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Zoepfl, Heinrich
Grundsätze des allgemeinen und des constitutionell-monarchischen Staatsrechts: mit besonderer Rücksicht auf das gemeingültige Recht in Deutschland — Heidelberg: Winter, 1846

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https://doi.org/10.11588/diglit.47530#0123
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mählig entweder in Demokratie, d. h. Selbstherrschaft der
Massen, oder in Monarchie, d. h. in Herrschaft eines Einzel-
nen, über. Ersteres ist der Fall, wenn die gesammte Masse des
Volkes, als das jederzeit an sich physisch-Mächtigste, anfängt,
sich selbst als die grösste Intelligenz zu betrachten und einen
Gesammtwillen zu äussern, und somit sich zur Ueberlegenheit
über die wenigeren Aristokraten erhebt3). Das Letztere tritt
ein, wenn sich die Masse entweder freiwillig unter die Lei-
tung eines Einzelnen stellt, um das Joch der Aristokraten ab-
zuschütteln 4), öderes einem einzelnen Ehrgeitzigen gelingt,
mit Hülfe des kampflustigen Theiles der Massen die alte Ari-
stokratie zu stürzen und die übrige Masse als etwas Willen-
loses mit fortzureissen und sich zu unterwerfen 5).
Die Herrschaft der Macht, der Intelligenz und der Willens-
kraft über die Schwäche und Trägheit ist überdies ein so sehr
natürliches Verhältniss, dass es, genau betrachtet (dem Wesen
nach), nie eine andere Beherrschungsform, als die Aristokratie
gibt, so dass die Demokratie und Monarchie eigentlich nur ver-
schiedene Entwickelungsformen der ersteren und Abstufungen
ihrer äusseren Erscheinung sind. Es drängen sich nämlich auch
in der Demokratie und in der Monarchie fortwährend die ein-
zelnen politischen Partheien danach, ihren Ansichten und Inte-
ressen vorzugsweise Geltung zu verschaffen, d. h. Aristo-

3) Dies tritt regelmässig ein, wo die Aristokratie übermüthig wird.
4) Diesen gewöhnlichen Entwickelungsgang, das Hervortreten der Mo-
narchie als Opposition gegen die Aristokratie, häufig nach einer kurzen
demokratischen Episode, welche nur den Uebergang vermittelt (wie bei
Caesar und Napoleon) hat schon Cicero, de offic., II., 12, sehr gut bemerkt:
„Mihi quidem non apud Medos solum, ut ait Herodotus, sed etiam apud
majores nostros justitiae fruendae causa videntur olim bene meriti reges
constituti. Nam quum premeretur inops multitudo ab iis, qui majores opes
habebant, ad unum aliquem confugiebant virtute praestantem, qui quum
prohiberet injuria tenuiores, aequitate constituenda summos cum infimis
pari jure retinebat.“ (Vergl. oben §. 46, Note 13.)
5) So berichtet im 16. Jahrhundert W. Pirckheimer, censura de Ger-
maniae rebus publicis (in Opp. Edit. Frkf. 1765, p. 201), über die Art, wie
die Bischöfe verfuhren, um sich die Reichsstädte zu unterwerfen: „Sed cum
primum plebem contra optimates instigassent, brevi eos nbique ejecere, ac
deinde stulto oppresso populo, omnia suae ditioni subjecerunt.“
ZöplI, Staatsrecht. 3tc Ausg. 7
 
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