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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 7.1940-1942

DOI Artikel:
Bethe, Hellmuth: Ein Patronenbehälter in der Art Peter Flötners
DOI Artikel:
Rohde, Fritz: Über die Zusammensetzung der spätmittelalterlichen Armbrust
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https://doi.org/10.11588/diglit.72859#0075
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F. Rohde, Über die Zusammensetzung der spätmittelalterlichen Armbrust

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ziehung zu Peter Flötner spricht für süddeutsche
(Augsburger?) Entstehung um die Mitte des 16. Jahr-
hunderts. In Pommern spielten als Auftraggeber da-
mals fast nur die Herzöge eine Rolle1). Vielleicht
stammt die Arbeit daher aus ihrem Besitz. Die Wahr-
scheinlichkeit wird dadurch noch größer, daß die

Herzöge der von ihnen gegründeten, in unmittelbarer
Nähe des Schlosses gelegenen Marienkirche mehr-
fach Stiftungen gemacht haben. Dasselbe gilt von der
Stettiner Schloßkirche, in der bis 1730 die nicht mehr
nachweisbaren Kürasse der Pommernherzöge aufge-
stellt waren.

ÜBER DIE ZUSA MMENSETZUNG
DER SPÄ TMITTELALTERL[CHEN ARMBRUST

VON FRITZ ROHDE

In einem früheren Aufsatz habe ich die Spann-
und Abzugsvorrichtung der Armbrust behandelt1).
Der Anklang, dein meine Ausführungen zu dieser
von der Forschung allzusehr vernachlässigten wich-
tigen Kriegswaffe des Mittelalters gefunden haben,
veranlaßt mich, meine Erfahrung über die Zusamen-
setzung der spätmittelalterlichen Armbrust mitzu-
teilen. Durch das Studium und insbesondere durch
die Instandsetzung alter Armbrüste glaube ich zu Er-
mittlungen gekommen zu sein, die bisher in keinem
Lehrbuch zu finden waren.
Die Hauptteile der Armbrust sind Bogen, Säule und
Sehne. Von diesen ist wiederum der Bogen der wich-
tigste. Von ihm hängt die Durchschlagskraft und)
Treffsicherheit der Armbrust ab.
Nach Boeheim sollen die frühesten Armbrustbogen
reine Holzbogen gewesen sein; bekannt sind keine,
persönlich möchte icli ihre Verwendbarkeit auch be-
zweifeln. Für Handbogen, die bekanntlich bedeu-
tend länger sind, trifft dies zu, da gibt auch ein Holz-
bogeln die Spannung her, nicht aber für den kurzen
Armbrustbogen.
Bei den auf uns gekommenen wenigen alten Arm-
brustbogen aus dem 14. und 15. Jahrhundert handelt
es sich um zusammengesetzte Bogen, offenbar in An-
knüpfung an den in die Antike zurückzuverfolgenden
zusammengesetzten Flitzbogen.
Als Material für zusammengesetzte Bogen diente
Tiersehne, Horn, Fischbein und Holz. Das Ganze war
dann zum Schutz gegen Feuchtigkeit mit Birkenrinde
überleimt, letztere häufig bemalt oder mit Modeln be-
druckt.
Über die Konstruktion und den Zusammenbau
dieser Bogen war bisher begreiflicherweise nur

wenig bekannt. Denn diese Art von Bogen sind selten,
und so leicht kann sich kein Sammler entschließen,
studienhalber ein so wertvolles Stück zu zerschneiden.
Einem glücklichen Zufall ist es zu verdanken, daß
das Berliner Zeughaus vor einem Jahrzehnt eine Reihe
alter, einwandfreier Armbrustbogen aus dieser Zeit
zur Begutachtung erhielt und sich bei dieser Gelegen-
heit durch Zersägen und Anschneiden stark beschä-
digter Exemplare Bau und Zusammensetzung des
Materials einwandfrei feststellen ließ. Es ergab sich
dabei eine erstaunlich sinnreiche Verwendung, Ver-
arbeitung und Beanspruchung des Materials, das in
denkbar vollkommenster Weise ein Höchstmaß von
Spannkraft erzielt. Um diese Spannkraft noch zu stei-
gern, wurde der Bogen in der Regel als „überspannter
Bogen" gearbeitet (Abb. 1), d. h. er war in einer gegen
die Säule konvexen Richtung gebogen. Erst durch
Auflegen der Sehne wurde der Bogen konkav gebogen
(Abb. 2).
Nach Art der Zusammensetzung und Verwendung
des Materials sind nach meinem eingehenden Studium
erhaltener mittelalterlicher Armbrüste in öffentlichen
und privaten Sammlungen drei Hauptgruppen zu
unterscheiden:
1. Bogen mit Hornkern und Fischbeinseitenein-
lagen;
2. Bogen aus Fischbein ohne Hornkern;
3. Bogen aus Holz mit Fischbein- oder Horneinlage.
Bei allen drei Gruppen bildet die Tiersehne, die
ähnlich wie beim Organismus das Fleisch die Knochen,
beim Bogen seinen festen Kern einbettet, den Haupt-
bestandteil und nimmt V3 bis V2 des Gesamtvolumens
ein.

') Vgl. H. Bethe, Die Kunst am Hofe der pommerschen D Fr. Rohde, Die Abzugsvorrichtung der frühen Arm-
Herzöge. Berlin 1937. brüst und ihre Entwicklung. ZHWK. N. F. 4. 100.
 
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