Zweiter venetianischer Aufenthalt.
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Bilde entgegentritt. Die weiter zurück sich anschließenden Gruppen
und der mit aller Liebe ausgeführte Hintergrund verraten dagegen das
nordische Empfinden. Die Farbe, obwohl auch hier deutsche Zchön-
farbigkeit durchschlug, die sonst dem Italiener leicht den Eindruck
der Buntheit machte, erweckte in Venedig, wie Dürer hocherfreut
nach Nürnberg meldet, ungeteilte Bewunderung. Auch konnte er
später bei Gelegenheit den Nat daran erinnern, daß man ihn durch
Verleihen eines Iahrgehaltes in Venedig zu halten gesucht habe,
von sonstigen aus dieser Zeit bekannten Arbeiten ist eine der be-
merkenswertesten das weibliche Porträt in Berlin. Als Dürer für
dieses Werk den pinsel ansetzte, war über ihn eine malerische Stimmung
gekommen, die das landläufige Urteil, er habe malerischen Farben-
sinn in spezifischer Bedeutung des Wortes nicht besessen, als voreilig
erscheinen läßt. Der Sinn hiefür fehlte ihm nicht. Das spätere
Porträt des Ratsherrn Muffel und auch der Stich „Hieronymus in
der Studierstube" bestätigen das, aber die plastische Richtung seiner
Veranlagung drängte ihn davon ab. Ein herrliches, stimmungs-
volles Bildchen ist dann der kleine Erucifixus in Dresden, wo italie-
nische Anklänge mit deutscher Sorgfalt der Durchbildung sich ver-
einigen. Sonst kennen wir aus der venetianischen Zeit noch das
in drei Tagen gemalte Bild „Ehristus unter den Schriftgelehrten",
eine Madonna in Berlin und einige Porträts.
Nach der Rückkehr aus der Lagunenstadt ist wohl auf Grund
venetianischer Studien zunächst das schon genannte Gemälde des
Zündenfalles entstanden, mit dem er zugleich ein Urteil über den
Stich von 1504 abgab. Aus Bestellung folgte das nicht ganz einen
Meter hohe Bild des Martyriums der Zehntausend mit seinen
Dutzenden von nackten fein durchgeführten Miniaturfigürchen, dem
wir in den Hellerbriefen begegnen werden. Es verrät Einfluß von
außen eigentlich nur in dem bis dahin nicht gekannten perspektivischen
Aufbau. Von März 1508 bis Oktober 1509 währte dann die Arbeit
an dem berühmt gewordenen Helleraltar, den wir leider nur in einer
Kopie besitzen, hier bot Dürer, was ihm in Erinnerung an Italien
für Komposition und Einzelfiguren seine Phantasie eingab. In durch-
sichtigem Ausbau des Bildes sollten monumentale Gestalten zu der
oben schwebenden, allerdings wieder echt deutsch gedachten Maria
aufblicken, und dazu sollte jeder Kopf, jede Hand, jede Falte der
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Bilde entgegentritt. Die weiter zurück sich anschließenden Gruppen
und der mit aller Liebe ausgeführte Hintergrund verraten dagegen das
nordische Empfinden. Die Farbe, obwohl auch hier deutsche Zchön-
farbigkeit durchschlug, die sonst dem Italiener leicht den Eindruck
der Buntheit machte, erweckte in Venedig, wie Dürer hocherfreut
nach Nürnberg meldet, ungeteilte Bewunderung. Auch konnte er
später bei Gelegenheit den Nat daran erinnern, daß man ihn durch
Verleihen eines Iahrgehaltes in Venedig zu halten gesucht habe,
von sonstigen aus dieser Zeit bekannten Arbeiten ist eine der be-
merkenswertesten das weibliche Porträt in Berlin. Als Dürer für
dieses Werk den pinsel ansetzte, war über ihn eine malerische Stimmung
gekommen, die das landläufige Urteil, er habe malerischen Farben-
sinn in spezifischer Bedeutung des Wortes nicht besessen, als voreilig
erscheinen läßt. Der Sinn hiefür fehlte ihm nicht. Das spätere
Porträt des Ratsherrn Muffel und auch der Stich „Hieronymus in
der Studierstube" bestätigen das, aber die plastische Richtung seiner
Veranlagung drängte ihn davon ab. Ein herrliches, stimmungs-
volles Bildchen ist dann der kleine Erucifixus in Dresden, wo italie-
nische Anklänge mit deutscher Sorgfalt der Durchbildung sich ver-
einigen. Sonst kennen wir aus der venetianischen Zeit noch das
in drei Tagen gemalte Bild „Ehristus unter den Schriftgelehrten",
eine Madonna in Berlin und einige Porträts.
Nach der Rückkehr aus der Lagunenstadt ist wohl auf Grund
venetianischer Studien zunächst das schon genannte Gemälde des
Zündenfalles entstanden, mit dem er zugleich ein Urteil über den
Stich von 1504 abgab. Aus Bestellung folgte das nicht ganz einen
Meter hohe Bild des Martyriums der Zehntausend mit seinen
Dutzenden von nackten fein durchgeführten Miniaturfigürchen, dem
wir in den Hellerbriefen begegnen werden. Es verrät Einfluß von
außen eigentlich nur in dem bis dahin nicht gekannten perspektivischen
Aufbau. Von März 1508 bis Oktober 1509 währte dann die Arbeit
an dem berühmt gewordenen Helleraltar, den wir leider nur in einer
Kopie besitzen, hier bot Dürer, was ihm in Erinnerung an Italien
für Komposition und Einzelfiguren seine Phantasie eingab. In durch-
sichtigem Ausbau des Bildes sollten monumentale Gestalten zu der
oben schwebenden, allerdings wieder echt deutsch gedachten Maria
aufblicken, und dazu sollte jeder Kopf, jede Hand, jede Falte der