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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

DOI Heft:
7. Heft
DOI Artikel:
Potier, Othmar: Die Waffenkammer des Stiftes Kremsmünster[4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0232

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7. HEFT

BARON POTIER, DIE WAFFENKAMMER DES STIFTES KREMSMÜNSTER

215

Die Waffenkammer des Stiftes Kremsmünster.
Systematisch dargestellt von Dr. Otmar Baron Potier.

(Fortsetzung aus Heft 6, S. 183.)

D. Fernwaffen.
154. Säule einer deutschen Handarmbrust
um 1450. Dieselbe ist 80 cm lang', für die deutsche
Winde eingerichtet und mit einem in der Pfeil-
linie 44 cm messenden Abzugsbüg'el versehen.
Die fehlende Nufs läuft im Faden. Ein Teil des
Stuhles fehlt. An der mit einfachen Einlagen aus
Horn geschmückten Säule erhielten sich Reste
des Tauwerkes. 1,7 kg.
155. Säule einer deutschen Handarmbrust
um 1480. Die gut erhaltene, 84 cm lange Säule
ist mit weifsem Bein belegt und weist rudimentäre
Zielbacken auf. Die Pfeillänge des Abzugsbügels
mifst 46 cm. 1 kg.
156. Säule einer Jagdarmbrust um 1500.
Deren Länge beträgt 66 cm. Die Säule mit im
Faden laufender Nufs ist für die deutsche Winde
eingerichtet und weist Reste der Tauverankerung
des Bogens auf. Ein Teil der weifsen Verbeinung
fehlt. Der Abzug läfst sich mit Plilfe eines Hebels
sperren. 1 kg.
157. Säule einer Jagdarmbrust, 57 cm lang,
mit gebleichtem Bein und Horn eingelegt und
für die deutsche Winde eingerichtet. Um 1510.
158. Säule einer Jagdarmbrust mit verbeintem
Stuhl, 66 cm lang. 1 kg. Um 1510.
159/160. Schwere Bögen für Armbrüste,
aus Horn erzeugt und mit Birkenbast umwickelt,
69 und 74 cm in der Pfeillinie messend, 1,8 und
2 kg schwer. Um 1480.
161/162. Kleine deutsche Schnepper
(Abb. 14). Die eiserne Säule sitzt in einem breiten
Backenstück von Holz, welches eine
Platte aus Bein, sowie ein einge-
schlagenes Ornament ziert. Die eiser-
nen Bögen messen 32 und 39 cm in
der Länge. Die Säulen sind mit Ziel-
gabeln ausgerüstet, deren Enden ein
(hier fehlender) Draht verbindet, auf
welchem eine kleine hin- und herzuschiebende
Kugel als Korn aufgefädelt ist. Der eiserne
Säulenhebel des einen Schneppers weist die Hirsch-
marke der Solinger Familie Berns auf. 1,1 und
1,5 kg. Um 1600.
163. Gemeiner K öcher für Armbrustbolzen.
Der hölzerne Körper ist 44 cm hoch, oben 11,5 cm,
unten 21,5 cm breit, rückwärts flach, nach vorn
zu gebaucht und mit Schweinshaut überspannt.


Abb. 14

Der Deckel besteht aus Eisenblech. 0,5 kg.
Um 1460.
164. Gemeiner Köcher für Armbrustbolzen.
Der 29 cm hohe, unten 28 cm breite hölzerne
Körper ist aufsen mit Schweinshaut überzogen;
am Rand der Öffnung ist ein Streifen Leders mit
eisernen Nägeln befestigt, deren Köpfe ein hüb-
sches Muster aufweisen. Innen ist der Köcher
mit grober Leinwand beklebt; eine angenag'elte
hölzerne Leiste ist mit zehn Ausnehmungen für
die Armbrustbolzen versehen. 0,5 kg. Um 1460.
165/166. Gemeine Flauspfeile für Arm-
brüste. Die 38 cm lang'en, mit rohen Holzspänen
befiederten Schäfte sind mit 6 cm langen Eisen
von vierseitigem Querschnitt versehen. 15. Jahrh.
167/172. Plängemörser aus Messing. Dieselben
sind 37 cm hoch und besitzen ein Kaliber von
8 cm. An den Zündlöchern bemerkt man einen
schalenartigen Auftrieb. In Relief zeigen sie das
Wappen des Stiftes und die Jahreszahl 1719.
Anmerkung. J. Sibmacher spricht in seinem
Wappenbuch, I. Bd., 5. Abt., II. Reihe, Klöster, das Wappen
der Abtei Kremsmünster wie folgt an: „Halbgespalten
und quergeteilt mit Mittelschildchen, welches in S. den Buch-
staben K enthält. 1. in gr. ein schräglinks aufspringender
4= Eber, der einen Spiefs zwischen den Pranken hält, 2. in
R. ein schrägrechts aufspringender s. Hund, 3. im S. auf
gr. Boden ein roter Ochse. Auf dem Schilde ruht die
Inful, durch welche der Krummstab gesteckt ist.“
173. Kurzes Falkonet. Das 89 cm lange
Rohr aus Bronze besitzt ein Kaliber von 34 mm.
Reifenbündel verstärken die Mündung; am Hinter-
stück mit schalenartigem Zündloch bemerkt man
ein leer gelassenes Wappenschild. Das Boden-
stück, aus welchem die Traube in Gestalt eines
Pinienapfels hervorragt, zieren Akanthusblätter.
Das Rohr ruht in einer hölzernen, rotbraun an-
gestrichenen Wandlafette, deren 36 cm hohe Räder
eine Geleisweite von 57 cm besitzen.
Anmerkung. Als im Jahre 1809 auf Befehl der
französischen Regierung alle vorhandenen Waffen ab-
geliefert werden mufsten, konnte nur dieses Falkonet dem
Kloster durch das Vorgeben, man benötige es zu wissen-
schaftlichen Zwecken, erhalten werden Bei dem Besuche
der jugendlichen Erzherzoge Franz Josef (Kaiser von
Österreich), Ferdinand Max (gest. als Kaiser von Mexiko
am 19. Juni 1867 zu Queretaro) und Karl Ludwig (gest.
19. Mai 1896) im Stifte am 28. August 1842 gab dieser
Prinz mehrere Schüsse aus dieser Kanone ab, welche bis
vor kurzem im physikalischen Kabinett der Stiftssternwarte
aufgestellt war.
 
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