grossen
Revolution tauchte in Frankreich ein Läuterungsver-
fahren auf, welches gestattete, den Salpeter auch
von dem lästigen Kochsalzgehalt völlig zu befreien.
Es beruht auf dem Umstande, dass die Löslichkeit
des Salpeters in heissem Wasser ganz erheblich
höher ist, als in kaltem, während bei Kochsalz
dieser Unterschied sehr gering ist. Aus einer
heissen Lösung beider Salze musste daher beim
Erkalten der Salpeter zuerst auskrystallisieren, er
wurde fortwährend aus den flachen Pfannen heraus-
gekrückt, mit reiner konzentrierter Salpeterlösung
und schliesslich mit reinem Wasser gut abge-
waschen und enthielt dann kaum noch Spuren von
Kochsalz. Dieses Verfahren wurde erst 1831 bei der
königlichen Pulverfabrik in Berlin eingeführt und
wird noch heute bei der fabrikmässigen Darstel-
lung des sog. Konversionssalpeters ausgeübt. Der-
selbe entsteht aus Chilesalpeter durch chemische
Umsetzung mit dem Chlorkalium der Stassfurter
Abraumsalze und hat den Salpeter anderen Ur-
sprungs fast völlig vom Weltmarkt verdrängt. Er
erschien 1834 zum ersten Male auf dem Berliner
Markt.
Wie überhaupt die Flamme des Schusses, kann
man auch ihre Farbe einwandsfrei nur vom Ge-
schütz selbst aus erkennen. Von jeder anderen
Stelle aus wird sie, wie schon gezeigt, stets mehr
1) Um 1810 bestand in Glatz eine Königl. Preussische
Salpetersiederei, die augenscheinlich vorzugsweise Plantagen-
salpeter verarbeitet hat.
 
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