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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 3.1886

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Luschin von Ebengreuth, Arnold: Balthasar Weydacher: ein Studentenabenteuer in Padua
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https://doi.org/10.11588/diglit.52691#0817
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Balthaſar Weydacher. 807

graphiſche Lage, die angenehmen Lebensverhältniſſe, endlich der Ruf
der Lehrer (extollit Paduam juris studium et medicinae heißt
es in einem Denkvers), all dieſe Umſtände haben zuſammengewirkt,
um Padua während des 16. Jahrhunderts zu einer Lieblings—
univerſität vermöglicher Deutſcher zu machen. Ob dabei der Zu—
zug aus Süddeutſchland jenen aus Norddeutſchland wirklich um
ſo viel überwog, als angenommen wird, das bedarf noch genauerer
Unterſuchung. Gewiß iſt, daß die Zahl der Oeſterreicher in Padua
bedeutend war, und daß der Beſuch dieſer Univerſität in manchen
Familien vom Vater auf den Sohn und Enkel ſich vererbte. Im
erſten Bande der deutſchen Juriſtenmatrikel, welcher nur den Zeit—
raum zweier Menſchenalter umſpannt (1546 - 1605), erſcheinen
z. B. die Auerſperg und Stubenberg je 19mal, die Breuner ſind
mit 15, die Pollheim mit 14, die Jörger mit 13, die Windiſch—
grätz mit 12 Einträgen vertreten, am eifrigſten ſcheinen jedoch die
Freiherren von Herberſtein geweſen zu ſein, deren Namen ſogar
23mal vorkommt. Nicht minder eifrig ſandte das Patriziat der
ober- und mitteldeutſchen Reichsſtädte ſeine Söhne nach Padua,
wo während der nämlichen 60 Jahre u. a. 20 Fugger, 21 Welſer
und ſogar 29 Rechlinger ſich einzeichneten. Von norddeutſchen
Adelsgeſchlechtern ſind die Bünau mit 14, die Dohna mit 16 Mit—
gliedern vertreten. j /

Dieſe Proben mögen vorläufig genügen. Ungleich öfter be—
gegnet man natürlich kleineren Namensreihen. Im ganzen dürften
die 6029 Einträge der älteſten Nationsmatrikel auf mindeſtens
4000 verſchiedene Geſchlechter zu verteilen ſein.

Die Reiſe nach Italien wurde meiſt in Geſellſchaft näherer
Landsleute angetreten und gern ebenſo fortgeſetzt; wer es freilich
nicht anders konnte oder wollte, der wanderte auch allein. Reiche
Familien übertrugen außerdem die Obſorge für das leibliche und
geiſtige Wohl ihrer Kinder in der Fremde einem Vertrauensmann,
dem Präceptor. Ihre Wahl fiel gewöhnlich auf einen Mann,
welcher Italien ſchon kannte, häufig auf einen Juriſten. Den Um—
fang ſeines beſchwerlichen und verantwortlichen Amtes bezeichnete
die von den Eltern feſtgeſtellte „Inſtruktion“, und es hing von
deren Inhalt ab, ob der Präceptor nur Hofmeiſter war oder über—
dies als Reiſemarſchall und Verwalter des Hausweſens auftreten
mußte.

2.

Unſere Geſchichte beginnt im Jahre 1570 und zwar in den
Oktobertagen. Es dürfte jedoch zweckmäßig ſein ein paar Monate
 
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