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Zoepfl, Heinrich
Grundriss zu Vorlesungen über Rechtsphilosophie (Naturrecht) — Berlin: Grieben, 1878

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https://doi.org/10.11588/diglit.47627#0049
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§. 4. Literatur.

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und Gesetz, als Zweck des Eigenthums Unabhängigkeit und
Proportionalität annimmt,113) und nun will er diese vier Zwecke
vereinigen.
Die Gesellschaft soll daher folgendermassen auf diese vier
Zwecke gebaut werden:
1) Die Gleichheit soll nur bestehen in der Gleichheit der
Mittel zur Arbeit, der Verhältnisse überhaupt,114) nicht in Gleich-
heit des Wohllebens, sondern dies soll der Erfolg der Thätigkeit
des Arbeiters nach ihren Graden sein.115)
2) Das Gesetz soll nur aus der Wissenschaft hervorgehen;
es soll sich nur auf innere Nothwendigkeit stützen und daher
niemals die Unabhängigkeit stören. Es soll daher auch keine äussere
gesetzgebende Gewalt geben; Jeder soll nur durch seine Ueber-
zeugung verpflichtet werden.116) Damit eine Wahrheit, die Jemand
behauptet, Gesetz werde, muss sie allgemein anerkannt sein.
Ein Gesetz anerkennen ist ihm nichts Anderes, als eine wissen-
schaftliche Ueberzeugung annehmen.
Entsprechend dieser Auffassung des Gesetzes nennt Proudhon
die auf solcher Grundlage organisirte oder vielmehr desorgani-
sirte Gesellschaft „Freiheit“. Diese Gesellschaft bezeichnet er
geradezu als einen Zustand der Anarchie, in der Bedeutung von
Herrschaftslosigkeit.117)
3) Die gegenseitige Unabhängigkeit der Individuen beruht
nach Proudhon lediglich auf der Verschiedenheit der Talente
und Fähigkeiten, soll aber auch nicht weiter gehen, als sie in
der Individualität gegründet ist, d. h. nicht auf den Besitz der
Sachen ausgedehnt werden.
113) Aber in jedem Eigenthum ist Verschiedenheit sc. Disproportio-
nalität, und gerade wegen dieser bekämpft man das Eigenthum.
1U) Etwa also gleiche Bildung für Alle. Diese jetzt so häufig ge-
hörte Forderung ist unverständig und nicht erfüllbar, weil es keine
gleiche Bildungsfähigkeit gibt.
115) Aber doch will er gleiche Besoldung aller Arbeiter; s. o. . N. 110.
116) Hier verwechselt Proudhon Princip und Gesetz und stellt den
Staat zu den Staatsangehörigen so, wie die Kirche zu ihren Gläubigen steht.
117) Da wäre man gerade wieder in den Natur stand des Hobbes
zurückgetreten.
 
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