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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 4.1906-1908

DOI Heft:
9. Heft
DOI Artikel:
Hampe, Theodor: Archivalische Forschungen zur Waffenkunde, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.38677#0300

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9. HEFT

ITAMPE, ARCHIVALISCHE FORSCHUNGEN

279

Archivalische Forschungen zur Waffenkunde
Von Dr. Theodor Hampe
(Fortsetzung aus Heft 8, S. 253.)

V, Die Büchsenmeister und Geschiitzgiefser
Hans und Hermann Widerstein
in Nürnberger Diensten.
Unter den Verlusten, welche die archivalischen
Bestände der ehemaligen freien Reichsstadt Nürn-
berg im Laufe früherer Zeiten erlitten haben, ist
vielleicht vom Standpunkt des Kulturhistorikers
keiner so schmerzlich zu beklagen wie derjenige
der an den alten Nürnberger Rat gelangten
Supplikationen, die viele Bände umfafst haben
müssen, aber, da sie natürlich dauernden Gegen-
wartswert im Sinne einer praktischen Verwaltung
nicht besafsen, so gut wie ausnahmslos unhistorisch
gerichteten Zeitläuften zum Opfer gefallen, ver-
mutlich bald nach dem Übergang- Nürnbergs an
Bayern (September 1806) eingestampft worden sind.
Von welcher Bedeutung sie gerade für die
Kenntnis der Lebensverhältnisse und An-
schauungen der unteren Stände gewesen sein
mögen, läfst sich zur Genüge aus der Probe ab-
nehmen, um deren Veröffentlichung- es mir hier
vor allem zu tun ist. Es handelt sich dabei um
eine Supplikation des bekannten Büchsenmeisters
und Geschützgiefsers Hermann Widerstein’2)> die
dieser nach dem gleichzeitigen Registraturver-
merk („Herman Widersteyn praesentata quinta
Vincencii 1489“) am 22. Januar 1489 beim Nürn-
berger Rat einreichte und die ausnahmsweise
nicht mit den übrigen Supplikationen vereinigt,
sondern zusammengefaltet dem Januarheft des
Jahrganges 1489 der Ratsverlässe beigeheftet
wurde. So ist uns dieses interessante Schriftstück
erhalten, aber merkwürdigerweise bisher ganz
unbeachtet geblieben.
Eine Art kurzer Selbstbiographie liegt vor
uns, deren Angaben sich zum Teil an der Hand
anderer Archivalien, der Bestallungsbriefe13) und
12) Vergl. über ihn namentlich: Chroniken der deutschen
Städte II (Nürnberg II) Seite 292 Anmerkung 2 (,,einer der
am häufigsten genannten Büchsenmeister“), 294, 295;
XI (Nürnberg V), 678, 691. Anzeiger für Kunde der deutschen
Vorzeit XXI (1874) Sp. 79f. Würdinger, Kriegsgeschichte
von Bayern, Franken, Pfalz und Schwaben von 1347—1506,
Bd. II S. 397 f. (Danach Jähns, Handbuch einer Geschichte
des Kriegswesens S. 965) usf.
13) K. Kreisarchiv Nürnberg Ms. Nr. 296 20 „Allerley
Bestallungen und Schulden der Losungstuben“; im folgenden
zitiert als „Bestallungsbuch“.

Ratsverlässe, kontrollieren, berichtigen und er-
gänzen lassen. Das wichtigste aus diesen letzteren
Quellen habe ich als „Anhang“ dem Abdruck der
Widersteinschen Supplikation hinzugefügt14). Hier
sei gewissermaßen als Kommentar zu der fol-
genden Publikation eine kurze Zusammenfassung
des Tatsächlichen, das uns die alten Schriften
künden, unter gleichzeitigem Hinweis auf ver-
schiedene noch ungelöste Fragen vorausgeschickt.
Aus der Eingabe Hermann Widersteins an
den Nürnberger Rat erfahren wir, dafs er leib-
eigener Geburt war. Die genaue Feststellung
der Persönlichkeit seines Herrn jedoch, dessen
Name Conrad von Freiburg war, und der damit
zusammenhängende Nachweis der Herkunft der
beiden Widerstein stöfst bereits auf Schwierig-
keiten. Wenn wir zunächst an der durchgängig
gebrauchten Namensform — „Freiburg“, nicht
„Freiberg“ — festhalten, so könnte es sich wohl
nur um eines der oberbadisch - elsässischen
Geschlechter dieses Namens —• vergl. Kindler
von Knobloch, Oberbadisches Geschlechterbuch, r,
390ff. t— handeln, wobei dann die einmal in
unserem Schriftstück zu Tage tretende, sonst
schwer erklärliche Beziehung zu Strafsburg den
Gedanken an das Strafsburger adelige Geschlecht
„von Freiburg“ vor allem nahelegen würde.
Allein der ein andermal erscheinende Zusatz „zu
Wal“ läfst uns in unseren Vermutungen doch
wieder schwankend werden. Waal, Wahl oder
Wall heifsen heute noch eine ansehnliche Zahl
von Dörfern oder Weilern, die fast alle im heutigen
Bayern, zumeist in Oberbayern, liegen. Es wäre
daher auch möglich, dafs mit Conrad von Freiburg
ein Mitg'lied des weitverzweigten bayerischen
Adelsgeschlechts derer von Freiberg, und zwar
der Flerren zu Freiberg von der Aschauer Linie,
bei der g-erade im 15. Jahrhundert der Name
Conrad häufig begegnet, also etwa Conrad IV. von
Freiberg zu Cammerberg, Gaifsschedl zubenannt
(f 1461)15), gemeint sei. Und auf Wall sogar als
14) Unter Nr. I des Anhangs sind die urkundlichen
Nachrichten, die sich auf den Schreiner und Büchsenmeister
Hans Nürnberger — vergl. über ihn weiter unten — be-
ziehen, unter Nr. II diejenigen, die für Hans und unter Nr. III
diejenigen, die für Hermann Widerstein in Betracht kommen,
vereinigt.
16) Vergl. Wiguleus Hund, Bayrisch Stammen-Buch
(1585) 2, 97; danach Hübner, Genealogische Tabellen 2, 534.
 
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