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Homeyer: Die Haus- und Hofmarken.
ausspricht, ist nämlich kein anderer, als der bekannte, auch in
den Capitularien u. s. w. vielfach wiederholte Satz, dass Prozesse
über die Freiheit einer Person in deren Heimath »in patria, de
qua est« verhandelt werden müssen — (vergl. z. B. Karol. M. Cap.
Ticin. a. 801 c. 10; Pertz, Legg. I. p. 84) — weil der Beklagte
dort allein oder doch am Sichersten die erforderlichen Zeugen zum
Beweise seiner Freiheit aufbringen kann. Die Worte »aut anth-
mallo« sollen offenbar ein Synonym eines im Texte befindlichen
lateinischen Ausdruckes enthalten; sie können daher nach der
klaren Ablativ-Form »anthmallo« nur als Synonyma nach einem
Ablativ stehen. Es muss daher gelesen werden: »fidejussores po-
suerat, u t in patria, de qua est, aut anthmallo festes suae
libertatis dare debeat.« Hiernach erscheint »anthmallus« dem Be-
griffe nach als ein Synonym für »Heimath des Beklagten«,
und die Stelle besagt: »der Beklagte hat Bürgschaft geleistet, dass
er tüchtige Zeugen für seine freie Geburt in seiner Heimath (pa-
tria) oder in seinem Handmai, anth-mallus, d. h. in dem Gerichte,
oder in dem Gerichtsbezirke, wo sein Handgemal liegt, stellen
werde. Bei dieser Auffassung ergibt sich auch eine auffällige Ver-
wandtschaft mit der vorgedachten Glosse des Sachsenspiegels,
welche das Handgemal geradezu als Gericht oder Richtstatt er-
klärt, indem auch in dieser Extravagante der Lex Salica es einiger-
massen im Unklaren bleibt, ob mit dem anthmallus das Gericht
in der Heimath, oder das in seinem Bezirke liegende Handgemal
(Stammgut, Hofmark des Beklagten) gemeint sei. Nimmt man
Ersteres an, so wäre die dritte Bedeutung von Handgemal, näm-
lich als Gericht oder Richtstatt, ebenfalls schon für mindestens
das IX. Jahrhundert, als eine neben der Bedeutung von Stammgut
oder Hofmark herlaufende Bedeutung nachgewiesen.
Obgleich nun die Auffassung des anthmallus als Handgemal
unverkennbar die einfachste und meines Bedünkens richtigste Art
seiner Erklärung ist, so muss doch noch auch die Frage, ob »anth-
mallus« in der gedachten Extravagante nicht doch vielleicht am
richtigen Orte stehe, gleichsam zur Gegenprobe, untersucht werden.
Wäre dies der Fall, so müsste »anthmallus« aufgefasst werden als
Synonym von »ille (qui) uuadium dederit et fideijussorem posuerit«,
d. h. als ein Synonym für »Beklagten«. Allein hier begegnen wir
der Schwierigkeit, dass sodann ein Verderbniss des Wortes aus
»admallatus« angenommen werden müsste; desgleichen wäre die
Ablativ-Form »anthmallo unerklärlich und müsste auch hier wie-
der ein Verderbniss unterstellt werden, weil das vorhergehende
»ille« ebenfalls den Nominativ »anthmallus« erfordern würde.
Wir wollen aber noch ein Wort betrachten, welches eine ähn-
liche Bildung wie anthmallus zeigt, nämlich das Wort »gam al-
ias« in der L. Sal. Tit. XLVII. de filtortis (Merkel, p. 27. lin.
13; Pardessus erster Pariser Text, S. 27). Nachdem in dieser Stelle
das Verfahren beschrieben ist, welches bei der Einleitung der Vin-
Homeyer: Die Haus- und Hofmarken.
ausspricht, ist nämlich kein anderer, als der bekannte, auch in
den Capitularien u. s. w. vielfach wiederholte Satz, dass Prozesse
über die Freiheit einer Person in deren Heimath »in patria, de
qua est« verhandelt werden müssen — (vergl. z. B. Karol. M. Cap.
Ticin. a. 801 c. 10; Pertz, Legg. I. p. 84) — weil der Beklagte
dort allein oder doch am Sichersten die erforderlichen Zeugen zum
Beweise seiner Freiheit aufbringen kann. Die Worte »aut anth-
mallo« sollen offenbar ein Synonym eines im Texte befindlichen
lateinischen Ausdruckes enthalten; sie können daher nach der
klaren Ablativ-Form »anthmallo« nur als Synonyma nach einem
Ablativ stehen. Es muss daher gelesen werden: »fidejussores po-
suerat, u t in patria, de qua est, aut anthmallo festes suae
libertatis dare debeat.« Hiernach erscheint »anthmallus« dem Be-
griffe nach als ein Synonym für »Heimath des Beklagten«,
und die Stelle besagt: »der Beklagte hat Bürgschaft geleistet, dass
er tüchtige Zeugen für seine freie Geburt in seiner Heimath (pa-
tria) oder in seinem Handmai, anth-mallus, d. h. in dem Gerichte,
oder in dem Gerichtsbezirke, wo sein Handgemal liegt, stellen
werde. Bei dieser Auffassung ergibt sich auch eine auffällige Ver-
wandtschaft mit der vorgedachten Glosse des Sachsenspiegels,
welche das Handgemal geradezu als Gericht oder Richtstatt er-
klärt, indem auch in dieser Extravagante der Lex Salica es einiger-
massen im Unklaren bleibt, ob mit dem anthmallus das Gericht
in der Heimath, oder das in seinem Bezirke liegende Handgemal
(Stammgut, Hofmark des Beklagten) gemeint sei. Nimmt man
Ersteres an, so wäre die dritte Bedeutung von Handgemal, näm-
lich als Gericht oder Richtstatt, ebenfalls schon für mindestens
das IX. Jahrhundert, als eine neben der Bedeutung von Stammgut
oder Hofmark herlaufende Bedeutung nachgewiesen.
Obgleich nun die Auffassung des anthmallus als Handgemal
unverkennbar die einfachste und meines Bedünkens richtigste Art
seiner Erklärung ist, so muss doch noch auch die Frage, ob »anth-
mallus« in der gedachten Extravagante nicht doch vielleicht am
richtigen Orte stehe, gleichsam zur Gegenprobe, untersucht werden.
Wäre dies der Fall, so müsste »anthmallus« aufgefasst werden als
Synonym von »ille (qui) uuadium dederit et fideijussorem posuerit«,
d. h. als ein Synonym für »Beklagten«. Allein hier begegnen wir
der Schwierigkeit, dass sodann ein Verderbniss des Wortes aus
»admallatus« angenommen werden müsste; desgleichen wäre die
Ablativ-Form »anthmallo unerklärlich und müsste auch hier wie-
der ein Verderbniss unterstellt werden, weil das vorhergehende
»ille« ebenfalls den Nominativ »anthmallus« erfordern würde.
Wir wollen aber noch ein Wort betrachten, welches eine ähn-
liche Bildung wie anthmallus zeigt, nämlich das Wort »gam al-
ias« in der L. Sal. Tit. XLVII. de filtortis (Merkel, p. 27. lin.
13; Pardessus erster Pariser Text, S. 27). Nachdem in dieser Stelle
das Verfahren beschrieben ist, welches bei der Einleitung der Vin-