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Zoepffel, Renate
Historia und Geschichte bei Aristoteles — Heidelberg, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.41374#0048
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Renate Zoepffel

Welt und des Menschengeschlechts glauben175, und den Kreislauftheorien
derjenigen Philosophen, die unzählige Welten oder ewige Wiederkehr einer
immer gleichbleibenden Welt annehmen176.
Schon in Augustins Auseinandersetzung ist es wohl angelegt, daß das
Etikett «Kreislauftheorie» offenbar sehr verschiedenartigen Vorstellungen
aufgeklebt werden kann177. Das reicht in der modernen Literatur denn auch
von der Weltalterlehre Hesiods178 und solchen Hinweisen wie etwa dem

zu lassen, und so ist auch zu bedenken, ob nicht die Lehre vom Kreislauf der Verfassun-
gen, wie sie als antike Grundvorstellung bei den Staatstheoretikern seit Macchiavelli
tradiert wurde, insofern von großem Einfluß war, als man sie seit Kant und Schlegel
durchbrochen glaubte — dazu R. Koselleck, Art. Demokratie, IV 1 : Öffnung des ge-
schichtsphilosophischen Horizonts, 848—853 (bes. 852: «Mit Kant wurde für Schlegel
aus dem Kreislauf der Herrschaftsformen eine geschichtlich einrichtige Bewegung»), in:
Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in
Deutschland, hrsg. von O. Brunner, W. Conze u. R. Koselleck, Bd. I, A—D, 1972. Auf
der anderen Seite hat das von Gibbon stark angeregte Nachdenken über das Dekadenz-
phänomen und das in der Romantik steigende Interesse für das «Leben der Völker»
die Geschichtsspekulation entscheidend beeinflußt. S. dazu z. B. W. Rehm, Der Unter-
gang Roms im abendländischen Denken, Das Erbe der Alten 18, 1930, 131—141: Von
Gibbon zu Nietzsche; 136 z. B. zu Schlegel, «der die antike Geschichte aus ihrem eigenen
Prinzip des Kreislaufes und die moderne aus dem der unendlichen Fortschreitung zu
begreifen suchte» (mit Quellenbelegen). Eine nicht zu übersehende Rolle hat schließlich
auch Nietzsche gespielt: s. nur W. Nestle, F. Nietzsche und die griechische Philosophie,
Neue Jhb. f. d. Klass. Altert., Gesch. u. dt. Literatur u. f. Pädagogik, 29, 1912, 554—584,
bes. 571—574. — Das Thema «Kreislauftheorien» wäre sicher wert, eingehender behan-
delt und auf die jeweiligen historischen Bedingtheiten hin untersucht zu werden. Das
so überaus stoffreiche Buch von G. Billeter, Die Anschauungen vom Wesen des Griechen-
tums, 1911, steuert zum Thema «Kreislaufdenken bei den Griechen» direkt nichts bei.
Umso interessanter ist das reiche Material für die Widersprüchlichkeit moderner Pau-
schalurteile über die Griechen, das in Teil II gesammelt ist. Man lese nur z. B. S. 133—145:
«Die griechische Heiterkeit» und «Der griechische Pessimismus» (II 11,1 u. 2). Diese
Urteile sagen meist mehr über die Urteilenden als über die Beurteilten aus. Vgl. die zum
Teil leider heute noch immer aktuellen skeptischen Vorbemerkungen Billeters, S. 6—18.
175 De civ. Dei 12,10. Vgl. H. Meyer (A. 173) 359.
178 12,11—14. Aus diesem Abschnitt zitiert F. Wagner, Geschichtswissenschaft, 43 ff. Die
anderen von ihm angeführten Beispiele sind Polybios 6,9 (der Kreislauf der Verfas-
sungen) und Tacitus, aim. 3,55. Inwieweit Augustins Angaben auch für Pythagoras und
Heraklit zutreffen, wie Wagner offenbar annimmt, scheint nicht klar, ist für uns hier
aber nicht von Bedeutung. Zu den Pythagoreern s. E. Zeller, Die Philosophie der Grie-
chen, I, 129; 131; B. L. van der Waerden, Das Große Jahr und die ewige Wiederkehr,
Hermes 80, 1952, 129—155, bes. 152ff. Zu Heraklit: Zeller I, 158 f.; 161; 164. Vgl.
W. Stohmann (A. 177), bei dem sich S. 19—24 viele Stellenangaben dazu finden, und
vor allem J. Kerschensteiner, Kosmos. Quellenkritische Untersuchungen zu den Vor-
sokratikern, Zetemata 30, 1962. Zu Empedokles s. U. Hölscher, Weltzeitalter und
Lebenszyklus. Eine Nachprüfung der Empedokles-Doxographie, Hermes 93, 1965, 7—33.
177 S. W. Stohmann, Überblick über die Geschichte des Gedankens von der ewigen Wieder-
kunft mit besonderer Berücksichtigung der «Palingenese aller Dinge», Diss. Münster,
1917, der in der Einleitung (S. 3—6) eine genauere Begriffsbestimmung versucht.
178 Erga 106—201. Wenn Hesiod (174 f.) wünscht, entweder vor oder nach dem Eisernen
Zeitalter geboren zu sein, so spricht daraus die Hoffnung auf eine bessere Zukunft, die
 
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