Zobel, Viktor [Hrsg.]; Darmstädter Künstlerkolonie [Hrsg.]; Cissarz, Johann Vincenz [Ill.]: Darmstadt, Ausstellung der Künstlerkolonie: vom 15. Juli - 10. Oktober ; 1904 (Darmstadt, 1904)

Richtung vorwärts. Es ist wahr: das Vordringen geschieht
langsam, Schritt für Schritt; aber der Kampf ist darum nicht
weniger heiß. Denn einmal gilt es, neben einer Macht sich
geltend zu machen, die heute fast die gesamten menschlichen
Fähigkeiten in ihren Bann gezogen hat: neben Technik und
Wissen; und ferner gilt es, Verluste aus den Zeiten des Nieder-
ganges einzubringen und durch die Erfindungsgabe Einzelner
das herbeizuschaffen, was durch Uberlieferung Besitz wäre.
Einer ganz auf das Veräußerlichen des Lebens gerichteten Zeit
den Blick nach innen zu wenden, das ist die große Aufgabe.

Die Wegefinder aber sind die Künstler, Menschen mit ge-
schärften Sinnen, denen die Gabe des Gestaltens gegeben ist, die
aus ihrem Eigenen die Form zu ihren Gedanken schöpfen und so
den Ausdruck ihres Lebens und des Lebens ihrer Zeit finden.
Kunst ist da, wo ein innerlich Erlebtes eigentümlich gestaltet
wird; ihr Sinn aber liegt nicht nur in der Schaffung von Werken,
sondern in der Förderung und Bereicherung des Menschen durch
diese Werke; sie ist eine Sprache, die jeder nach seiner Weise
als die Mittlerin zum Leben um ihn her verstehen lernen kann.
Wenn schon jede bescheidenste menschliche Betätigung erst durch
das Einsetzen der Persönlichkeit wärmende und lebensvolle
Wirkung tut, so wird man dem Künstler vor anderen für eine
eigene Sprache danken, die neue Worte und Werte gibt; und
man wird besonderen Grund haben, es zu tun, wenn in einer
suchenden Zeit die Sprache erst wieder gelernt werden muß.
Deshalb haben wir es heute bei jeder künstlerischen Arbeit
mit einer stark persönlich gefärbten Art zu tun. Und wenn auch