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Alterthümer des Deutschen Reichs und Rechts: Studien, Kritiken und Urkunden zur Erläuterung der deutschen Rechtsgeschichte und des praktischen Rechts (1) — Leipzig, Heidelberg: Winter, 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.47602#0067
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auf den ab gemarkten, umpfählten oder umzäunten Bezirk hiess die
Gerichtsbarkeit des Bannhern auch Hofmarksgerichtsbarkeit40),
Pfahl- oder Zaungerichts barkeit4G), oder V o gte i 1 ichk e it
(vogteiliche Gerichtsbarkeit) binnen Etters47). Letztere Bezeich-
nung erklärt sich insbesondere daraus, weil sie von dem Gutsherrn
selten in Person, sondern meistens durch einen Vogt (advocatus)
ausgeübt wurde, abgesehen von den geringeren gerichtlichen oder
polizeilichen Functionen, welche dem Meier auf dem Gute zuge-
wiesen waren. Im Gegensätze hiervon hiess sodann die gemeine
oder ordentliche Gerichtsbarkeit des königlichen Landgerichtes, weil
sie ausserhalb der Etter der Immunitätsherren, also auf der
öffentlichen Strasse beginnt, „die S tr a s s en g er ich ts b ark eit “ 48).
Als auf den eigenen Grund und Boden (allodium, domanium,
patrimonium) und auf die eigenen, d. h. gutshörigen, wenn gleich
etwa personalfreien Leute (homines proprii im weiteren Sinne) be-
schränkt, hiess die Gerichtsbarkeit des Immunitätsherrn auch Eigen-
schaft (dominium) oder Eigengerichtsbarkeit, genau dem
oben erwähnten alten Ausdrucke „bannus allodii“ entsprechend,
was offenbar nur die lateinische Uebersetzung davon sein will, wo-
für später die Bezeichnung als patrimoniale Gerichtsbarkeit auf-
gekommen ist. Es ist hierbei wohl zu bemerken, dass diese Be-
zeichnungen ursprünglich durchaus nicht darauf deuten, dass die
Gerichtsbarkeit des Immunitätsherrn etwa nur eine gewisse nie-
dere Gerichtsbarkeit sei, welchen beschränkten Begriff, wie später
gezeigt werden wird, die Praktiker seit dem XVII. Jahrhundert
mit dem Worte Eigenherrschaft oder Eigengerichtsbarkeit zu ver-
binden anfingen und in welchem man auch in der neuesten Zeit
das Wort Patrimonial-Gerichtsbarkeit aufzufassen sich gewöhnt hat.49)
Durch die Bezeichnung der Gerichtsbarkeit des Immunitätsherrn als
eine eigene sollte nämlieh ursprünglich nur der Charakter der-
selben als einer realen, mit dem Eigenthumsbesitz von Grund und
Boden verknüpften und nicht als Amt verliehenen Gerichtsbarkeit
angedeutet werden, ohne darum dem Umfange dieser Gerichtsbar-
45) Sie wird erklärt als Recht „zu richten ynwendig der muren des
cloisters zu Langheim“: in Urk. K. Ruprecht’s a. 1408. in v. Schultes hist.
Schriften. Bd. I. p. 108. Nr. XLI1I. und begreift hier sogar den ganzen Blutbann.
46) Vergl. Scherz, Gloss. v. Pfalgericht. p. 1198.
47) J. M. Schneidt, thesaur. jur. Francon. Würzb. 1789. Abschn. I. Heft 18.
p. 3297.
48) Scherz, Gloss. v. Pfalgericht. Ueber die häufig ganz unrichtigen
Vorstellungen von der Strassengerichtsbarkeit siehe unten die Erörterung Nr. VII.
49) Vergl. J. M. Schneidt, thesaur. jur. Francon. Abschn. 2. Heft 22. p. 4.
 
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