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Zoepfl, Heinrich
Deutsche Staats- und Rechts-Geschichte: compendiarisch dargestellt zum Gebrauche bei akademischen Vorlesungen (3) — Heidelberg: Oßwald, 1836

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https://doi.org/10.11588/diglit.47342#0192
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188

nigstens ursprünglich, wenn gleich ohne historische Ele-
ganz, doch nicht ohne eine rationelle Richtung getriebene
Studien der geschriebenen gemeinen Rechtsquellen abnahm.
Die Reichsgesetzgebung hatte sich des Privatrechtes fast
gar nicht und überhaupt nur so weit angenommen, als
staatsrechtliche, politische oder polizeiliche Rücksichten ein-
traten, wodurch aber eben selbst diese wenigen4) reichs-
gesetzlichen Bestimmungen zum Theile an grossen Unbe-
stimmtheiten leiden, wie dieses namentlich mit dem höchst
wichtigen, in die Wahlcapitulation Carl’s VII. (1742) auf-
genommenen Gesetze über die notorische Missheirath 5)
der Fall ist. — Dagegen fand sich die landesherrliche Ge-
setzgebung zu einer desto grösseren Thätigkeit veranlasset,
als es nunmehr die landesherrlichen Gerichte, und nicht
mehr die Gemeinden selbst oder ihre Schöffen waren, welche
Recht sprachen , und die Klagen über Unbestimmtheit des
Rechtes und widersprechende ürtheilssprüche ein Vorwurf
gegen die landesherrliche Regierung zu sein schienen.
Man suchte diesen Klagen, theils durch die Erlassung lan-
desherrlicher Verordnungen über einzelne Materien, theils
durch neue unter landesherrlicher Autorität veranstaltete oder
revidirte Sammlungen der Rechtsgewohnheiten des Landes,
sog. Landrechte, abzuhelfen, 6) theils schritt man endlich
zu Abfassung vollständiger und umfassender Gesetzbücher.
Das erste Werk dieser Art war das unter dem Titel „Codex Ma-
ximilianeus Bavaricus“ vonKreitmaierfpubl. 4j56) ausge-
arbeitete Gesetzbuch für dieChurbayeriscbeu Lande, welches
jedoch vorzugsweise nur das römische Recht mit Entschei-
dung der häufigsten Streifragen wiedergab. Diesem folgte
1794 das Preussische Landrecht, und 1811 das Oesterreichi-
sche Civilgesetzbuch, in welchen beiden schon eine freie
und selbstständige, ängstliche Rücksichten auf das römische
Recht vermeidende, jedoch ihrem Geiste und ihrem Stre-
ben nach mehrfach verschiedene Legislation hervorgetreten
ist.7) In Baden dagegen wurde 1809 eine Bearbeitung des
Code Napoleon als Landrecht eingeführt. s) Ein Versuch
zur Abfassung eines allgemeinen für ganz Deutschland gül-
tigen bürgerlichen Gesetzbuches ist noch nicht gemacht
worden, und dürfte auch nach dem Widerspruche, welchen
die Codification im Allgemeinen von verschiedenen Seifen
gefunden hat,9) abgesehen von der Schwierigkeit einer
 
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