Kn Pirkheimer aus Venedig geschriebene Briefe. 41
herangezogen werden. Anfragen wichtigerer Art, wie z. B. ob neue griechische
Bücher gedruckt worden seien, treten dagegen sehr zurück. Doch läßt sich
den Briefen auch eine andere Seite abgewinnen, pirkheimer lernen wir
freilich durch sie fast nur in seinen Schwächen kennen. Aber er war trotz
alledem ein gelehrter, feingebildeter Humanist, der durch Geburt und Reich-
tum sozial auf hoher Stufe ftand. Dürer dagegen war seiner Lebensstellung
nach nur der Sohn eines Handwerksmeisters, der auch seinerseits von dem
Verdienste seiner Hand lebte. Wie hoch er aber durch seine geistige Be-
deutung über die Rreise des Handwerks sich erhob und dadurch dem Künstler
für alle Zeiten die ihm gebührende Stellung gewann, könnte uns nichts
anschaulicher vorführen, als daß ihn der Patrizier seiner intimen Freundschaft
würdigte, so daß Dürer in seinen Briefen so, wie wir dies sehen, sich ihm
gegenüber fühlen und geben konnte und durfte. Unwillkürlich gedenken
wir neben den Briefen an den Abschiedsgruß, den der Gelehrte später
dem dahingegangenen Meister in klassischer Form nachrief. Daß seine
schöne Totenklage im Gegensatz zu so vielen anderen derartigen Ehrungen
ihm wirklich Herzensbedürfnis sein mußte, erhärten unsere Briefe, pirkheimer
würdigte voll die Bedeutung des Meisters, durch den „der bildende Künstler
eine anerkannte Macht auch in der deutschen Kulturwelt geworden ist". Ls ist
diese Freundschaft zwischen dem Künstler und dem Gelehrten das erste
derartige Beispiel in der Geschichte des deutschen Geisteslebens, ein Umstand,
der des Meisters kunstlos geschriebene Mitteilungen zu einem hochwichtigen
Denkmal der Kulturgeschichte stempelt. Wie sehr indes solches Empor-
gehobensein eines Künstlers etwas noch ganz Ungefestigtes war, verrät
uns Dürer selbst nur zu deutlich in seinem letzten Venetianischen Briefe.
Zu Hause mußte er sich in höherer Einschätzung doch eigentlich nur als
geduldet betrachten. Darum schreibt er gepreßten Herzens: „O Wie
wird mich nach der Sonnen frieren! hier bin ich ein Herr, daheim ein
Schmarotzer."
Dürer lernen wir hier alsbald als den Idealisten kennen, der schlecht
rechnet. In der Freude, vor eine ehrende Aufgabe gestellt zu sein, fordert
er zu wenig. Er hat darum von seiner Arbeit nicht den Gewinn, der
ihm eigentlich hätte zukommen sollen. Trotzdem gibt er sein Bestes, denn
neue Probleme hatte ihm der Anblick der venetianischen Kunst gestellt,
und die Helle Freude, die er endlich angesichts seiner Schöpfung haben
darf, wird ihm nicht durch jene andere Erwägung getrübt, wir aber freuen
uns mit ihm der frohen Stimmung, die ihn überkommen hat. Er erhält
weiter auch von verschiedenen anderen Seiten Aufträge, und erwähnt muß
noch werden, weil die Tatsache Dürer besonders ehrt, daß die Stadt Venedig
durch einen Jahrgehalt von 200 Dukaten (nach heutigem Gebrauchswert
ca. 4500 M.) ihn festzuhalten suchte.
herangezogen werden. Anfragen wichtigerer Art, wie z. B. ob neue griechische
Bücher gedruckt worden seien, treten dagegen sehr zurück. Doch läßt sich
den Briefen auch eine andere Seite abgewinnen, pirkheimer lernen wir
freilich durch sie fast nur in seinen Schwächen kennen. Aber er war trotz
alledem ein gelehrter, feingebildeter Humanist, der durch Geburt und Reich-
tum sozial auf hoher Stufe ftand. Dürer dagegen war seiner Lebensstellung
nach nur der Sohn eines Handwerksmeisters, der auch seinerseits von dem
Verdienste seiner Hand lebte. Wie hoch er aber durch seine geistige Be-
deutung über die Rreise des Handwerks sich erhob und dadurch dem Künstler
für alle Zeiten die ihm gebührende Stellung gewann, könnte uns nichts
anschaulicher vorführen, als daß ihn der Patrizier seiner intimen Freundschaft
würdigte, so daß Dürer in seinen Briefen so, wie wir dies sehen, sich ihm
gegenüber fühlen und geben konnte und durfte. Unwillkürlich gedenken
wir neben den Briefen an den Abschiedsgruß, den der Gelehrte später
dem dahingegangenen Meister in klassischer Form nachrief. Daß seine
schöne Totenklage im Gegensatz zu so vielen anderen derartigen Ehrungen
ihm wirklich Herzensbedürfnis sein mußte, erhärten unsere Briefe, pirkheimer
würdigte voll die Bedeutung des Meisters, durch den „der bildende Künstler
eine anerkannte Macht auch in der deutschen Kulturwelt geworden ist". Ls ist
diese Freundschaft zwischen dem Künstler und dem Gelehrten das erste
derartige Beispiel in der Geschichte des deutschen Geisteslebens, ein Umstand,
der des Meisters kunstlos geschriebene Mitteilungen zu einem hochwichtigen
Denkmal der Kulturgeschichte stempelt. Wie sehr indes solches Empor-
gehobensein eines Künstlers etwas noch ganz Ungefestigtes war, verrät
uns Dürer selbst nur zu deutlich in seinem letzten Venetianischen Briefe.
Zu Hause mußte er sich in höherer Einschätzung doch eigentlich nur als
geduldet betrachten. Darum schreibt er gepreßten Herzens: „O Wie
wird mich nach der Sonnen frieren! hier bin ich ein Herr, daheim ein
Schmarotzer."
Dürer lernen wir hier alsbald als den Idealisten kennen, der schlecht
rechnet. In der Freude, vor eine ehrende Aufgabe gestellt zu sein, fordert
er zu wenig. Er hat darum von seiner Arbeit nicht den Gewinn, der
ihm eigentlich hätte zukommen sollen. Trotzdem gibt er sein Bestes, denn
neue Probleme hatte ihm der Anblick der venetianischen Kunst gestellt,
und die Helle Freude, die er endlich angesichts seiner Schöpfung haben
darf, wird ihm nicht durch jene andere Erwägung getrübt, wir aber freuen
uns mit ihm der frohen Stimmung, die ihn überkommen hat. Er erhält
weiter auch von verschiedenen anderen Seiten Aufträge, und erwähnt muß
noch werden, weil die Tatsache Dürer besonders ehrt, daß die Stadt Venedig
durch einen Jahrgehalt von 200 Dukaten (nach heutigem Gebrauchswert
ca. 4500 M.) ihn festzuhalten suchte.