Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zoepfl, Heinrich
Deutsche Staats- und Rechtsgeschichte: ein Lehrbuch in zwei Bänden (2,1): Geschichte der deutschen Rechtsquellen: compendiarisch dargest. — Stuttgart: Krabbe, 1846

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.47337#0188
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
176

Zweiter Zeitraum. V. Germanische Rechtsbücher,

niern bevölkert, hatte nämlich am Ende des IX. Jahrhunderts eine
normanische Bevölkerung erhallen. Um der zerstörenden Blutrache zu
steuern, machte im J. 926 ein hochgesinnter Mann, Ulfliotus, den
Vorschlag, Statuten zu machen. Er selbst reisete deshalb in dem sech-
zigsten Jahre seines Alters nach Norwegen, und liess sich von seinem
Onkel, Thorleif dem Weisen ]), im Rechte unterrichten. Bei seiner
Rückkehr im J. 928 wurde sein Gesetz, welches aber wohl nicht schriftlich
aufgezeichnet war, sondern von ihm nur mündlich vorgetragen wurde,
angenommen und längere Zeit traditionell fortgepflanzt, erhielt jedoch
wahrscheinlich schon bei der Einführung des Christenthums (im J. 1000
bis 1016) einige Aenderungen. Im J. 1117 wurde endlich von dem Lög-
sögmalhr (Geselzwächter, Laghmann) Bergt hör und seinem Bruder
Haflid Maurus die Aufzeichnung der Rechte vorgeschlagen und eine
solche im J. 1118 bekannt gemacht. Diese Aufzeichnung hiess ursprünglich
die IIa flid-Skra 2); seit dem XVII. Jahrhunderte kam aber dafür die
Bezeichnung als (isländische) Gragäs, d. h. Graugans, wohl zunächst
in Betracht ihres hohen Alters, in Gebrauch 3). Als sich Island im
J. 1216 dem König Hackon Hakonarson von Norwegen freiwillig
unterwarf, wurde die Grägcls abgeschafft, und auf Befehl des Königs
ein neues Rechtsbuch für Island, das sog. Hakonarbuch, abgefasst
und eingeführt, welches wegen seiner Strenge auch Jarnsida, eiserne
Seite (latus ferreum), genannt wurde. Dieses Gesetzbuch wurde aber
unter K. Hakon’s Sohne Magnus (Lagabätr) wieder aufgehoben und
von dem Lögsögmathr Jon Einarson ein neues Rechtsbuch (Jonbok)
ausgearbeitet, welches seitdem bis auf die neuesten Zeiten in Island
practische Geltung behielt.
latina etc. ab J. F. G. Schlegel, 1829, 2 Bde. L. — Vergl. hierüber noch Wi ld a,
in d. allg. Hail. Lit.-Ztg. 1832 Nr. 9 bis 11. — Homeyer, in d. Berlin. Jahrb.
1832 S. 423. —
’) Es ist diess derselbe Thorleif, der bei der Abfassung des Gulathinglög
thätig war. (Siehe §. 51.) —
2) Auch hier also findet sich der Ausdruck Skra (Schranne) wie bei den
Soester Statuten, gleichbedeutend mit Forum Judicum. —
3) Grimm, 1. c. S. 106, denkt hier an die Farbe des Einbandes (vergl. §. 51
Note 6), und verweiset auf das Vorkommen von sog. schwarzen, rothen oder gelben
Büchern in deutschen Gerichten des Mittelalters. — Im J. 1123 war in Island von
den Bischöfen Thor lac und Ketillus auch eine Sammlung kirchlicher Rechte
veranstaltet worden, welche in den erhaltenen Handschriften mit dem Texte der
Gragäs bereits verbunden und demselben vorangestellt sind. —
 
Annotationen