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Über Dürers Leben und Schaffen.
darauf war, ein Deutscher zu sein, berichtet in seinen Aufzeichnungen
über die Familie kurzweg, daß sein Vater aus Ungarn gekommen
war. wenn dieser einer fremden Nation angehört hätte, so wäre
es doch zu auffallend, wenn der Lohn das bei dieser Gelegenheit
nicht erwähnt hätte.
Geboren wurde unser Dürer am 21. Mai 1471. Die Familie
war überaus kinderreich. Allerdings starben viele Geschwister Dürers
frühzeitig, aber nichtsdestoweniger waren die Verhältnisse stets sehr
knapp. Als der ehrenwerte Vater aus dem Leben schied, hinterließ
er trotz seines Fleißes und eingezogenen Wesens nicht so viel, daß
seine Witwe zu leben hatte. Albrecht nahm deshalb die Mutter zu
sich; er erweist sich auch darin als braver Lohn, daß er in seinen
Aufzeichnungen nicht vergißt, von seinen Eltern in dankbaren Worten
zu rühmen, daß sie treubesorgt ihre Kinder in aller Frömmigkeit und
Ehrbarkeit erzogen hätten. Der Vater ließ dem geweckten Knaben
einigen Unterricht geben und nahm ihn dann, „als er schreiben und
lesen konnte", in seine Werkstatt auf, um einen Goldschmied aus ihm
zu machen. Lo schien der junge Dürer vom Schicksal nur für einen
gewöhnlichen bürgerlichen Beruf bestimmt zu sein. Nicht wenig be-
troffen war wohl der Vater, als ihm eines Tages der Lohn, der
schon in der Mitte seines sechzehnten Lebensjahres stand, erklärte,
daß er gern Maler werden wollte. Das bedeutete verlorene Zeit.
Nach der Auffassung des Vaters, die nach den damaligen Verhältnissen
nicht wohl eine andere sein konnte, vertauschte der Lohn, der seine
Lehrzeit schon größtenteils hinter sich hatte, im Grunde nur ein Hand-
werk mit einem andern, für dessen Erlernung er nun wieder ganz
von vorn anfangen mußte. Das Bedauern war wohl um so größer,
da der Goldschmiedlehrling sicherlich die besten Fortschritte gemacht
hatte. Eine alte Überlieferung besagt, er habe bereits die sieben
Fälle Ehristi, d. i. die bekannten sieben Passionsszenen, in Silber
getrieben gehabt. Die Notiz können wir nicht mehr nachprüfen, aber
sie mag erwähnt werden, um darauf aufmerksam zu machen, wie
nahe sich die damaligen Goldschmiedwerkstätten mit der Kleinplastik
berührten. Diese Tatsache mahnt, nicht von vornherein uns allzu
skeptisch zu verhalten, wenn kleine plastische Arbeiten aus Dürers
späterer Zeit aus seine Hand hinzuweisen scheinen, wenn auch ungern
gab der alte Dürer aber doch seine Einwilligung zu dem Übertritt
Über Dürers Leben und Schaffen.
darauf war, ein Deutscher zu sein, berichtet in seinen Aufzeichnungen
über die Familie kurzweg, daß sein Vater aus Ungarn gekommen
war. wenn dieser einer fremden Nation angehört hätte, so wäre
es doch zu auffallend, wenn der Lohn das bei dieser Gelegenheit
nicht erwähnt hätte.
Geboren wurde unser Dürer am 21. Mai 1471. Die Familie
war überaus kinderreich. Allerdings starben viele Geschwister Dürers
frühzeitig, aber nichtsdestoweniger waren die Verhältnisse stets sehr
knapp. Als der ehrenwerte Vater aus dem Leben schied, hinterließ
er trotz seines Fleißes und eingezogenen Wesens nicht so viel, daß
seine Witwe zu leben hatte. Albrecht nahm deshalb die Mutter zu
sich; er erweist sich auch darin als braver Lohn, daß er in seinen
Aufzeichnungen nicht vergißt, von seinen Eltern in dankbaren Worten
zu rühmen, daß sie treubesorgt ihre Kinder in aller Frömmigkeit und
Ehrbarkeit erzogen hätten. Der Vater ließ dem geweckten Knaben
einigen Unterricht geben und nahm ihn dann, „als er schreiben und
lesen konnte", in seine Werkstatt auf, um einen Goldschmied aus ihm
zu machen. Lo schien der junge Dürer vom Schicksal nur für einen
gewöhnlichen bürgerlichen Beruf bestimmt zu sein. Nicht wenig be-
troffen war wohl der Vater, als ihm eines Tages der Lohn, der
schon in der Mitte seines sechzehnten Lebensjahres stand, erklärte,
daß er gern Maler werden wollte. Das bedeutete verlorene Zeit.
Nach der Auffassung des Vaters, die nach den damaligen Verhältnissen
nicht wohl eine andere sein konnte, vertauschte der Lohn, der seine
Lehrzeit schon größtenteils hinter sich hatte, im Grunde nur ein Hand-
werk mit einem andern, für dessen Erlernung er nun wieder ganz
von vorn anfangen mußte. Das Bedauern war wohl um so größer,
da der Goldschmiedlehrling sicherlich die besten Fortschritte gemacht
hatte. Eine alte Überlieferung besagt, er habe bereits die sieben
Fälle Ehristi, d. i. die bekannten sieben Passionsszenen, in Silber
getrieben gehabt. Die Notiz können wir nicht mehr nachprüfen, aber
sie mag erwähnt werden, um darauf aufmerksam zu machen, wie
nahe sich die damaligen Goldschmiedwerkstätten mit der Kleinplastik
berührten. Diese Tatsache mahnt, nicht von vornherein uns allzu
skeptisch zu verhalten, wenn kleine plastische Arbeiten aus Dürers
späterer Zeit aus seine Hand hinzuweisen scheinen, wenn auch ungern
gab der alte Dürer aber doch seine Einwilligung zu dem Übertritt