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Zeitschrift für allgemeine Geschichte, Kultur-, Litteratur- und Kunstgeschichte — 3.1886

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Schwemer, Richard: Der Kampf Ludwigs des Bayern mit der Kurie, 1
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https://doi.org/10.11588/diglit.52691#0858
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848 Der Kampf Ludwigs des Bayern mit der Kurie.

erfaßt hatte. — Nun erfolgte fernerhin die Entfeſſelung des Kampfes
gegen die widerſtrebenden Ghibellinen. Dem König Robert wurde
der Nepote Johanns zum Beiſtand beigegeben: mit einem Heere
rückte derſelbe in Italien ein. Ueber Matteo Visconti, die Haupt—
ſtütze der Ghibellinen, den Herren von Mailand, wurde der Bann
verhängt; das Kreuz wurde gegen ihn gepredigt. Die Sache des
Papſtes war in beſtem Fortſchreiten; nicht weit mehr ſchien er
von dem Ziele ſeines Ehrgeizes — der Aufrichtung der päpſtlichen
Herrſchaft in Italien — entfernt, da erfolgte plötzlich ein Um—
ſchwung.

In Deutſchland war nach langem Bürgerkriege durch die
Schlacht bei Mühldorf endlich eine Entſcheidung herbeigeführt wor—
den: König Friedrich der Schöne war geſchlagen und gefangen;
er mußte nach der feſten Burg Trausnitz wandern, und Ludwig,
nun endlich ſeines Gegners ledig, konnte daran denken, die Rechte
des ſchwer erkämpften Reiches wahrzunehmen. Nirgends waren
dieſelben mehr bedroht, als in Italien. Ein päſtliches Heer ſtand
vor Mailand; es konnte nicht mehr lange dauern, ſo mußte die
Stadt fallen. So war es denn das erſte, daß er hierhin ſeine
Machtboten entſandte, um zu retten, was noch zu retten war.
Das Erſcheinen derſelben hatte aber eine ganz überraſchende Wir—
kung. Der ſchon tief geſunkene Mut der Bedrängten belebte ſich
aufs neue. Friſcher Zuzug verſtärkte die Kraft der Verteidigung
in demſelben Maße, als die des Angriffs erlahmte, — die Be—
lagerer mußten an einem glücklichen Erfolge verzweifeln, und ſo
bot denn eine ausbrechende Krankheit einen willkommenen Vor—
wand, abzuziehen.

Mailand war gerettet; der Plan des Papſtes war durchkreuzt.

Er hatte, wie wir geſehen, den Thronſtreit dazu benutzen
wollen, um den päpſtlichen Einfluß in Italien zum herrſchenden
zu machen, und als Baſis hierzu ſollte ihm der in Zahre 1
proklamierte Satz gelten, daß das Reich vakant ſei. Wann die
Vakanz zu Ende ſein ſollte, das war nach ſeiner Auffaſſung ganz
in ſein Belieben geſtellt, denn — und das iſt der zweite Rechts—
grundſatz, den er als unbedingt gültig verkündigte — die ſtreitige
Wahl konnte nur durch ihn entſchieden werden, nur durch ihn
konnte dem Reiche ein neuer Herrſcher gegeben werden. Die Ent⸗
ſcheidung ſollte natürlich abhängig ſein von den größeren oder ge—
ringeren Zugeſtändniſſen, welche der eine oder der andere Kandidat
machte.

Daß ſich keiner der beiden Erwählten an ihn um eine Ent—
ſcheidung gewandt hatte, änderte nicht das Geringſte an ſeiner
 
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